TU-Student rudert Richtung Olympia

Wenn andere Studenten feiern, büffeln oder die Semesterferien genießen, muss Richard Schmidt oft trainieren. Zurzeit bestimmt der Trainingsplan sein Leben, denn er hat ein großes Ziel: Olympiateilnahme in London. Schmidt ist Student und Leistungssportler: 1,91 m groß, 91 kg schwer, breites Kreuz, dicke Arme – ein Modellathlet. Der 24-Jährige studiert Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Dortmund und ist auf dem besten Weg als Teil des Deutschen Ruderachters bei Olympia 2012 in London zu starten.

Zwischen den Trainingseinheiten beschäftigt sich Richard häufig mit dem Lernen für Klausuren ab. Für ihn eine gute Ablenkung vom teils monotonen Training. Foto:Thomas Borgböhmer.

Zwischen den Trainingseinheiten beschäftigt sich Richard häufig mit dem Lernen für Klausuren ab. Für ihn eine gute Ablenkung vom teils monotonen Training. Foto: Thomas Borgböhmer.

In der Turnhalle des Dortmunder Ruderleistungszentrums im Stadtteil Hörde sitzen zehn Männer und Frauen an ihren Ruderergometern und trainieren. Die einzigen Geräusche kommen von der Musikanlage, die an einer der Wände aufgestellt wurde und dem regelmäßigen Rauschen der Ruderergometer. Ansonsten konzentrieren sich die Sportler auf ihr Training. Auch Richard Schmidt wiederholt die monotone Bewegung wieder und wieder, für Uni-Gedanken bleibt hier keine Zeit. Um sein großes Ziel Olympiagold zu erreichen, muss das Studium zurzeit zurückstecken. „Ich habe es zwar versucht in Regelstudienzeit zu schaffen, aber ich werde aufgrund von Olympia zwei Semester drüber bleiben“, sagt Richard. Um Leistungssport und Studium vereinbaren zu können, ist ein straffer, gut organisierter Tagesablauf enorm wichtig. Da fängt der Tag mit der ersten Trainingseinheit an, Richard fährt dann zur Uni, besucht seine Vorlesungen, zwischendurch eventuell eine weitere Trainingseinheit und zum Abschluss des Tages noch eine. Stress pur eigentlich, aber gerade deswegen muss man fleißig und ehrgeizig sein.

„Was auch sehr wichtig ist, sind Kommilitonen. Also ich habe coole Kommilitonen, die meine Freunde geworden sind und mich unterstützen“, erklärt Richard. „Die helfen mir, geben mir Ratschläge und Unterlagen. Das macht es viel einfacher.“ Freunde waren es auch, die ihn erst zum Rudern gebracht haben. Als Richard acht Jahre war, nahmen ihn seine Freunde mit zu einem Rudertreff. Nebenbei spielte er noch Handball, als die ersten Erfolge im Rudern kamen, entschied er sich gegen Handball – und für das Rudern. Seitdem geht es stetig bergauf: Junioren-WM, U23-WM und mittlerweile zweifacher Weltmeister.

Kein typischer Student

Besonders in der momentan Olympiavorbereitung kann von einem normalen Studentenleben nicht gesprochen werden. „Bei mir ist ja alles durchstrukturiert, die Zeit ist komplett verplant“, sagt der gebürtige Trierer, wirkt dabei aber nicht traurig, fügt dann aber noch hinzu: „Ich kann mich natürlich noch mit meinen Freunden zum Fußballgucken treffen und ich mach natürlich viel mit meiner Freundin.“ Alles eine Frage der Zeiteinteilung – denn auch lernen muss er regelmäßig. Das macht Richard zumeist zwischen den Trainingseinheiten. Für viele wäre das der Alptraum, nach einem hartem Training auch noch zu lernen, für Richard ist das sogar eine Art Entspannung.

Das Ruderergometer ist das wichtigste Gerät im Winter. Dort werden hunderte Trainingskilometer gefahren, um sich für den Sommer vorzubereiten. Foto:Thomas Borgböhmer.

Das Ruderergometer ist das wichtigste Gerät im Winter. Dort werden hunderte Trainingskilometer gefahren, um sich für den Sommer vorzubereiten. Foto: Thomas Borgböhmer.

„Die einen gehen nach dem Lernen laufen oder schauen Fernsehen. Ich lerne stattdessen und das ist eine gute Abwechslung“, so Richard. „Das ist wichtig für mich mal was anderes zu machen als zu trainieren.“ Vor allem da das Training insbesondere im Winter monoton und öde sein kann. Es besteht hauptsächlich aus Fahrradergo, Ruderergometer, Aerobic und Krafttraining. Eines der Highlights des Trainings ist das wöchentliche Fußballspielen, darauf freuen sich alle. „Allerdings spielen wir nur ein Mal in der Woche, das ist schade“, sagt der 24-Jährige.

Hartes Programm bis London

Zurzeit befinden sich die Ruderer in der unmittelbaren Olympiavorbereitung und endlich wieder auf dem Wasser. Eine goldene Ruderregel sagt zwar, dass die Medaillen im Winter gemacht werden, weil der Wettkampfsommer sehr kurz ist und Trainingsrückstände nicht mehr aufgeholt werden können. Aber so richtig Spaß macht Rudern doch erst auf dem Wasser. „Im Winter ist das Ruderergometer unser Trainingsgerät. Das kann schon mal ätzend sein“, gibt Richard zu. „Das ist zum Teil langweilig und vor allem sehr anstrengend.“ Und wenn es mal mit der Motivation nicht klappt, versuchen die Mannschaftskollegen einen aufzubauen. Schließlich haben alle ein gemeinsames Ziel: Olympiagold.

Hier sitzt Richard im sogenannten Skiff beim Trainingslager in Sevilla. Auch dort ist es morgens noch ziemlich frisch. Foto: Carsten Oberhagemann.

Hier sitzt Richard im sogenannten Skiff beim Trainingslager in Sevilla. Auch dort ist es morgens noch ziemlich frisch. Foto: Carsten Oberhagemann.

Zuletzt war man für ein Trainingslager in Sevilla, ab Anfang Mai geht die Wettkampfphase los und als Saisonhöhepunkt Anfang August die olympischen Spiele. Vor allem deswegen muss Richard die Uni derzeit schleifen lassen, hat aber bereits konkrete Ziele für die Zeit nach Olympia. „Wenn London vorbei ist, machen wir erst mal Urlaub“, erzählt er und fügt lachend hinzu: „Und natürlich Party. Darauf freuen sich auch alle riesig.“ Klingt schon eher nach einem richtigen Studentenleben. Denn vor allem Partys sind momentan tabu.

Allerdings hat der künftige Wirtschaftsingenieur auch langfristige Ziele. „Also nach dem Sommer muss ich noch ein Praktikum machen und weitere sechs Klausuren schreiben“, sagt Richard. Danach will er seine Bachelorarbeit schreiben, die er im Januar, Februar 2013 abgeben will. Und kurz darauf soll es auch schon mit dem Master weitergehen.

Erste Hürde genommen

Die erste sportliche Hürde auf dem Weg nach Olympia hat Richard am vergangenen Wochende erfolgreich genommen. Bei den nationalen Ausscheidungskämpfen in Köln hat er mit seinem Partner Kristof Wilke den zweiten Platz belegt. Damit hat er nun beste Chancen für den Olympiaachter nominiert zu werden. Die endgültige Besetzung für den deutschen Ruderachter bei Olympia wird dann am kommenden Donnerstag im Ruderleistungszentrum bekannt gegeben.

Blauer Himmel, Sonnenschein und schöne 20 Grad: Da macht selbst das harte Training auf dem Wasser richtig Spaß. Foto: Carsten Oberhagemann.

Blauer Himmel, Sonnenschein und schöne 20 Grad: Da macht selbst das harte Training auf dem Wasser richtig Spaß. Foto: Carsten Oberhagemann.