Der Lensing-Wolff im WR-Pelz

Ein Kommentar von Johannes Hoffmann

Mit dem Aus für die WR-Redaktionen gibt es in Dortmund nur noch die Ruhr Nachrichten als Lokalzeitung. Im Internet wird deshalb um die Medienvielfalt gefürchtet. Zwar gibt es die Westfälische Rundschau weiterhin, allerdings ohne redaktionelle Eigenleistung.

Gebäude der Westfälischen Rundschau in Dortmund / Fotos: Christiane Reinert / Teaserbild: Johannes Hoffmann

Gebäude der Westfälischen Rundschau in Dortmund / Fotos: Christiane Reinert / Teaserbild: Johannes Hoffmann

Ich will ganz ehrlich sein: Das Aus der Westfälischen Rundschau hat etwas bewirkt, worüber ich mich sehr freue. Die Menschen zeigen endlich, wie wichtig Ihnen die Lokalberichterstattung ist. Die WR-Redaktionen stehen nicht alleine: Auf Facebook sind zahlreiche Solidaritätsbekundungen zu lesen.

Die Seite „Westfälische Rundschau muss bleiben“ gefällt fast 1.500 Personen und für die Demonstration am Samstag vor dem Dortmunder WR-Gebäude im Brüderweg ist auch mit breiter Unterstützung zu rechnen.

Ob die Redaktionen der WR wirklich geschlossen werden müssen, kann ich nicht beantworten. Wenn die WR seit Jahren rote Zahlen schreibt, ist die Schließung aus wirschaftlicher Sicht für ein gewinnorientiertes Unternehmen wie das der WAZ-Mediengruppe nachvollziehbar.

Aus moralischer Sicht kann ich die Entscheidung allerdings nicht verstehen. In Dortmund gibt es ohne die WR nur noch eine lokalpolitische Zeitungsberichterstattung durch die Ruhr Nachrichten. Für die drittgrößte Stadt in NRW ein nicht tragbarer Zustand.

Mogelpackung?

Vor allem die Ruhr Nachrichten werden vom Wegfall des Konkurrenten WR profitieren, denn ihr Verleger Lensing-Wolff liefert ab Februar zusätzlich den Lokalteil für die WR. Diese wird also weiterhin als WR verkauft, drin steckt aber ein Hybrid aus der WAZ (wie bisher Haupteil) und den Ruhr Nachrichten.

Die Vermutung liegt nahe, dass der WR-Abonnent seine Westfälische Rundschau aus persönlichen Gründen den Ruhr Nachrichten vorzieht. Ab Februar bekommt er dann allerdings den Lokalteil der Ruhr Nachrichten. Wenn das auch die Erkenntnis der Abonnenten ist, werden sie ihre Abos in Massen kündigen.

Aus für die WR: 120 Redakteure verlieren ihren Arbeitsplatz.

Aus für die WR: 120 Redakteure verlieren ihren Arbeitsplatz.

Ich halte die Aussage der WAZ in ihrer Pressemitteilung vom 15. Januar 2012, dass es ihr Ziel sei „die Westfälische Rundschau zu erhalten und damit die Medienvielfalt in dem Verbreitungsgebiet sicherzustellen“ für Leserbetrug. Nehmen wir nur mal Dortmund als Beispiel: Wo wird hier Medienvielfalt sichergestellt? In meinen Augen hat der Verlag Lensing-Wolff damit die absolute Marktmacht.

Wer in Dortmund eine Lokalzeitung haben will, muss zwangsläufig die Ruhr Nachrichten kaufen oder die WR mit den Inhalten der Ruhr Nachrichten. Denn beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, dass die Ruhr Nachrichten in der WR einen komplett anderen Schwerpunkt setzen. Wie auch? Schließlich ist die Redaktion ja die Redaktion der Ruhr Nachrichten.

Wie ein Hirntoter

Die Westfälische Rundschau ähnelt irgendwie einem Hirntoten, der zwar durch Maschinen am Leben gehalten wird, jedoch selbst nicht mehr über sich verfügen kann. Wenn man das Bild des Hirntoten beibehalten will, dann darf die WAZ bestimmen, wann die Maschinen abgestellt werden und wer welche Organe entnehmen darf. Patientenverfügung Fehlanzeige!

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