Revier-Unis sollen Opel-Fläche mitgestalten

Opel-Werk I Bochum

Das Bochumer Opel-Werk I vor dem Beginn der Abrissarbeiten. (Foto: Presse- und Informationsamt der Stadt Bochum)

Zechen dicht, Nokia weg – und nun ist auch Opel (fast) verschwunden. Die Stadt Bochum muss erneut den Rückzug einer Branche verkraften, die die Stadt für lange Zeit geprägt hat. Jetzt setzen die Planer alles auf einen Hochschul- und Wissensstandort. pflichtlektüre beleuchtet deshalb den Status quo und hat mit RUB-Professor Jörg Bogumil über die anstehenden Veränderungen gesprochen.

Mühsam arbeiten sich derzeit die Abrissbagger durch die riesigen Produktionshallen des Bochumer Opel-Werks I. Seit Ende 2014 produziert der Automobilhersteller nicht mehr dort – eine Fläche so groß wie der Westfalenpark liegt brach.

Doch das soll nicht so bleiben. Die Revier-Unis wollen bei der Flächenentwicklung eine entscheidende Rolle spielen. Es soll ein innovatives Vorzeigeprojekt für die Stadt und die Region entstehen.

Die teilweise schon abgerissenen Werkshallen sind für viele Bochumer ein Anblick des Grauens. (Bild: "AR-Fotos"/privat)

Die teilweise schon abgerissenen Werkshallen sind für viele Bochumer ein Anblick des Grauens. (Bild: „AR-Fotos“/privat)

Konkrete Pläne gibt es noch nicht, dafür aber Visionen: Die Ruhr-Universität Bochum hat ein Konzept für eine „Worldfactory“ entwickelt, eine Art Denkfabrik für Medizin- und Produktionstechnik, die einen Teil der innenstadtnahen Fläche in Anspruch nehmen soll. Dort sollen rund 1.000 Absolventen in einem Gebäude gemeinsam forschen, entwickeln und an neuen Projekten zusammenarbeiten.

Jörg Bogumil, Professor für Stadt- und Regionalpolitik an der RUB, erklärt im Interview, wie das umgesetzt werden kann, welche Probleme es gibt und welche Chance die Opelfläche für die Zukunft der Region bietet.

Herr Bogumil, warum ist die Gestaltung der Fläche des Opel Werks I überhaupt von so entscheidender Bedeutung?

Sie ist eine der größten Gewerbeflächen im Revier, die zudem innenstadtnah liegt und verkehrstechnisch gut erschlossen ist. Sie bietet viele verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten und liegt zwischen der Ruhr-Uni Bochum und der TU Dortmund.

Deshalb ist das Nutzen der Fläche keine Angelegenheit von Bochum, sondern des gesamten Ruhrgebiets. Das ist unsere gemeinsame Fläche. Davon sollen alle profitieren. Gut ist deshalb, dass sich das Bewusstsein verschärft hat, enger zusammenarbeiten zu müssen – in vielen Bereichen, auch bei den Universitäten.

Das heißt, die Verantwortung für die Entwicklung der Opel-Fläche liegt auch in deren Händen?

Die Hochschulen müssen eine entscheidende Rolle spielen. Das ist eine neue Aufgabe für sie, weil sie sich eigentlich gar nicht für Stadt- und Regionalpolitik zuständig fühlen. Andere Städte beweisen schon, wie die Region und die Uni aneinander gekoppelt werden können.

In Bochum ist die Universität schon jetzt der größte Arbeitgeber. Und wenn wir den Studierenden interessante Anschlussmöglichkeiten bieten, ist die Wahrscheinlichkeit höher, sie auch zu halten.

Wie stellen Sie sich die künftige Flächennutzung vor?

Jeder Strukturwandel führt zu einer veränderten Arbeitsplatzsituation. Neue Ansiedlungen werden nicht mehr so arbeitsplatzintensiv sein wie früher Zechen oder zuletzt die Autoproduktion. Unsere Stärke liegt jetzt in der Hochschullandschaft. Wir müssen umdenken und deshalb attraktive Arbeitsplätze im Dienstleistungs- und Wissenschaftsbereich entstehen lassen.

Wie soll das konkret aussehen?

Wir befinden uns in dem Dilemma, dass wir noch keine konkreten Projekte haben, sodass man den Flächenbedarf noch nicht absehen kann. Aber ich stelle mir ein Zentrum vor, in dem die Wissenschaft mit unterschiedlichen Branchen an neuen Entwicklungen arbeitet – die „Worldfactory“ ist da ein Ansatz. Ziel muss es sein, eine Infrastruktur zu schaffen, um die herum sich die Unternehmen ansiedeln können.

Das Modell der "Worldfactory". (Foto: Archwerk Büro)

Das Modell der „Worldfactory“. (Foto: Archwerk Büro)

Also hätten die Planungen in Ihren Augen schon viel früher viel konkreter sein müssen?

Bis zuletzt wurde ja darauf gehofft, dass Opel bleibt. Andere Szenarien wurden in den Hintergrund gedrängt. Natürlich hätte man sich früher Gedanken machen müssen. Dass Opel jetzt aber auch in der Entwicklungsgesellschaft sitzt, finde ich nicht gut. Das Unternehmen hat mit der Gestaltung der Bochumer Zukunft eigentlich nichts mehr zu tun, hat das Werk geschlossen, darf aber weiter mitentscheiden.

 

Zeitplan & Kosten
Der Abriss der Werkshallen läuft bis 2016. Danach müssen der Baugrund von Altlasten des Bergbaus und der Autoproduktion befreit sowie Leitungen gelegt werden. Die Entwicklungsgesellschaft schätzt die Kosten auf 118 Millionen Euro. Bezahlt wird das über Fördermittel des Landes, Grundstücksverkäufe und teilweise auch von Opel.
Historie
Bis zu 22.000 Menschen haben einst für Opel in Bochum gearbeitet. Bis zur Werksschließung 2014 waren es immerhin noch 3.300 Beschäftigte. Opel war 1962 nach Bochum gekommen.
Opel-Werke II und III
Neben dem Gelände von Werk I gehören Opel auch die nebeneinander liegenden Werke II und III. Diese umfassen zusammen rund 100 Hektar, wovon Opel in Zukunft Teile für ein neues Warenverteilzentrum nutzen wird.

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