Ist die Sicherheitskonferenz ein Friedensstifter?

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Diese Woche war sicherheitspolitisch so einiges los in Europa: Mittwoch tagten die Verteidigungsminister der Nato-Partner in Brüssel, seit Donnerstag treffen sich die Nato-Außenminister in Bonn und an diesem Freitag beginnt am Nachmittag die Münchner Sicherheitskonferenz. Ziel dieser Treffen ist die Förderung der internationalen Sicherheit und die Beilegung von Konflikten in einer Welt, die immer unsicherer zu werden scheint. Doch sind solche Konferenzen wirklich das beste Mittel oder nur ein Zeichen des guten Willens? 

Schauplatz der Sicherheitskonferenz ist das Hotel „Bayrischer Hof“ in München. Das Treffen ist das weltweit größte seiner Art. Nicht nur 30 Staats- und Regierungschefs und 80 Außen- und Verteidigungsminister diskutieren hier über die internationale Sicherheitspolitik, sondern auch Chefs internationaler Organisationen, Sicherheitsexperten und Spitzenmanager aus der ganzen Welt. Wichtigstes Thema ist an diesem Wochenende vor allem die Außenpolitik von US-Präsident Donald Trump, bei der noch niemand so genau weiß, ich welche Richtung das Ganze geht. Es verwundert nicht, dass daher Stargast an diesem Wochenende der US-Vizepräsident Mike Pence ist. Mit ihm plant Bundeskanzlerin Angela Merkel am Samstag ein Gespräch. Sicherlich wird es dabei auch um das Einreiseverbot gegenüber Muslimen gehen, das US-Präsident Donald Trump per Dekret beschlossen hatte und das von Kanzlerin Merkel stark kritisiert worden war. 

Die Begegnung von Rivalen 

Auf alle Fälle treffen auf der Konferenz verschiedene Parteien mit deutlich unterschiedlichen Meinungen aufeinander. Da hätten wir den russischen Außenminister Sergej Lawrow, der die Interessen Russlands vertreten wird und den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, der sich vom Westen mehr Härte gegenüber Russland wünscht. Oder den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, Angela Merkels schärfster Gegner in der europäischen Flüchtlingspolitik. Und auch Boris Johnson, der gestern noch beim Nato-Außenministertreffen in Bonn war. Der britische Außenminister ist einer der Hauptverfechter des Brexits. Genug Diskussionspotenzial ist auf der Sicherheitskonferenz an diesem Wochenende also gegeben. 

Geschichte der Münchner Sicherheitskonferenz
Im Herbst 1963 wurde die erste Sicherheitskonferenz in München abgehalten. Damals hieß sie noch „Internationale Wehrkunde-Begegnung“. München sollte als unabhängiger Ort dazu dienen, Politiker und Experten an einen Tisch zu bringen, um über die internationale Sicherheit zu diskutieren. In den ersten Jahrzehnten wurde die Konferenz oft noch „transatlantisches Familientreffen“ genannt, da sich dort vor allem deutsche Teilnehmer mit ihren wichtigsten Verbündeten aus den USA und anderen Nato-Mitgliedsstaaten treffen konnten. In dieser Zeit ging es vor allem um die westliche Politik im Kalten Krieg. Heute hat sich der Teilnehmerkreis ausgeweitet.

Doch bringt dieses Zusammenführen von so vielen unterschiedlichen Parteien überhaupt etwas? Können solche Konferenzen, wie in der aktuellen Woche, mehr Sicherheit bringen und Konflikte vermeiden? „Indirekt“, sagt Matthias Dembinski, Mitarbeiter des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, kurz HSFK. „Ein großes Problem ist es oft, wenn Staaten sich unbekannt sind. Auf solchen Konferenzen können sie sich kennenlernen und miteinander reden“, sagt Dembinski. 

Matthias Dembinski, wissenschaftlicher Mitarbeiter der HSFK
Foto: HSFK

Treffen, wie die Münchner Sicherheitskonferenz, förderten unter anderem „Kommunikationsnetze“ zwischen Staaten. In einem Projekt habe er gemeinsam mit einem Kollegen herausgefunden, dass zwischen manchen Staaten mehr Konfliktpotenzial herrsche als zwischen anderen. „Das war zum Beispiel zwischen Deutschland und Frankreich jahrelang der Fall. Durch ein dichteres Kommunikationsnetz konnte dieses Konfliktpotenzial jedoch deutlich gesenkt werden.“ 

Sicherheitskonferenz wird von Protesten begleitet

Also reicht es zur Verbesserung der internationalen Sicherheit aus, dass sich am Samstag Angela Merkel und Mike Pence auf einen Kaffee treffen werden, um über die Probleme der Trump-Regierung zu sprechen? So einfach ist es leider nicht. Das kritisieren auch die 4000 Demonstranten, die am Samstag zu einer Hauptkundgebung in München erwartet werden. 

Unter den Demonstranten sind auch Aktivistinnen und Aktivisten des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac. Das Netzwerk wirft der Münchner Sicherheitskonferenz vor „zu militärische ausgerichtet“ zu sein. „Im Prinzip ist es natürlich immer gut, wenn Vertreter von Konfliktparteien miteinander reden“, sagt der Pressesprecher von Attac-München Hagen Pfaff, „aber der Ansatz, den die Münchner Sicherheitskonferenz verfolgt ist der Falsche.“ Denn dort seien zu viele militärische Vertreter eingeladen, zum Beispiel von Rüstungsfirmen. 

1963, als die erste Münchner Sicherheitskonferenz stattfand, trug diese selbst noch den Namen „Internationale Wehrkunde-Begegnung“. Das klingt sehr nach Konfliktbewältigung mit militärischen Mitteln. „Es gibt kein Entkommen aus diesem Kreislauf, wenn immer nur weiter aufgerüstet wird“, erklärt Hagen Pfaff. Ein Gegenpol zur Sicherheitskonferenz stellt die von Attac ausgerichtete „Friedenskonferenz“ dar, die vom 11. bis 14. Februar stattfand. „Dort präsentieren wir Konzepte zur friedlichen Konfliktlösung, vorgetragen von Wissenschaftlern, Politikern und Vertretern von NGOs, die ein anderes Konzept als das Aufrüsten befürworten.“ 

Ein Umbruch in der Weltsicherheit 

„Hätte man mich vor zwei Jahren nach dem Zustand der Sicherheit auf der Welt gefragt, hätte ich gesagt, dass die Welt immer sicherer wird. Heute sehe ich das anders“, sagt Matthias Dembinski von der HSFK. Gründe für diesen Umbruch seien vor allem die Probleme im arabischen Raum und der Konflikt zwischen Russland und dem Westen. Und natürlich trägt der neu gewählte US-Präsident mit seiner unberechenbaren Außenpolitik derzeit nicht gerade zur Verbesserung der Sicherheit auf der Welt bei. „Trumps Weltsicht ist ,Der Deal‘. Er ist völlig fokussiert auf ein bilaterales Geschäft, bei dem die USA nicht schlechter abschneiden dürfen, als alle anderen.“ 

Die Lösung für diese Art der Konflikte ist theoretisch geradezu simpel. „Wir müssen uns klar werden, dass wir alle in einem Boot sitzen“, sagt Hagen Pfaff dazu. Matthias Dembinski ist ähnlicher Meinung: „Die Staaten müssen gemeinsame Interessen ausloten und trotz Differenzen versuchen, die Kooperation aufrechtzuerhalten.“ Doch dazu müssten die Staaten mal etwas Abstand von ihrem Ego nehmen. Ob das gelingt, wird sich dieses Wochenende zeigen. 

Beitragsfoto: Metropolico.org bei Flickr.com lizensiert nach Creative Commons 2.0 Generic

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