Nicht das Ende der Fankultur

Das Konzeptpapier der Deutschen Fußball-Liga (DFL) ist verabschiedet, die Reaktionen sind heftig: Fans prophezeien das Ende der Fankultur, die Verbände feiern ihre Beschlüsse als weiteren Schritt zur Verbesserung der Sicherheitsverhältnisse in den Stadien. Doch letztlich ist in Frankfurt nicht viel entschieden worden. Das viel verfluchte Sicherheitspapier ist ein zahnloser Tiger. Und es bedeutet ganz sicher nicht das Ende der Fankultur.

Fußballfans protestierten wochenlang gegen das Papier.In erster Linie zeigt das Pamphlet mit dem Wischi-Waschi-Titel „Sicheres Stadionerlebnis“, dass die DFL unter dem Druck der Hardliner aus der Politik eingebrochen ist, die sich mit populistischen Forderungen als Schutzmann der jungen Familien im Stadion profilieren wollten und ein hartes Durchgreifen gefordert haben. Purer Stimmenfang,  ein knappes Jahr vor der Bundestagswahl.

Nun hat die DFL ein Papier verabschiedet, das an Fadenscheinigkeit kaum zu überbieten ist: ein Misch-Masch aus laschen Leitlinien und der Festschreibung von in den Stadien längst existierenden Realitäten.

Von den strittigen Punkten ist kaum etwas übrig gebleiben

Nachdem die viel diskutierten Nacktkontrollen vor den Stadien offenbar vom Tisch sind, bleibt von den strittigen Punkten im Endeffekt nur das Thema Risikospiele übrig: Vereine können in Zukunft einzelne Partien als besonders riskant einstufen und für diese weniger Gästekarten als bislang in den freien Verkauf geben. Für aktive Fans könnte das eine massive Einschränkung in ihrem Lebensmittelpunkt bedeuten, denn der Antrag ist stellenweise so schwammig formuliert, dass viel Spielraum für Willkür bleibt.

Wie weit die Reformen letztlich greifen werden, liegt nun in der Hand der Vereine, die das Papier lokal in konkrete Maßnahmen ummünzen müssen. Sie entscheiden bei der Umsetzung selbst, wie viel ihnen an der Fankultur und dem Verhältnis zu den eigenen Anhängern liegt. Und die Fans können einen entscheidenden Einfluss darauf nehmen, wie hart die Vereine durchgreifen werden. Bei allem Ärger über das Konzeptpapier müssen sie in den kommenden Wochen besonnen und vernünftig reagieren. Anderenfalls geben sie den Vereinen Argumente für eine harte Linie und den Populisten in der Innenministerkonferenz neuen Nährboden für  noch abstrusere Äußerungen.

Nur ein Dialog auf Augenhöhe kann die Fankultur retten

Gleichzeitig dürfen sich die Verbände nicht auf den Beschlüssen von Frankfurt ausruhen. Der Politik haben sie mit der Verabschiedung des Papiers den Wind aus den Segeln genommen, nun müssen sie in Ruhe den Kontakt zu den Fans suchen. Dass die Fankultur erhalten bleibt, ist auch im Interesse der DFL, weil die bunten Kurven ihr dabei helfen, das Produkt Bundesliga teuer zu verkaufen. Trotzdem hat bis heute kein fairer Dialog auf Augenhöhe stattgefunden. Gerade jetzt wäre er wichtiger denn je. Denn auf Basis eines ständig schwelenden Konflikts wird die Fankultur auf Dauer ausbluten – und der deutsche Fußball das verlieren, was ihn einzigartig macht.

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