Zur Uni schweben: Seilbahn-Idee für Bochum

Beispiel für ein städtisches Seilbahnkonzept: London während der olympischen Spiele 2012. (Foto: Wikimedia Commons/Danesman 1)

Schwebebahn statt Stau: Was für Studierende der TU Dortmund und Nutzer der H-Hahn bereits Alltag ist, könnte in etwas anderer Form auch in Bochum Realität werden. Seit einiger Zeit setzt sich das Bündnis der „Stadtgestalter“ um den Ökonom Volker Steude für den Bau einer Stadtseilbahn ein. Drei unterschiedliche Linien sind geplant, eine soll die Ruhr-Universität Bochum (RUB) und das frühere Opelgelände mit dem Hauptbahnhof verbinden.

Die Seilbahnen sollen dabei einerseits zur Image bildenden Attraktion werden, andererseits – und vor allem – den Nahverkehr entlasten, insbesondere entlang der Bochumer Campuslinie U35. Die neue Seilbahn-Verbindung soll direkt zum Forum vor dem Audimax der RUB führen. Ersten Vorstellungen zufolge soll eine Kabine eine Kapazität von 30 bis 45 Plätzen haben und barrierefrei zugänglich sein. Alle 30 Sekunden soll die Station dann von einer Kabine angefahren werden. Damit würden Wartezeiten, wie sie im Schienenverkehr üblich sind, so gut wie entfallen – trotz vergleichsweise geringer Grundgeschwindigkeit von rund 30 km/h.

Verhältnismäßig günstige Lösung

Dass die Gesamtidee bereits viel Beachtung gefunden hat, liegt auch an den wirtschaftlichen Vorzügen gegenüber anderen Möglichkeiten. Steude zufolge könnten die drei Wunschlinien mit 100 Millionen Euro realisiert werden. Umgerechnet seien das in etwa die Kosten für einen Kilometer U-Bahn.

Nahverkehr in der Luft - in Dortmund ist das mit der H-Bahn bereits Realität. Foto: Tatiana Beck

Nahverkehr in der Luft – in Dortmund ist das mit der H-Bahn bereits Realität. Foto: Tatiana Beck

Auch der Betrieb sei deutlich günstiger. Nur fünf Personen wären erforderlich. Die Betriebs- und Wartungskosten würden auch deshalb deutlich unter denen für eine U-Bahn-Linie liegen. Ebenfalls ein Vorteil: Seit knapp einem Jahr zählt der Bau von Seilbahnen in NRW als förderfähig. Steude will zudem private Investoren gewinnen. Um die laufenden Kosten zu decken, rechnet Steude wie folgt: Bei einem Fahrpreis von einem Euro pro Fahrt und zwölf Stunden Fahrtzeit pro Tag, müssten mindestens 285 Fahrgäste pro Stunde und je Richtung die Bahn nutzen. Ist das realistisch?

„Die Idee ist durchaus zu prüfen. Ich verstehe bis heute nicht, warum man lieber Tunnel baut“, sagt Rolf Heyer, Professor bei der Entwicklungsgesellschaft Ruhr. „Es gibt schon leistungsfähige Systeme wie die Hochbahn in Dortmund. Wir werden im Nahverkehr auch in den Luftraum gehen müssen.“

Idee mit Zukunftscharakter

In anderen Ländern ist das sogar schon Realität. Seilbahnen mit öffentlichen Verkehrsaufgaben gibt es bereits in Südamerika, New York oder Ankara. Auch zu Großveranstaltungen wie den Olympischen Spielen 2012 in London oder Weltausstellungen werden Seilbahnen (kurzfristig) installiert. Außerhalb von Skigebieten oder Veranstaltungsflächen gibt es bis auf die Rheinseilbahnen in Köln und Koblenz aber nur wenige größere Seilbahnen in Deutschland.

Als innerstädtisches Verkehrsmittel kommt es bislang noch in keiner Stadt zum Einsatz. Bochum könnte zum Vorreiter werden. Allerdings existieren vielerorts ähnliche Pläne. In Trier wird ebenfalls daran gedacht, den Campus mit einer Seilbahn an das Stadtzentrum anzubinden. Auch in Marburg, Bonn oder Aachen wurde oder wird über vergleichbare Konzepte diskutiert. In Hamburg hat es 2014 einen Bürgerentscheid gegen eine Stadtseilbahn gegeben.

Offensichtliche Vor- und Nachteile

Heiner Monheim zählt dennoch zu den Befürwortern derartiger Projekte. Der Professor für Raumentwicklung in Trier beschäftigt sich seit Jahren mit den Potenzialen von Seilbahnen im urbanen Raum. „Im Vergleich zu anderen Teilsystemen sind Hochleistungsbahnen preiswerter und schneller realisierbar“, erklärt der Experte. Auch weil kaum Rücksicht auf den übrigen Straßenverkehr genommen werden müsse, würden sie sehr gut dazu dienen, akute Probleme im Stadtverkehr zu bewältigen. Hinzu kommt, dass die Energiebilanz einer Seilbahn in etwa der von Fahrrädern entspreche. Wenn man den Strom für den Antrieb aus erneuerbaren Energien beziehen würde, wäre die Bahn nahezu CO2-neutral.

Die Seilbahn soll vor allem das Schienennetz der Campuslinie U35 entlasten. (Foto: Wikimedia Commons)

Die Seilbahn soll vor allem das Schienennetz der Campuslinie U35 entlasten. Foto: Wikimedia Commons / Wittener~commonswiki

Ganz ohne Hürden und Probleme ließe sich das Projekt allerdings nicht umsetzen. Zum einen müssten alle erforderlichen Überfahrrechte erteilt werden. Stellt sich also beispielsweise ein Grundstückseigentümer quer, droht das Vorhaben zu scheitern. Zum anderen müsste berücksichtigt werden, dass Seilbahnen – je nach Konstruktion – nur bei 60 bis 100 km/h Seitenwind sicher fahren können.

Möglicher Bürgerentscheid

Deshalb will „Stadtgestalter“ Volker Steude die Bürgerinnen und Bürger mitreden lassen: „Nur wenn die Einwohner der Stadt in breiter Mehrheit überzeugt sind, dass ein Seilbahnnetz die Stadt weiter bringt, hat das Vorhaben die Legitimation realisiert zu werden.“ Sein Wunsch ist es, einen Bürgerentscheid zu initiieren. Bochum soll dann darüber abstimmen, ob die Studierenden bald auch zur Uni schweben können – oder es bei der U35 bleibt.

Teaserfoto: Wikimedia Commons/Danesman 1

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