Karneval: Düsseldorfer schunkeln trotzdem

DSC_01801Bis zuletzt hatten die Veranstalter auf die Wettervorhersage gewartet. Heute Morgen kam dann die endgültige Entscheidung: Der Düsseldorfer Rosenmontagszug 2016 muss abgesagt werden. Vom Feiern hielt das die Narren aber trotzdem nicht ab. 

Hans-Jürgen Tüllmann steht auf dem Marktplatz vor dem Düsseldorfer Rathaus raucht sich eine Frust-Zigarette. Er ist Geschäftsführer vom Comitee Düsseldorfer Carneval (CC) und somit Hauptverantwortlicher für den Rosenmontagszug. Und obwohl er ohne Probleme durch Wind oder Regen seine Zigarette anbekommt, kann er die Entscheidung des CC begründen:

Laut Wettervorhersage zieht so ab 15 Uhr ein heftiger Sturm über uns weg. Hier stehen wir in einem windgeschützten Raum, aber gerade am Rheinufer, wo die Wagen auch vorbeirollen, ist das zu gefährlich. Und tut das natürlich riesig Leid für alle Beteiligten, aber die Sicherheit geht vor!

Zum Trost haben die Veranstalter deswegen schon zwischen 11.30 Uhr und 13 Uhr wenigstens die politischen Mottowagen rund um das Jan-Wellem-Denkmal am Rathaus aufgestellt. Für den Wagenbauer Jacques Tilly ist das dieses Jahr natürlich ein absolutes Highlight: „Ich finde es toll, dass meine Wagen doch noch zur Schau gestellt wurden. Das ist quasi ein Jacques Tilly-Zug!“

DSC_01452Auch in diesem Jahr werden mit den großen Pappskulpturen wieder viele Politiker und Parteien verrissen. Ein zentrales Thema ist natürlich die Flüchtlingspolitik. Aber auch der internationale Terror wird satirisch dargestellt und sogar die aktuellen Wahlen in den USA haben die Wagenbauer noch verwertet.

Viele kommen auch unverkleidet zum Zug – nur um die großen Wagen zu bestaunen und Fotos zu schießen. „Wir wollten nur mal gucken kommen, wie die Wagen dieses Jahr geworden sind. Wir gehen aber gleich auch wieder,“ erzählt beispielsweise eine Düsseldorferin, die mit ihrem Mann auf der Bolkerstraße unterwegs ist.

Die Mehrheit ist aber in ihren zum Teil sehr aufwändigen Kostümen in die Düsseldorfer Innenstadt gekommen, um zu feiern –  auch ohne Rosenmontagszug. „Wir lassen uns die Party nicht verderben und machen trotzdem hier richtig einen drauf!“ Und die Jecken zeigen durchaus auch Verständnis für die Entscheidung des CC. Sogar eine Frau, die extra aus Ostfriesland angereist ist: „Für uns an der Küste ist das hier nicht wirklich Wind. Aber Sicherheit geht natürlich vor! Ich gehe jetzt drinnen weiter feiern.“

Für die geschützte Indoor-VarianDSC_01541te haben sich auch viele andere entschieden, weswegen die Kneipen gut gefüllt sind. Doch vor allem die jungen Leute bleiben draußen auf den Straßen. So auch eine Gruppe von Studenten aus Witten, die mit Alkohol in der Hand und warmen Ganzkörper-Tierkostümen nicht zu frieren scheint: „Es ist Karneval! Wir sind jedes Jahr hier, da sind wir stolz drauf!“

Jedes Jahr dabei ist auch der Fanfarencorps aus Düsseldorf-Hamm. Das Blasorchester läuft sonst immer zwischen den Wagen mit und sorgt für die Live-Musik beim Umzug. Doch auch sie trotzt dem Wetter und spielt ein paar ihrer Karnevalslieder in einer kleinen Seitenstraße vom Burgplatz. Kaum fangen sie an, schon strömen kostümierte Zuschauer herbei und schunkeln zusammen.

Es ist also ein friedliches Miteinander, wovon auch die Polizei und sie Sicherheitsleute profitieren: „Es ist deutlich ruhiger als in den Jahren davor. Das liegt wahrscheinlich einfach daran, dass nicht so viele Menschen, wie sonst da sind.“

DSC_01761Ein Nachholtermin für den Umzug steht noch nicht fest. Er wird aber vermutlich für Diskussionen sorgen. Einerseits sagen die Veranstalter: „Es ist ein Fest in der kalten Jahreszeit und soll noch zeitnah nachgeholt werden“. Dagegen wird aber voraussichtlich die Kirche etwas einzuwenden haben, schließlich beginnt ja schon bald die offizielle Fastenzeit.

Den Narren ist das heute erst einmal egal. Sie feiern trotzdem Karneval, auch ohne Zug. Und obwohl keiner auf die Idee kommt nach Köln zu fahren – immerhin fand der Zug dort statt -, bestellen sogar die Düsseldorfer Grüße in ihre sonst so verfeindete Nachbarstadt: “ Wir wünschen eigentlich auch den Kölnern, dass nichts passiert, das ist das Wichtigste überhaupt!“

Absage wegen Sturm
Es war eine nahezu historische Entscheidung, den Umzug abzusagen: Zuletzt musste der Rosenmontagszug 1990 abgesagt werden – damals auch wegen eines Orkans namens „Vivian“. Dieses Jahr ist es „Ruzica“, die mit bis zu elf Windstärken über ganz NRW fegt. Deswegen wurden z.B. auch die Züge in Essen, Duisburg und Hagen abgesagt.

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