Bei Abschluss arbeitslos

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Arbeitsagentur Dortmund: Auch für Akademiker immer häufiger eine Anlaufstelle. Quelle: Bundesagentur für Arbeit Dortmund

Ihr Image ist gut, Uni-Absolventen gelten als qualifiziert. Das Allheilmittel gegen Arbeitslosigkeit haben sie trotzdem nicht. Silke Böke weiß das. Sie arbeitet als Arbeitsvermittlerin schon seit zehn Jahren mit arbeitslosen Akademikern bei der Dortmunder Arbeitsagentur. Immer wieder trifft sie dabei auf geplatzte Jobträume – und hilft ihren Kunden immer wieder durch wertvolle Tipps zurück ins Arbeitsleben.

Von Julia Körner

Arbeitslose Akademiker – so was gibt es nicht? Wer sich an einer Uni einschreibt, erwartet nach dem Abschluss direkt einen gut bezahlten Traumjob. Die Realität sieht aber oft anders aus: Ein Master-Abschluss ist nicht immer ein Garant für beruflichen Erfolg – und schon gar kein Patentrezept gegen Existenzängste. Akademiker können ihre Jobs verlieren, wenn Betriebe umstrukturieren, outsourcen, ins Ausland abwandern oder insolvent sind. Auch ein Wechsel in der Chefetage kann ein Auslöser sein, so wie bei Erika Schmidt*. Die studierte Betriebswirtin verlor ihre Position als Geschäftsführerin im Gesundheitswesen. Sie fand bald darauf eine befristete Stelle als Geschäftsführerin eines Dienstleisters im Gesundheitswesen, um die erste Zeit zu überbrücken. „Wenn man hoch kommt, dann kann man auch fallen, so ist das heute“, sagt sie rückblickend. „Früher dachte man, man würde nicht arbeitslos werden. So etwas wie früher, als man irgendwo anfing und dort bis zur Rente arbeitete, gibt es nicht mehr so häufig. Heute hat man sehr viele Wechsel im Leben.“ Nach zwei bis fünf Jahren kommt es häufig dazu, etwa auch dann, wenn man etwa das Gefühl hat, nicht weiter zu kommen. „Bloß nicht zu bequem werden, wenn man das Studium geschafft und eine Stelle gefunden hat! Wach bleiben!“, rät sie aus eigener Berufserfahrung.

Ohne Netzwerk geht es nicht                                                                             

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Arbeitsvermittlerin Silke Böke berät Akademiker bei der Jobsuche. Quelle: Bundesagentur für Arbeit Dortmund

Der verdeckte Arbeitsmarkt, also Jobs, die ohne öffentliche Ausschreibungen vergeben werden, ist wichtig, unterstreicht auch Arbeitsvermittlerin Silke Böke: „Ein großer Teil der freien Stellen wird darüber besetzt. Viele Stellen werden zwar auch ausgeschrieben, entweder in unserer Jobbörse oder in anderen Medien. Darüber hinaus gibt es natürlich auch Stellen, für die ein Arbeitgeber nicht aktiv Bewerber sucht, aber offen ist für Initiativbewerbungen oder Empfehlungen.“ Vitamin B spielt also nach wie vor eine ganz große Rolle: Bei Akademikern ganz besonders. Viele von ihnen, die arbeitslos werden, sind nicht unbedingt auf eine Vermittlung durch die Arbeitsagentur angewiesen: Oft wechseln sie innerhalb des Unternehmens oder nutzen Netzwerke oder persönliche Kontakte.

Wer sucht, der findet

Belastbare Netzwerke sind daher für jede Berufsgruppe wichtig – vor allem für Absolventen, die kein klares Berufsziel mit ihrem Abschluss verfolgen. Während etwa Ingenieure und Ärzte bei der Jobsuche verhältnismäßig schnell fündig werden, ist es für Gesellschaftswissenschaftler schwieriger, den Traumjob auf Anhieb zu finden. Einige Fächer qualifizieren formal nicht immer  für ausgeschriebene Stellen. So wird man vielleicht schneller aussortiert, obwohl man im persönlichen Gespräch vielleicht überzeugen könnte. Wenn sich zum Beispiel ein Journalist um eine Stelle im Marketing bewirbt, so erfüllt er vielleicht nicht objektiv das ausgeschriebene Anforderungsprofil. Trotzdem bringt er vielleicht genau die praktischen Erfahrungen und das Know-How mit, das man für diesen Job braucht.  „Da muss man auch kreativ bei der Suche sein. Man sollte nicht nur im Studienschwerpunkt schauen, sondern eher, in welchem Bereich man sich sieht und wo es diesen gibt“, erklärt Böke.

Gekonnte Selbstvermarktung

Um interessant für Headhunter und Arbeitgeber zu sein, sollten sich Arbeitssuchende nicht nur bei der Agentur für Arbeit melden, sondern auch aktiv in verschiedene Netzwerke einklinken – und das nicht irgendwie. Zeit und Energie in das eigene Nutzerprofil zu investieren, kann sich durchaus auszahlen: Ein schönes Bewerbungsfoto ist ebenso wichtig wie gute Texte und die eigenen Fähigkeiten und Erfahrungen interessant darzustellen. Auch Erika Schmidt ist so fündig geworden. Der Kontakt zu einer Headhunter-Agentur bescherte ihr am Ende wieder eine Stelle als Geschäftsführerin – unbefristet. Doch nicht alle Angebote im Netz sind kostenlos. Beispiel XING: Wer hier einen Profi-Account für etwa 80 Euro im Jahr anlegt, kann gezielt von Unternehmen gefunden werden. Attraktive Alternativen können hier Alumni-Vereine, Stammtische und Kommilitonen sein.

Die gute Bewerbung

1. Nur Mut: Stellenausschreibungen beschreiben Wunschvorstellungen. Niemand erfüllt alles. Wenn etwa die Hälfte an Kriterien zutrifft und man sich vorstellen kann, den Rest zu lernen, kann man sich bewerben.

2. Das Anschreiben: kurz, prägnant und zugeschnitten auf die Stellenausschreibung. Arbeitgeber lesen pro Ausschreibung rund 30 bis 40 Bewerbungen. Keine Worthülsen verwenden! Engagement und Individualität müssen durchscheinen und Interesse wecken.

3. Lebenslauf: Tabellarisch und das Aktuellste zuerst. Die Reihenfolge:  Persönliche Angaben, Ausbildung, Praxiserfahrung, Soziales Engagement, zusätzliche Qualifikationen, Sprach- und PC-Kenntnisse, Hobbys und Interessen. Belege,  Zertifikate und immer auch das Abiturzeugnis beilegen.

4. Das klassische Bewerbungsfoto verschwindet zunehmend. Häufiger sind kreative Varianten: das Foto kommt immer öfter aufs Deckblatt der Bewerbung. Bloß keine Privatfotos verwenden!

5. Die Mappe ist vollständig mit Deckblatt, Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnissen. Nur vollständige, fehlerfreie und saubere Bewerbungsunterlagen abgeben! Online-Bewerbungen in einer einzigen PDF-Datei anlegen.

6. Sei beim Bewerbungsgespräch informiert über den Arbeitgeber! Informationen auf der  Webseite oder bei XING nachlesen. Sei authentisch! Eine aufgesetzte Art hilft niemandem, denn das Gesamtpaket einer Bewerbung muss stimmen!

7. Lücken im Lebenslauf aufgrund familiärer oder persönlicher Krisen sollten nicht aufgenommen werden. Allerdings sollte man auf etwaige Nachfragen vorbereitet sein.

Und noch ein Punkt sei entscheidend, wenn es mit der Jobsuche möglichst schnell gehen soll: Je mehr Bezug zur Arbeitswelt bereits im Studium besteht, umso größer ist auch das eigene Netzwerk. Und damit auch die Chancen, schnell einen passenden Arbeitsplatz zu finden. Auch deshalb sind vorausschauend geplante  Praktika oder ein passender Nebenjob ein Muss. Allein gute Noten sind nicht ausschlaggebend: „In Ausschreibungen steht nie, ‚wir suchen Leute mit Einsen‘. Arbeitgeber sind sehr an Erfahrung interessiert. Es reicht oft ein ‚guter‘ Abschluss“, sagt Böke. Die eigene Entwicklung und Erfahrung stehen also im Vordergrund. Dazu gehören übrigens auch Auslandssemester. Das sieht auch Erika Schmidt mit den Augen einer Führungskraft so: „Man muss selbständig werden. Dazu eignet sich spätestens das Auslandssemester. Es ist wichtig, dass man lernt, sich zu organisieren.“

Bloß nicht verzweifeln

Aber was, wenn das Gesamtpaket stimmt und sich der Status „arbeitslos“ trotzdem nicht so einfach ändern lässt? „Dann ist es das Schlimmste, wenn man daran verzweifelt. Eine Absage bedeutet nicht in jedem Fall, dass man ungeeignet ist, sondern oft nur, dass ein anderer besser geeignet war“, sagt Böke. „Man sollte dann seine Suchkriterien ausweiten und flexibilisieren. Man muss sich heutzutage darauf einstellen, dass man nicht dort anfangen wird, wo man einmal enden möchte. Das kann auch eine räumliche Veränderung sein.“ Manche Arbeitgeber erkennen inzwischen häufige Wechsel als Teil des modernen Berufslebens an. Konservative Arbeitgeber hingegen fragten eher mal nach dem Grund. Wer seine Situation nachvollziehbar erklären kann, braucht sich keine Sorgen zu machen, negativ aufzufallen. Schmidt, die als Führungskraft schon viele Bewerber unter die Lupe genommen hat, bestätigt das. Denn berufliche Auszeiten, etwa für lange Reisen oder ehrenamtliches Engagement, bewerteten vor allem junge, dynamische Unternehmen vermehrt positiv.

*Name von der Redaktion geändert

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