Arrivederci, Azzurri!

Im Süden Europas ticken die Uhren in der Regel etwas anders. Dort geht niemand vor 21 Uhr in eine Pizzeria. Für den ein oder anderen Italiener kam das gestrige Spiel in der Gruppenphase gegen die Slowakei also viel zu früh, schließlich war der Anstoß um 16 Uhr. Dennoch haben sich einige Italiener in einer Pizzabäckerei zusammengefunden, um ihre „Squadra azzurra“ anzufeuern.

Eine italienische Konstruktion: Das Stromkabel wird einfach mit Klebeband an der Laterne befestigt. Foto: Sebastian Schaal

Eine italienische Konstruktion: Das Stromkabel wird einfach mit Klebeband an der Laterne befestigt. Foto: Sebastian Schaal

Damit liegen die Italiener schon einmal deutlich vor Spanien. Am Montag Abend konnte die pflichtlektüre in zwei verschiedenen Tapas-Bars keinen Fan der Iberer während des Spiels gegen Honduras ausfindig machen. Doch können die Italiener auch sportlich mithalten und ihr Spiel ebenfalls gewinnen? Ein Sieg würde das Achtelfinale sichern, eine Niederlage käme einer Blamage gleich – als amtierender Weltmeister nach der Vorrunde ausscheiden, für viele der anwesenden Italiener undenkbar.

Während dem Spiel blieb die Küche allerdings größtenteils kalt – dem Koch sei vergeben. Lediglich Pizzen konnten bestellt werden. Denn vom Ofen aus hatte der Koch freien Blick auf den vor dem Lokal aufgestellten Fernseher. Was er dort in den ersten 24 Minuten sah, konnte ihm gefallen. So stellt sich der Italiener ein Fussballspiel vor: das Unentschieden verwalten und auf den entscheidenden Konter lauern. Doch dann durchkreuzte der Slowake Robert Vittek den italienischen Plan. Überraschender Weise hielten sich die Emotionen vor dem Lokal noch im Zaum. Kurz mussten wir an die bestellten Pizzen denken. Ob der Koch in seinem Ärger über das Gegentor nicht den Ofen vergisst? Zu unserer Beruhigung servierte er wenige Minuten später drei Pizzen – alle nicht verbrannt. Schulterzuckend meinte er: „Portugel is eh besser.“ Patriotismus klingt anders.

War zur Halbzeit noch zuversichtlich: Maria Micolucci. Foto: Sebastian Schaal

War zur Halbzeit noch zuversichtlich: Maria Micolucci. Foto: Sebastian Schaal

In der Halbzeitpause war die Mitbesitzerin des Lokals, Maria Micolucci, noch optimistisch: „Italien hat bisher nicht gut gespielt. Aber sie werden sich steigern und noch gewinnen. Buffon hätte den Schuss wahrscheinlich gehalten.“ Obwohl sie zuerst vorgibt, von Fussball gar nichts zu verstehen, kam sie schnell ins Philosophieren. „Ich weiss nicht, ob Marcello Lippi noch der richtige Trainer ist. Er ist schon einmal Weltmeister geworden, er ist schon etwas satt vom Erfolg. Vielleicht hätte er vor dem Turnier für einen jüngeren Platz machen sollen.“

Enttäuschung in der zweiten Halbzeit

Doch auch die zweite Spielhälfte brachte für die Italiener nicht die Erlösung. Stattdessen traf erneut Vittek in der 74. Minute ins Tor von Federico Marchetti. Erstmals machte sich Resigantion unter den Zuschauern breit. So hatten sie sich den Nachmittag ganz bestimmt nicht vorgestellt. Doch von aufgeben hielten zumindest die italienischen Spieler in Südafrika nichts. Obwohl ihre Lage immer schlechter wurde, nahm die Begegnung erst jetzt richtig Fahrt auf.

Spät stämmten sie sich gegen die drohende Niederlage. Das begriffen auch die Italiener in Dortmund vor dem Fernseher. Die Gespräche an den Nebentischen wurden schneller, die Gesten hektischer. Für deutsche Ohren war es bei dem Sprechtempo nahezu unmöglich, einzelne Wörter zu verstehen. Geschweige denn selbst in dieser Geschwindigkeit zu sprechen. Geht nicht mehr schneller? Denkste! Nach dem nicht gegebenen Abseits-Tor durch Quagliarella und dem Anschlusstreffer durch Antonio di Natale zehn Minuten vor Schluss legten die eingefleischten Fans jeweils noch ein bisschen drauf. Zum Glück hat nur eine Hand voll Italiener das Spiel mit uns vor dem Lokal angeschaut. Beim Public Viewing mit 18.000 italienischen Fans würde nicht nur unser Autor Jannik Sorgatz zu viel bekommen. Doch dazu wird es bei dieser Weltmeisterschaft nicht mehr kommen, denn das 3:1 durch Kamil Kopunek ließ auch den letzten Anhänger der „Squadra azzurra“ verstummen.

Hier bejubelt die slowakische Mannschaft das 2:0 durch Robert Vittek. Foto: Sebastian Schaal

Hier bejubelt die slowakische Mannschaft das 2:0 durch Robert Vittek. Foto: Sebastian Schaal

Auch der erneute Anschluss in der Nachspielzeit konnte die Stimmung vor der Pizzeria nicht mehr spürbar anheben. Das Aus nach der Gruppenphase. Ohne einen Sieg. Als Weltmeister. Da ist auch der Abgang der Franzosen aus dem Turnier kein Trost. Oder das auch andere Favoriten wie Spanien bisher nicht überzeugen konnten. Aber wenigstens hat sich inzwischen das Sprechtempo wieder normalisiert.

 

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