Hyperhidrose – Wenn Schwitzen zur Qual wird

Ekkrine und apokrine Schweißdrüsen sind für die Schweißproduktion des Körpers verantwortlich, mit der die Körpertemperatur reguliert wird

Wer mit dem Schweiß auf Kriegsfuß steht, hat meist keine guten Chancen, ihn zu umgehen. Schweiß begegnet unseren Sinnen fast überall: Wir spüren ihn auf der Haut, sehen ihn als dunkle Flecken unter den Achseln und können ihn sogar schmecken und riechen. Warum Schweiß nicht gleich Schweiß ist, wir unterschiedlich stark schwitzen und er – obwohl wir ihn gerne als „ekelhaft“ oder „lästig“ bezeichnen – in Wirklichkeit gut für unseren Körper ist.

Die Schweißproduktion ist ein wichtiger Schritt in der Regulierung der Körpertemperatur. Ist diese zu hoch – das wissen wir alle – besteht akute Lebensgefahr. Im normalen Zustand, also ohne starke körperliche Aktivitäten oder heiße Umgebungstemperaturen, verliert der Mensch circa 100 bis 200 Milliliter Schweiß pro Tag. Beim Sport sieht das schon anders aus, denn dabei wird die Hautdurchblutung gesteigert, um möglichst viel Wärme über die Körperoberfläche abzuführen. Das bedeutet, es wird besonders viel geschwitzt.

Schweiß ist nicht gleich Schweiß

Für die Schweißproduktion beim Menschen sind zwei verschiedene Arten von Schweißdrüsen verantwortlich: Die ekkrinen und die apokrinen Schweißdrüsen. Die ekkrinen Schweißdrüsen verteilen sich dabei über den ganzen Körper und können große Mengen eines klaren und geruchslosen Sekrets produzieren. Dieser Schweiß besteht fast nur aus Wasser und kleinen Mengen an Harnstoff, Aminosäuren, Zucker und Elektrolyten wie Chlorid oder Kalium.

An behaarten Körperstellen (zum Beispiel unter den Achseln) befinden sich die apokrinen Schweißdrüsen, die Lieblinge aller Deodorant-Hersteller. Diese Art von Schweißdrüsen produzieren geringe Mengen eines milchigen Sekrets, das Eiweiße und Fette enthält. Durch spezielle Bakterien, die zur natürlichen Hautflora gehören, findet ein Abbau langkettiger Fettsäuren statt. Erst dieser Abbau sorgt für den typischen Schweißgeruch.

Hyperhidrose – Schweiß im Überfluss

Im Kindesalter ist nach dem ausgiebigen Spielen und Toben oft nur ein leichter Schweißfilm auf Gesicht und Rücken zu bemerken. Was sich mit dem Erwachsenwerden dann immer weiter verstärkt, kann für manche Menschen zur echten Qual werden. Hyperhidrose heißt die Krankheit, bei der Menschen an einer übermäßigen Schweißproduktion leiden. Die Schweißdrüsenanzahl unterscheidet sich dabei nicht von der gesunder Menschen. Einzig die Schweißproduktion ist zum Teil deutlich erhöht. Etwa acht bis zehn Prozent der Menschen leiden an einer Hyperhidrose; genetische Veranlagung, aber auch hormonelle Störungen können dabei die Ursache für die erhöhte Schweißproduktion sein. 

Angenehm ist das nicht, denn die Rede ist hier nicht von den üblichen Schweißhänden, die jeder schon mal geschüttelt hat. Bei Menschen mit Hyperhidrose an den Händen liegen dutzende Schweißperlen auf den Handflächen auf. Feucht bekommt hier eine ganz andere Bedeutung. Und auch durchgeschwitzte T-Shirts und Oberlippenschweiß sogar im Winter haben hier nicht viel mit Sport und Bewegung zu tun. Sie gehören einfach zum Alltag.

Therapiemöglichkeiten

Bei einer axillären Hyperhidrose ist der letzte Ausweg oft nur die operative Schweißdrüsenentfernung

Bei einer axillären Hyperhidrose ist der letzte Ausweg oft nur die operative Schweißdrüsenentfernung

Früher hieß es da „Augen zu und durch“, heute gibt es zum Glück verschiedene Möglichkeiten, um dem lästigen Schwitzen ein Ende zu bereiten.

Die Behandlungspalette reicht dabei von schweißmindernden Cremes über nebenwirkungsvolle Tabletten, die eigentlich gegen Parkinson eingesetzt werden, bis hin zu Injektionen mit Botulinumtoxin-A (Botox) in Handflächen, Achseln und Fußsohlen. Länger als acht bis zehn Monate halten die Erfolge aber nicht an.

Schweißdrüsenentfernung als dauerhafte Lösung

Neben diesen vorübergehenden und nichtoperativen Abhilfen ist das operative Entfernen der Schweißdrüsen eine dauerhafte und effiziente Lösung für unkontrollierbares und übermäßiges Schwitzen im Achselbereich. 

Bei der Schweißdrüsenabsaugung werden unter den Achseln circa acht Millimeter große Einschnitte vorgenommen und mit speziellen Absaugkanülen die Zahl der Schweißdrüsen dauerhaft reduziert. Da einige Schweißdrüsen den Eingriff aber überstehen, erfolgt die Schweißbildung weiterhin, nur in einem normalen Maße. Die Behandlung dauert gerade einmal 30 Minuten, die Nebenwirkungen sind aber die gleichen wie bei allen operativen Eingriffen; also Infektionsgefahr, Nachblutungen und mögliche Vernarbungen. Die komplette Behandlung kostet im Schnitt stolze 1800 Euro; wer aber an einer axillären Hyperhidrose leidet und die Risiken der Operation nicht scheut, für den ist diese Methode eine echte Chance auf ein normales Leben – ganz ohne Scham, Ekel und psychischen Leidensdruck.

Teaserfoto: Alia Khaddour

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