Die Erinnerung aufrechterhalten

 

Mit seinem Attentat auf Hitler setzte Claus Schenk Graf von Stauffenberg am 20. Juli 1944 ein Zeichen gegen die nationalsozialistische Schreckensherrschaft. Hätte sein Vorhaben Erfolg gehabt, wäre Europa womöglich vom Dritten Reich befreit und der Völkermord an den Juden früher beendet worden. Ein wichtiges Datum, das aber aus dem deutschen Kollektivbewusstsein immer mehr verschwindet, vor allem unter jungen Menschen. Diesen Monat jährt sich das Attentat zum 73. Mal. Und einige versuchen gegen das Vergessen anzukämpfen.

Manche von uns mögen darüber im Geschichtsunterricht gehört haben oder die Tom-Cruise-Verfilmung „Operation Walküre“ gesehen haben, aber trotzdem wussten im Jahr 2014 gerade nur noch 26 Prozent der 16 bis 29-Jährigen, was am 20. Juli 1944 passiert ist.
Ein Komplott rund um den Wehmacht-Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg plante die Tötung Hitlers mithilfe einer Bombe, um einen politischen Umsturz in Deutschland auszulösen – das Attentat scheiterte. 
Obwohl Stauffenberg und seine Komplizen in der Bundesrepublik Deutschland lange als Helden galten, ist die Tat eher unter Älteren noch ein Thema. Der Zweite Weltkrieg gehört heute fest in die (Ur-)Großelterngeneration und eine Figur wie Stauffenberg wird zunehmend abstrakt. Was unseren Großeltern womöglich noch als Symbol für Mut stand, verliert für uns zunehmend an Relevanz. Eine Studie des Allensbacher Instituts für Demoskopie hat gezeigt, dass nur noch die über 60-Jährigen genau über Stauffenbergs Tat Bescheid wussten, von denen lediglich nur noch 45 Prozent dem Datum einen Bezug zu unserer heutigen Gesellschaft beimessen. Warum sollten uns die Widerständler auch in Zukunft noch interessieren?

Für manche ist Stauffenbergs Tat ein zeitloses Zeichen für Zivilcourage

Claus Graf Schenk von Stauffenberg droht in Vergessenheit zu geraten. Bild: flickr.com/Rupert Colley unter Verwendung der CC-Lizenz

Stauffenbergs Tat gilt als besonders mutige Handlung gegen ein Terrorregime, das ganz Europa versklavt, Millionen in den Tod geschickt und einen mörderischen Weltkrieg entfacht hatte. Die Männer des 20. Juli wollten Menschenleben retten und stellten ihr Gewissen über ihr eigenes Leben und sogar über die Sicherheit ihrer Familien und Kinder. Sie setzten ein Zeichen für Zivilcourage – eine menschliche Tat, die als beispiellos gilt.

Um das Gedenken an den 20. Juli 1944 dauerhaft am Leben zu erhalten, hat die Konrad-Adenauer-Stiftung das Projekt Forum 20.Juli: Vermächtnis und Zukunftsauftrag ins Leben gerufen. Die CDU-nahe Stiftung hat sich vorgenommen, die Erinnerung an die Attentäter für künftige Generationen zu bewahren.

„Das Gewissen ist eine Richtschnur“

Peter Altmaier hielt die diesjährige Ansprache für das „Forum 20.Juli 1944“ am 12. Juli 2017. Foto: Konrad-Adenauer-Stiftung/Liebers

Auch im Jahr 2017 wurde den Attentätern gedacht. Dieses Jahr würdigte Peter Altmaier, der Chef des Bundeskanzleramtes, die Widerständler. Besonders hob er die Rolle der Männer des 20. Juli als Agenten des Gewissens hervor. „Das Gewissen ist eine Richtschnur“, sagte der Politiker, „an dem sich Menschen damals wie heute zu orientieren haben.“ Die Handlung Stauffenbergs sei eine zeitübergreifende Tat. Denn Zivilcourage zu üben gilt immer noch als unerlässliches Prinzip jeglicher gesellschaftsrelevanter Handlung. Stauffenberg und seine Mitverschwörer hätte den Deutschen „einen wunderbar großen Dienst erwiesen“, denn sie folgten dem „Aufschrei des Gewissens.“
Altmaier räumte ein, dass auch er einen Sinneswandel gegenüber dem deutschen Widerstand erlebt hatte. Er berichtete von einem Treffen mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker im Jahre 2003: Altmaier selbst sah Stauffenberg als einen Menschen der Vergangenheit, der „schon lange tot ist.“ Doch Weizsäcker, der Stauffenberg persönlich kennengelernt hatte, lies ihn umdenken: Wie die heutigen Menschen auch, waren die Attentäter des 20.Juli Menschen mit einer Zukunft, Familien und eigenem Leben gewesen – aber eben unter ganz anderen politischen Gegebenheiten.
Besonders tragisch für Altmaier war die Einsicht, dass die Verschwörer an dem Zeitpunkt, als sein Gespräch mit Weizsäcker stattfand, noch hätten am Leben sein können. Das Bewusstsein, dass die Menschen von damals den eigenen Tod in Kauf nahmen, rückte in den Vordergrund, dass der 20.Juli ein einmalig wichtiges, zeitloses und an künftige Generationen zu vermittelndes Datum darstellt.

„Es lebe das heilige Deutschland.“

Die letzten Worte, die Stauffenberg von sich gab, bevor er hingerichtet wurde, zeugen von der tiefen Vaterlandsliebe, die den Oberst antrieb. Denn dem deutschen Volk gaben er und seine Mitverschwörer ein großes Stück an Ehrgefühl zurück. „Sie haben uns einen Rest Würde bewahrt“, betonte Peter Altmaier. Anknüpfend an diesen Gedanken der Vaterlandsliebe stellte der Bundesminister die Frage: „Was bist Du Deinem Vaterland schuldig?“ Vor allem im Hinblick auf die Bedrohungen, die der Demokratie in der heutigen Zeit drohen, fungiere das Vermächtnis des 20. Juli 1944 als ein wichtiger Halt.
Denn auch wir in der jüngeren Generation müssen Zivilcourage und Haltung zeigen, wenn Rechtspopulisten, Linksextremisten und Islamisten unsere demokratische und freiheitliche Gesellschaft bedrohen. In einer Demokratie leben zu dürfen sei keine Sache der Selbstverständlichkeit, sondern ein Recht, das vor allem durch eine Verpflichtung gegenüber unseren Mitmenschen erkämpft werden müsse, meint Altmaier.
Die Widerständler des 20. Juli hätten ziviles Engagement vorgelebt. Dieses Prinzip sei auch heute ein Grundpfeiler der deutschen Identität, wie der Bundesminister zum Schluss seiner Ansprache betonte. Und das Stauffenberg-Attentat war ein wichtiges Datum, um dafür den Grundstein zu legen.

Beitragsbild: flickr.com/David Jameson unter Verwendung der CC-Lizenz

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