Endlich Freizeit, keine Klausuren, Semesterferien – wäre da doch nur nicht die Hausarbeit, die in den nächsten Wochen unbedingt noch geschrieben werden muss. Nicht immer ist der Start einfach. Zu viel Ablenkung, Unkonzentriertheit oder einfach keine Lust. Bei der weltweiten Aktion „Die lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ geht es genau darum. Hilfe beim Schreiben, wenn die Sonne längst untergegangen ist.

Getroffen wurde sich im Ufo der Ruhr-Uni.
Es ist still, verlassen und dunkel auf dem Campusgelände in Bochum. Vom hektischen Uni-Alltag ist nichts spüren. An einem Ort brennt trotzdem Licht – im Universitätsforum. Eine kleine Treppe führt in den unteren Teil des bei Tageslichts eher tristen Raums. Um die Geländer zieht sich eine weihnachtliche Lichterkette. Und das Anfang März. Das eigentlich im Tagesbetrieb kahle Gebäude vermittelt in diesem Moment die Atmosphäre von einer Übernachtungsparty in der fünften Klasse – inklusive Getränkeflaschen auf dem Tisch und gemütlichem Beisammensein.
Die beiden Studentinnen Ariana und Lisa sind in ihre Unterlagen vertieft. Sie haben es sich auf den Stufen neben einer Säule auf Polstern bequem gemacht. In der Mitte steht eine fast leere Tasse Kaffee und die blau-silberne Dose eines österreichischen Brausekonzerns. „Zuhause wird man immer so schnell abgelenkt“, sagt Ariana. Ihr gegenüber sitzt Lisa mit ihrem Laptop auf dem Stoß. Unter Zeitdruck steht sie nicht, weil sie keine Arbeit abgeben muss. Trotzdem ist sie da, um die Gelegenheit des ruhigen Arbeitens zu nutzen – wie so viele andere auch. Denn unter echtem Stress – auch wenn der Titel der Veranstaltung etwas anderes verspricht – stehen die meisten nicht.

Merkzettel zum wissenschaftlichen Arbeiten.
Zwei Meter entfernt sitzt Kürsad mit dem Rücken zu den Beiden. Er ist ein Schreibnacht-Veteran. „Vor zwei Jahren habe ich hier meine Bachelorarbeit geschrieben“, erklärt er, während er die Schale einer Clementine entfernt und sich ein Stück in den Mund steckt. Neben seinen Unterlagen, auf denen Zeichen abgebildet sind, die für Nicht-Mathematiker eher wie ägyptische Hieroglyphen aussehen, steht zur Stärkung noch eine Box mit grünen Weintrauben. Heute begleitet er seine Frau, die eine Arbeit schreiben muss. Er lobt: „Oben sind Leute, die beim Schreiben sehr hilfsbereit sind.“
Auf dem Weg ins sogenannte Schreibcafé stehen zahlreiche Tafeln mit Tipps zum wissenschaftlichen Arbeiten an den Wänden. Auf der linken Seite hinter der Tür ist ein Tisch aufgebaut.
Hier kann man sich ein Namensschild basteln oder in Fachliteratur blättern. Einige Namensschilder sind orangefarben und werden von den Mitarbeitern des Schreibzentrums der Ruhr-Uni getragen. Zwei von ihnen sind André Deutscher und Anke Schröder. „Von Schreibblockaden zu reden, ist vielleicht etwas zu hart“, sagt Deutscher. „Der Eventcharakter ist vielleicht ausschlaggebend.“ Seine Kollegin ergänzt: „Die Studierenden nutzen die Beratung dennoch sehr gern.“

Fachliteratur zum Nachschlagen.
An den Tischen im Raum sitzen die Studierenden gemeinsam mit Tutoren in kleinen Gruppen zusammen. Am Rand ist ein großes Buffet aufgebaut. Viele greifen gern zu. Geplant ist im Laufe der Nacht auch ein Spaziergang über den verlassenen Campus. Sauerstoff hilft gegen die Müdigkeit.
Von den 50 Studierenden, die bei der Begrüßung dabei waren, erzählen André Deutscher und Anke Schröder, wollen 40 bis zum Ende bleiben. Das soll am frühen Morgen gegen halb fünf sein, kurz bevor die erste U35 wieder Richtung Innenstadt fährt. Wie viele bis dahin allerdings der Müdigkeit zum Opfer fallen werden, das ist um 1 Uhr noch unklar.
Beitragsbilder: Christian Woop.