Helle Haut hält gesund

Im Winter ist die Sonne nicht intensiv genug, um unseren Körper in Balance zu halten. Foto: Verena Kauzleben

Im Winter ist die Sonne nicht intensiv genug, um unseren Körper in Balance zu halten. Foto: Verena Kauzleben

„SLC24A5“, das ist eines der Gene, die unsere Hautfarbe bestimmen. Im Laufe der Evolution hat es sich auffallend schnell und stark verändert. Die ersten Einwanderer in Europa vor rund 50 000 Jahren trugen noch dieselbe Farbe wie unsere Vorfahren in Afrika: nämlich schwarz. Doch auf einmal verloren die neuen Europäer binnen weniger Generationen das dunkle Farbpigment, das Melanin. Von nun an erblühte eine blasse Menschenart im Norden. Aber warum der Wechsel? Welchen Nachteil hatte die dunkle Färbung auf einmal?

Die dunkle Hautfarbe hält aggressive Sonnenstrahlen von tieferen Hautschichten ab, wo sie neben Sonnenbrand auch Hautkrebs auslösen. Aber dass weniger Sonnenstrahlen in tiefere Hautschichten vordringen, bewirkt auch, dass die Hautzellen kein Vitamin D produzieren könne. Es ist das einzige Vitamin, das der Körper nicht nur aus der Nahrung aufnehmen, sondern auch selbst herstellen kann. Aber eben nur wenn er genügend Sonnenlicht empfängt.

Fehlt es dem Körper, so leidet der Mensch vor allem an Knochenverformungen. Bei Frauen kann das Becken so stark verformt sein, dass sie keine Kinder bekommen können – eine Einbahnstraße im Sinne der Evolution. In Afrika, wo die Sonne intensivst scheint, war der Vitamin D-Mangel zwar kein Problem, jedoch änderte sich die Situation, als der Mensch in den kühlen Norden kam.

Hautfarbe beeinflusst Vitaminbildung

Dr. Philipp Gunz vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.

Dr. Philipp Gunz vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. Foto: Philipp Gunz

„Plötzlich konnte man sich helle Haut leisten, ohne verbrannt zu werden“, weiß Phillipp Gunz vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. Der Selektionsdruck, dunkle Hautpigmente zu bilden, verschwand. Einige Forscher gehen sogar davon aus, dass Männer die neue Hautfarbe attraktiver fanden und sich so ein evolutionärer Vorteil für blasse Frauen bildete.

Wahrscheinlicher ist aber, dass die hellere Haut nötig war, um ausreichend Licht für die körpereigene Vitamin D-Produktion zu erhalten. Der plötzliche Wechsel der Hautfarbe stützt diese Theorie: zunächst blieben die Auswanderer Jäger und Sammler, aßen viel Fisch und Fleisch. In diesen Lebensmitteln versteckt sich auch Vitamin D. Die Hautfarbe blieb dunkel. „In dem Moment aber, als sich die Landwirtschaft entwickelte, wurde die Ernährung einseitig und damit schlechter. Dadurch kam es zu ersten Mangelerscheinungen. Die Menschen wurden auf einmal sogar wieder einen Kopf kleiner.

Viele Kohlenhydrate, wenig Vitamin D. Und siehe da: die Hautfarbe wurde heller“, weiß Professor Wolfgang Kirchner von der Ruhr-Universität Bochum. Heutzutage decken wir rund 90 Prozent unseres Vitamin D-Bedarfs über die Sonne. „Die natürliche Selektion hat schließlich in unseren Breiten eine Balance zwischen dem Hautkrebsrisiko der hellen Haut und den Vitamin D-Mangel-Problem bei dunkler Haut geschaffen“, so Kirchner. Die Evolution hat also die Hautfarbe genau auf den jeweiligen Lebensraum des Menschen abgestimmt.

Vitamin D wird immer interessanter

In letzter Zeit rückt dieses bedeutende Vitamin immer mehr ins Interesse der Wissenschaftler. „Fast jede Zelle im Körper reagiert auf den Stoff, weil sie passende Rezeptoren hat. Da liegt es nahe, die verschiedensten Zusammenhänge zu untersuchen“, sagt Dr. Stephan Schneider, Chefarzt der Endokrinologie im Kölner St. Vinzenz Hospital. So fanden Wissenschaftler beispielsweise auch Zusammenhänge mit der Muskelfunktion, Autoimmunkrankheiten, bestimmten Krebsarten, der Sterblichkeit an sich und dem Immunsystem.

Letzterer ist gerade im Winter besonders interessant, da uns zu dieser Zeit mehr Krankheitserreger plagen. „Die Immunzellen brauchen das Vitamin D, um schneller zu wandern und so Infekterreger wie Viren und Bakterien abzufangen. Bei einem Vitamin D-Mangel sind sie zu langsam und wir werden schneller krank“, erklärt Schneider.

Im Winter also eine ungünstige Kombination von zu vielen Keimen und zu schwacher Sonnenstrahlen. Grund dafür ist der niedrige Sonnenstand und Wolken, die die UVB Strahlen abfangen – die lösen aber erst die Vitamin D-Produktion in der Haut aus. Sonnencreme würde die Strahlen übrigens genauso abschirmen.

60 Prozent der Deutschen unterversorgt

So haben 60 Prozent der Deutschen zu niedrige Vitamin D-Werte, wie das Robert Koch-Institut herausfand. Und bevor man darauf wartet, dass sich die Evolution etwas Neues einfallen lässt, um den Mangel zu beheben, sollte man selbst ein wenig nachhelfen. Zum Beispiel über die Nahrung: Eier, Champignons und Fettfische wie Lachs oder Thunfisch enthalten kleine Mengen des ersehnten Stoffes. Auch ist eine Substitution durch Tabletten möglich.

„Am wichtigsten ist es aber, im Winter trotz Kälte so viel wie möglich raus in die Sonne zu gehen“, sagt Schneider. Und wer denkt, die Sonnenbank könne helfen, der irrt. Denn in künstlichem Licht fehlen die UVB Strahlen, die die Vitamin D Produktion auslösen – und das gilt bei jeder Hautfarbe.

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