Kommentar: Wo bleibt die Diskussion über die Automatisierung?

Warum sollen Menschen, die müde oder abgelenkt werden können über große Strecken Güter transportieren, wenn selbstfahrende Autos das übernehmen können? Wieso sollen Menschen Operationen durchführen, wenn ein Roboter viel genauer und feiner arbeiten kann?  Maschinen und künstliche Intelligenzen sind schon heute in der Lage, viele unserer Jobs übernehmen zu können. Oft könnten sie diese sogar besser ausführen. Fortschritt ist grundsätzlich etwas Positives. Doch was wird mit den Menschen, die diese Aufgaben bis dahin verrichtet haben? Wir müssen endlich anfangen, uns mit dem Thema auseinanderzusetzen und brauchen eine Debatte über den technischen Wandel der Arbeitswelt.   

Einer von inzwischen vielen Robotern: Baxter. Bild: flickr.com\Engineering at Cambridge\Günther Fabian: Get in touch mit CC Lizenz 

Wie Roboter unsere Welt zukünftig tatsächlich verändern werden, kann niemand genau vorhersagen. Allzu weit in der Ferne werden diese Veränderungen allerdings nicht liegen. Gewisse Trends zeichnen sich schon heute ab: Ein Supermarkt hat vor einigen Jahren noch Kassierer eingestellt; jetzt kann der Job leicht von Selbst-Scan-Kassen übernommen werden. Selbstfahrende Autos werden ebenfalls Einzug finden.

Inzwischen ist das Thema zwar in der Politik angekommen. Der Bundestag etwa beschäftigt sich bereits mit Gesetzen, die den Einsatz einiger neuer Technologien regeln sollen:  Am 10. März 2017 haben die Abgeordneten einen Gesetzesentwurf überarbeitet, der sich mit automatisiertem Fahren beschäftigt. Auch eine Robotersteuer ist in der Debatte. Konkrete Lösungsvorschläge zur Problematik des Arbeitsplatzverlustes durch den Einsatz solcher Technologien wurden bisher aber nur in Form der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens angesprochen. Dieses bezeichnet eine vom Staat finanzierte Zuwendung, die jeder, unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage, beziehen soll – egal ob er arbeitet oder nicht.

Dennoch kann in diesem Zusammenhang noch längst nicht die Rede von einer Diskussionskultur sein. Wie kann es sonst nämlich sein, dass es immer noch keine klar umrissenen Konzepte für den Umgang mit dem möglichen Arbeitsplatzverlust tausender Menschen gibt, obwohl schon aktiv die Eingliederung solcher Technologien geplant wird? Denn auch wenn die Maschinen nur einige Aufgaben eines Arbeitsfeldes übernehmen sollten, werden in diesem Feld weniger Angestellte benötigt. Passiert dies in vielen Arbeitsfeldern gleichzeitig, werden in kurzer Zeit viele Arbeitsstellen wegfallen.  

Auch auf schwierigem Gelände können Roboter Halt finden. Bild: flickr.com\DLR German Aerospace Center\Rover vom Berlin-Rockets-Team auf der Zielgeraden mit CC Lizenz 

Die Auswirkungen werden nicht ernst genommen

Auch in der Bevölkerung sind die möglichen Folgen einer Automatisierung offenbar noch nicht angekommen. Viele vertreten die Ansicht, die uns bevorstehenden Veränderungen würden gar nicht so gravierend ausfallen. Schließlich hätten wir ja seit Beginn der Industrialisierung häufig Phasen erlebt, in denen neue Erfindungen einige Berufsfelder völlig umgekrempelt haben. Und bisher wären die Menschen immer dazu in der Lage gewesen, sich an diese Veränderungen anzupassen. 

Und überhaupt wären ja gar nicht alle Berufsfelder betroffen. Schließlich könnten Maschinen ja keine kreativen Jobs übernehmen. Falsch gedacht: Die Möglichkeiten, die Technologien heute bieten, lassen sich mit denen der Vergangenheit nicht mehr vergleichen. Die neuen Maschinen entwickeln sich viel schneller weiter. Durch künstliche Intelligenzen lassen sich mittlerweile Prozesse automatisieren, in welchen ein Einsatz von Maschinen noch vor einigen Jahren unmöglich schien. Bereits heute existieren Computer, die zum Beispiel journalistische Texte schreiben, Bilder malen oder Musik komponieren können. Selbst medizinische Diagnosen können durch Computer gestellt werden. 

Neue Arbeitsbereiche durch neue Projekte und Ideen 

Um den Wegfall von Arbeitsplätzen ausgleichen zu können, müssen neue Jobs geschaffen werden. Das ist nur durch die Förderung von Innovationen, neuen Projekten und Ideen möglich. Und wir werden viele dieser neuen Ideen brauchen, denn nicht jedes innovative Arbeitsfeld bietet auch genügend neue Arbeitsplätze. 

Dieses Problem ist schon seit einigen Jahren zu sehen. Streamingdienste wie Netflix oder Online-Stores wie Amazon haben schon längst weniger Arbeitsplätze zu bieten als ihre analogen Vorgänger. Amazon Deutschland beschäftigte 2015 circa 10.000 Menschen. Im Einzelhandel gab es laut Statista im selben Jahr knapp 3.000.000 Angestellte.

Über Zukunftsprobleme denkt keiner nach

Sagte Richard David Precht in einem Interview im General-Anzeiger Bonn 

Fortschritt ist in jedem Fall nicht aufzuhalten und das ist auch richtig so. Durch Maschinen und Automatisierungsprozesse können Aufgaben übernommen werden, die für den Menschen bislang große Herausforderungen dargestellt haben. Es kann präziser operiert werden oder die Pflegetätigkeiten können vereinfacht werden. Aber wir müssen aufhören diesen Wandel zu ignorieren und anfangen, über konkrete Lösungsvorschläge zu debattieren. Wir brauchen ein gut organisiertes Konzept, um die Menschen, die durch diesen Prozess ihre Arbeit verlieren, auffangen zu können und müssen uns hier auf eine große Anzahl an Unbeschäftigten einstellen.

Da unsere Wirtschaft auf Konsum ausgelegt ist, ist sie auf viele Menschen mit genügend Einkommen angewiesen. Hohe Arbeitslosenzahlen werden ansonsten zu vermindertem Konsum führen und die Wirtschaft wird stagnieren. Mit Hilfe eines bedingungslosen Grundeinkommens könnte der Kreislauf möglicherweise durchbrochen werden. Automatisierung geht uns alle etwas an. Wir müssen uns jetzt um eine Lösung kümmern und nicht erst, wenn wir mit den Folgen konfrontiert werden. 

 

Teaser- und Beitragsbild: flickr.com / sndrv lizensiert nach Creative Commons

 

 

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