Blitz am Ring: So erlebten Studierende der Ruhr-Unis das Unwetter-Chaos beim Festival

Wer am Freitagabend die Berichte vom Festival Rock am Ring gehört, gesehen oder gelesen hat, musste glauben, in der Eifel war die Apokalypse nah.  Nach einem Blitzeinschlag am Freitag zählten die Veranstalter über 70 Verletzte. Der Festivalabschluss am Sonntag musste sogar ganz gestrichen werden. RUB-Studentin Jana Wassenberg und Lukas Hemelt von der TU Dortmund waren vor Ort und erzählen, wie sie das Unwetter am Wochenende wahrgenommen haben.

Es sieht so aus, als ob ein paar Plastiktüten in zehn Metern Höhe durch die Luft wirbeln – aber es sind Zelte. Nach und nach werden es immer mehr. Direkt vor der Kameralinse reißt es vier ganze Zelte nach oben. Ein weißer Pavillon löst sich inklusive Metallstangen vom Boden. Eine Windhose zieht am Sonntagmittag während der allgemeinen Abreisephase quer über das Campinggelände bei Rock am Ring.

Die Festival-Besucher schauen regungslos nach oben oder jubeln den Flugobjekten zu. Andere widmen sich einfach ihren Aufräumarbeiten. Dabei scheint es so, als ob Harry Potter im beschaulichen Eifel-Städtchen Mendig persönlich die Planen nach Belieben durch die Lüfte wirbeln lassen würde. Am Ende sehen sie ein Dutzend Zelte in luftiger Höhe. Kevin Jendro, der mit Jana bei Rock am Ring unterwegs war, hat das Spektakel gefilmt und auf Facebook hochgeladen.

 

 

Von den Vortagen ist nur Matsch und jede Menge Müll übrig geblieben. In den Medien war die aktuelle Lage nur noch ein Randthema, weil der vorzeitige Konzertabbruch am Samstagabend bekannt gegeben worden ist. Viel mehr blieben die Unwetter vom Freitagabend im Gedächtnis, die über 70 Verletzte Festival-Besucher forderten.

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Jana Wassenberg und Kevin Jendro.

Kurz bevor die Blitze einschlugen, stand Jana mit ihren Freunden und Zehntausend weiteren Fans vor der Hauptbühne. Um kurz vor 8 sollte die Band Tenacious D spielen. Das Bühnenbild war bereits aufgebaut, der Soundcheck im Gange. Nur Sänger Jack Black ließ auf sich warten. „Wir dachten alle, dass er einfach nur so zu spät kommt“, sagt die Studentin der Germanistik und Kunstgeschichte.

Als die Blitze kamen, war Jana unterwegs

„Kurz danach kam dann die Durchsage, dass eine Gewitterfront herüberzieht und der Auftritt sich um 90 Minuten nach hinten verschiebt.“ Janas Gruppe ging ein paar Meter von der Bühne weg, als die zweite Durchsage ertönte, erzählt die 21-jährige: „Alle sollten sich sofort zurück zu ihren Zelten begeben.“

Während dem zehnminütigen Fußweg zurück zum Lager setzte der starke Regen ein, ein lauter Donner erschütterte das Gelände, es wurde kälter.

„Ich habe schon ein bisschen Angst bekommen.“

Anschließend sah sie die Blitze. „Das wurde auch immer wieder durchgesagt. Ich habe es auch gehört und gesehen“, so Jana.

Über Notausgänge ging es für sie und viele andere dann runter vom Gelände in den Schlamm. Unklug, wie Jana Wassenberg erzählt, da sich direkt über dem Ausgang Stangen aus Metall befanden. „Es wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass man sich davon fern halten soll.“ Auf dem Rückweg hörte der Regen auf.

Auf der Suche nach bekannten Gesichtern

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Die Festival-Besucher standen knöcheltief im Schlamm.

Auf die verschobenen Konzerte ging Jana gemeinsam mit ihren Freunden im Anschluss nicht mehr, sondern blieb am Zelt. Beim abendlichen Zusammensitzen kamen dann die Gerüchte von Blitzeinschlag und 30 Verletzten. „Irgendwann hieß es dann, dass zwei Leute reanimiert werden mussten. Ich habe dann Zelte abgeklappert von Leuten, von denen ich wusste, dass sie auch bei Rock am Ring sind“, erinnert sich die Castrop-Rauxelerin. Wirklich viel davon mitbekommen habe sie nicht, sondern sich über die Medien informiert.

Lukas Hemelt, Student an der TU Dortmund, erlebte die Ereignisse aus einer anderen Position. Er war zum Zeitpunkt der Durchsagen, dass man sich sofort zurück zum Camp begeben solle, nicht vor der Bühne, sondern im Zeltlager. „Plötzlich kamen die Leute von uns zurück von der Toilette und haben davon erzählt, wie die Leute über Megaphone in Kenntnis gesetzt worden sind“, sagt Lukas, „wir hatten dann Glück, dass wir bei den Zelten waren und alles auf das Unwetter vorbereiten konnten.“

Parallelen zu 2015

Bei der 2015er-Auflage von Rock am Ring war Lukas auch zu Gast. Damals suchte ebenfalls ein Gewitter am Freitagabend das Festivalgelände heim. „Das fand ich persönlich sogar noch krasser. Das kann aber auch daran liegen, dass wir dann nicht so gut vorbereitet waren.“ 

Am Samstag wurde das Programm dann nach hinten verlegt. „Zwei, drei Bands haben wir uns noch angeschaut. Dann kam die Durchsage, dass der Sonntag vollständig abgesagt ist, weil zwischen 13 und 14 Uhr eine Gewitterfront angekündigt war“, so Jana. Am Abreisetag fuhr der Rettungswagen Einsätze im Minutentakt. „Bei der Hitze sind viele umgekippt. Es war nicht so klug, dass alle auf einmal vom Gelände mussten“, sagt die RUB-Studentin.

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Die Zelte wurden für die herziehende Gewitterfront präpariert.

Zuhause lief pausenlos das TV-Gerät

Ihr persönlicher Eindruck: Wirkliche Panik kam aber nicht auf – auch wenn in den Medien teilweise etwas anderes zu hören war. „Es war halt ein Unwetter. Ich habe mich aber trotzdem sicher gefühlt.“ Deshalb lobt sie auch Veranstalter und Sicherheitsdienst: „Ich weiß zwar nicht was hinter den Kulissen besprochen worden ist. Es musste alles ziemlich schnell gehen. Die Durchsagen waren auf jeden Fall sehr hilfreich. Man hat auf die Sicherheitshinweise dadurch noch mehr geachtet. Klar bricht eine gewisse Panik aus, wenn gesagt wird, man müsse das Gelände sofort verlassen, aber wir wurden nicht irgendwie auf einer kleinen Fläche eingeschlossen.“

Viel mehr waren die Angehörigen zu Hause mit den Nerven am Ende. Jana berichtet von der Reaktion einer Mutter, deren Sohn mit in der Gruppe war: „Sie hat den ganzen Tag im Fernsehen die Live-Berichterstattung gesehen. Mir war gar nicht bewusst, dass das so groß gemacht worden ist.“

Beitragsbilder: Kevin Jendro/Lukas Hemelt

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