Spanier, wo seid ihr?

Zugegeben, wir haben etwas stereotypisch gedacht, als wir die Ideen für unser WM-Special gesammelt haben. Wenn die spanische Nationalmannschaft gegen die Auswahl eines spanisch-sprachigen Landes, in unserem Fall Honduras, spielt, dann müssen die Spanier unter uns doch auch irgendwo zusammen das Spiel anschauen. Und wo macht der Iberer das am liebsten? Wir dachten uns: In einer Tapas-Bar. Also hat sich das pflichtlektüre-WM-Team in eine solche aufgemacht, um dort gemeinsam mit Spaniern das Spiel ihrer „Selección“ zu verfolgen.

Auf diesem Fernseher wollten nur wenige das Spiel verfolgen. Foto: Sebastian Schaal

Auf diesem Fernseher wollten nur wenige das Spiel verfolgen. Foto: Sebastian Schaal

Montagabend, eine halbe Stunde vor dem Anpfiff. Unser WM-Team betritt eine Tapas-Bar, gut gelegen an der Dortmunder Ruhrallee. Doch statt einem Haufen Fussballfans in rot-gelben Trikots erwartet uns gähnende Leere. Ein Gast sitzt in einer Ecke in dem Raucherzimmer und zieht genüsslich an seiner Zigarette. Aus den Lautsprechern tönen spanische Popsongs, im Fernsehen laufen noch die Nachrichten auf „TV Galicia“. Etwas irritiert schaue ich mich um, bis Kerstin mich besänftigt: „Die kommen sicher noch alle kurz vor Spielbeginn, so sind doch die Südländer.“ Ich will es ihr glauben und wir bestellen erst einmal Getränke und Essen. Inzwischen hat der Wirt, ein gebürtiger Spanier, auch Fussball eingeschaltet. Auf dem deutschen Sender.

In einem Teil hatte Kerstin Recht behalten. Bis zum Anpfiff haben noch einige Gäste das Restaurant betreten. In einem anderen Teil hatte sie Unrecht. Unter den Neuankömmlingen war kein Spanier, auch für das WM-Spiel schienen sie sich nicht zu interessieren. Dann wohl mehr für die Tapas und die Aioli. An einem normalen Abend hätte ich mich auch damit sehr gut zufrieden geben können. Leckeres Essen und im Fernsehen ein Fussballspiel. Doch an diesem Abend waren wir auf der Suche. Auf der Suche nach spanischen Fussballfans.

Fußball als Nebensache

Von dem Anpfiff nimmt außer uns in der Gaststätte kaum einer Kenntnis. Ebenso wenig von David Villas Lattentreffer in der siebten Minute oder kurz darauf dem elfmeterwürdigen Foul an Sergio Ramos. Nur bei dem sehenswerten Sololauf von Villa zum 1:0 schauen einige auf. Um dann schnell wieder in die Gespräche am Tisch zu verfallen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass wir dort unseren spanischen Fussballfan nicht finden würden. Also beschlossen wir, in der Halbzeitpause das Lokal zu wechseln.

Die Aioli zog mehr Aufmerksamkeit auf sich als das Spiel. Foto: Sebastian Schaal

Die Aioli zog mehr Aufmerksamkeit auf sich als das Spiel. Foto: Sebastian Schaal

Pünktlich zur zweiten Spielhälfte treffen wir an einer spanischen Kneipe im malerischen Kreuzviertel ein. Hoffnung keimt auf, denn das Lokal ist auf den ersten Blick gut gefüllt. Da werden sicher ein paar Spanier darunter sein, die das Spiel verfolgen. Doch auf den zweiten Blick folgt die Ernüchterung. Auch hier ist kein Spanier, geschweige denn ein Hondurianer. Aus der Traum vom Public-Viewing mit Spaniern. Doch über die Enttäuschung hilft uns ein Spanier in Südafrika hinweg: David Villa trifft zum zweiten Mal an diesem Abend, allerdings mit etwas Glück. Beinahe hätte der hondurianische Verteidiger Oscar Chavez den Ball noch über das Tor lenken können. Doch es reichte nicht ganz, und der Ball senkte sich noch ins Netz.

Am Ende des Abends bleibt ein 2:0-Sieg von Spanien über Honduras, die Erkenntnis, dass auch spanische Tapas-Bars ihre Oliven aus Griechenland und Marokko importieren, und die Frage, wo denn spanische Fans die Spiele ihrer Nationalmannschaft anschauen. Daher die Bitte an alle Spanier in Dortmund: Schreibt Kommentare, wo ihr das Spiel gesehen habt!

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