Es ist Festivalsaison. Nicht nur in der Musik – auch im Film. Und trotzdem: Töne sind auch hier gefragt. Denn was wäre ein Streifen ohne seinen Soundtrack? Wir haben zwei Experten gefragt, was gute Filmmusik braucht und euch ein „Potpourri“ rund ums Thema zusammengestellt.
Ohne Dialoge kommen Filme gut aus. Das zeigten schon Stummfilme. Doch was wären Filme ohne Musik? Wahrscheinlich würde ihnen die Seele fehlen. „Gute Filmmusik ist nicht austauschbar. Sie verschmilzt mit den Film. Der Rezipient darf nicht aus dem Kino gehen und nichts gehört haben.“, so beschreibt es Prof. Dr. Michael Stegemann, Musikdozent an der TU Dortmund.
Filmmusik oder Soundtrack?
Es gibt zwei Arten von Filmmusik: Einmal die, die in Zusammenarbeit zwischen Regisseur und Musikkomponisten entstand und auf den Film zugeschnitten ist. Auf der anderen Seite gibt es Filmmusik, die „nur“ ein Soundtrack ist, eine Tonspur, die wie willkürlich auf einen Film gelegt wurde und keinen Charakter bestitzt, praktisch austauschbar ist. „Titanic mit „My heart will go on“ zum Beispiel. Schrecklich!“, so Prof. Stegemann. „Oder Fluch der Karibik.“, fügt Alexander Gurdon, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Musik und Musikwissenschaft an der TU Dortmund hinzu.
Titanic oder Fluch der Karibik seien zwar kommerziell erfolgreich, allerdings nicht zwangsläufig qualitativ gut. „Genauso wie es Popcornfilme gibt, gibt es leider auch Popcornfilmmusik.“, erläutern die Experten. Vieles sei heutzutage eher eine Marketingstrategie, so Alexander Gurdon. Die Filmemacher würden sich beispielsweise Top-Hits aus den Charts heraussuchen und daraus einen Soundtrack für ihren Film zusammenstellen. Wenn der Soundtrack gut ist, besteht die Hoffnung, dass der musikalische Erfolg auch auf den Film abfärbt. „Til Schweiger Filme sind so musikalisch ausgestattet. In KeinOhrhasen und Kokowääh bemerkt man es sehr stark.“ Die Kommerzialisierung fing vermutlich mit „Saturday Night Fever“ an und setzte sich in Filmen wie „Dirty Dancing“ fort.
Wie klingt gute Filmmusik?
Die Filmmusik sollte auf Augenhöhe mit dem Film sein. Kein Accessoire. Gute Filmmusik ist in einer Symbiose mit dem Film. Sie ist eine Handschrift des Regisseurs und des Musikkomponisten. Hans Zimmer (Man of Steel, Illuminati), der derzeit zu den erfolgreichsten Filmkomponisten in Hollywood gehört, sei nach Meinung von Michael Stegemann und Alexander Gurdon kein Filmmusikvirtuose. „Hans Zimmer stellt synthetische Musik her, die zusammengeklaubt wurde zu einer Komposition.“ Die Musik stehle dem Film die Show und würde den Zuschauer erschlagen.
Der erste Film mit Filmmusik
Bevor es eigens auf den jeweiligen Film zugeschnittene Filmmusik gab, haben die Filmemacher mit Standardmusik gearbeitet. Da gab es eine Musik eigens für Sturmszenen, Verfolgungen, Liebesszenen und für traurige Filmpassagen.
Den Anfang der Filmmusikära kann man auf den Film genau bestimmen. „Die Ermordnung des Herzogs von Guise“ (Original: L’Assassinat du duc de Guise) ist der erste Film, der eine eigens auf sich zugeschnittene Musik bekam. Der Komponist war der 73-Jährige Camille Saint-Säens. Der französische Historienfilm erschien 1908 und dauert etwa 15 Minuten.
Reinschauen: Die Ermordung des Herzogs von Guise
Ein gutes Beispiel der jetzigen Zeit ist dagegen Regisseur Quentin Tarantino (Django Unchained, Pulp Fiction). Er benutzt zwar bereits vorhandene Musikstücke, allerdings auf keine marketingstrategische Weise. Die Lieder und Melodien werden individuell auf den Film angepasst, sodass Musik und Film eine Synthese bilden. Weitere Filmmusikstücke findet ihr hier:
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