Syrien-Einsatz: Endlich guckt Deutschland nicht mehr nur zu

Militärflugzeug Bundeswehr

Der Bundestag hat am Freitag mit großer Mehrheit den Einsatz der Bundeswehr in Syrien beschlossen. 445 Abgeordnete stimmten dem Militäreinsatz zu, 146 votierten mit Nein und sieben Parlamentarier enthielten sich. Bis zu 1200 deutsche Soldaten, Aufklärungsjets und ein Kriegsschiff sollen zukünftig die internationale Allianz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterstützen. Bereits im nächsten Monat – im Januar 2016 –könnte der Einsatz beginnen.

Gute Entscheidung!

Der militärische Einsatz der Bundeswehr in Syrien ist wichtig und ein Schritt in die richtige Richtung. Es müssen aber noch weitere folgen.

Nach den Terroranschlägen von Paris vor drei Wochen bat Frankreich seine Verbündeten um Unterstützung im Kampf gegen den Islamischen Staat. Durch die Gewalt in der französischen Hauptstadt ist der islamistische Terror in Europa angekommen, quasi vor unserer Haustür. Deutschland reagiert mit dem Beschluss am Freitag auf die Forderung und zeigt Solidarität mit seinen Nachbarn. Endlich! Dieser Schritt war längst überfällig.

Kampfansage an den IS

Seit bald fünf Jahren hält der Konflikt in Syrien die Welt in Atem. Mehr als 250.000 Tote sind der Gewalt bisher zum Opfer gefallen und über zehn Millionen Menschen sind auf der Flucht, viele davon nach Europa. In diesem Jahr werden wohl eine Million Flüchtlinge in Deutschland ankommen. Eine große Aufgabe für die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten, die sie im Moment jedoch nicht gemeinschaftlich lösen können.

Flüchtlinge Warteschlange

Viele Menschen fliehen vor der Gewalt und dem Terror der Islamisten.

Trotz all der Skepsis und Diskussionen um Aufnahmekontingente für Flüchtlinge war es vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel, die für Solidarität in der Flüchtlingskrise einstand. Mit dem Mandat für den Bundeswehreinsatz in Syrien zeigt Deutschland jetzt auch seine Solidarität im Kampf gegen den Islamischen Staat, welcher viele dieser Menschen aus ihrer Heimat vertreibt.

Der deutsche Bundestag beweist mit seiner Entscheidung Willensstärke und ein sehr konsequentes Verhalten. Das könnte unser Land in eine noch stärkere Verhandlungsposition rücken und die anderen europäischen Staaten zum Umdenken bewegen. „Nicht nur durch Handeln kann man sich schuldig machen, sondern auch durch Nichthandeln kann man schwere Fehler machen“, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen treffend vor der Entscheidung am Freitag. Denn so wie jetzt kann und darf es in Zukunft nicht weitergehen.

Abschottung ist der falsche Weg

Der Einsatz in Syrien dient auch dem Selbstschutz unseres Landes. Diplomatie findet bei einer Terrororganisation jedenfalls kein Gehör. Was wäre denn sonst die Alternative zu einem militärischen Eingreifen? Der IS ist größenwahnsinnig. Er strebt die komplette Herrschaft über den Planeten an und räumt jeden, der nicht in sein Weltbild passt, auf grausamste Weise aus dem Weg. Seit seiner Anfangszeit hat er sich mehr und mehr ausgebreitet und mit anderen Terrororganisationen wie Boko Haram in Afrika zusammengeschlossen. Mittlerweile reicht sein Einzugsgebiet vom Irak bis nach Mali. Wohin soll das noch führen? Das muss ein Ende haben, bevor es zu spät ist.

Deutsche Bürger und Politiker fürchten, dass ein militärischer Einsatz den Zorn der Terroristen vermehrt auf Deutschland lenken könnte. Diese Bedenken sind verständlich und berechtigt. Denn Deutschland steht schon jetzt im Visier des Islamischen Staats, wie die Absage des Spiels Deutschland gegen die Niederlande in Hannover vor zwei Wochen eindrucksvoll zeigte. Doch mit einer weiteren Ausdehnung des IS würde die Terrorgefahr ja nicht zurückgehen. Ganz im Gegenteil, sie würde immer größer werden. Möchten wir das wirklich? Möchten wir in einer Welt leben, die nur von Angst und Gewalt beherrscht wird und in der niemand etwas gegen die grausame Tötung unternimmt? Ich bin überzeugt, in so einer Welt möchte niemand von uns leben. Deshalb wird ein militärischer Einsatz langfristig eher zu unserem Schutz beitragen als eine „perfide Abschottung“ gegen den Terrorismus, wie Außenminister Steinmeier es formulierte.

Mögliche politische Neuordnung in Syrien

Zuletzt könnte Deutschland mit seinem Einsatz zu einer lange ersehnten Stabilisierung in Syrien beitragen. Denn erst wenn der Islamische Staat soweit geschwächt ist, dass er keine Macht mehr über weite Teile Syriens hat, kann ein neuer politischer Prozess beginnen. Dieser könnte es langfristig auch den syrischen Flüchtlingen ermöglichen, in ihr Heimatland zurückzukehren und damit die Flüchtlingsproblematik eindämmen.

Assad Syrien

Über die Zukunft des syrischen Präsidenten Assad gibt es unterschiedliche Meinungen.

Doch gerade in diesem Punkt wird der deutschen Regierung Planlosigkeit vorgeworfen. Der Chef des Bundeswehrverbands, Andre Wüstner, ist der Meinung, die Regierung habe weder ein konkretes Ziel noch eine konkrete Strategie für die Zeit nach der potenziellen Vernichtung des IS. Dass die Regierung keine politische Strategie verfolge, darf aber nicht nur ihr allein zum Vorwurf gemacht werden.

Syrien ist der aktuell schwierigste Krisenherd der Welt. Viele Nationen versuchen dort, ihre eigenen Interessen durchzusetzen und jeder hat einen anderen Plan davon, wie die Zukunft des Landes aussehen soll. Russland möchte ein Syrien mit Präsident Assad, die USA und Europa hingegen verurteilen den Diktator für die Gewalttaten an seinem eigenen Volk. Eine politische Strategie, die nur Deutschland entwerfen würde, wäre damit eine weitere unter vielen und völlig sinnlos. Was zählt ist, dass die beteiligten Nationen eine gemeinsame Lösung finden. An dieser arbeiten die Länder im Moment gemeinschaftlich.

Waffen alleine können den Konflikt nicht lösen

Dass eine Militäraktion allein nicht zur Vernichtung des Islamischen Staats führt, ist offensichtlich. Der IS lebt von seiner Ideologie, die hauptsächlich durch Propaganda im Internet verbreitet wird und Kämpfer aus aller Welt anzieht. Sie bildet das Rückgrat der Terrormiliz. Zusätzlich stehen arabische Staaten wie die Türkei und Saudi-Arabien im Verdacht, den IS finanziell und mit Waffen zu unterstützen. Hier muss die westliche Welt in Zukunft wesentlich mehr Druck ausüben und zur Not auch mit Sanktionen drohen. Mit dem beschlossenen Militäreinsatz hat die deutsche Regierung eine wichtige Kehrtwende im Syrien-Konflikt eingeleitet.

Beitragsbilder: flickr.com/Neuwieser/Metropolico.org/PAN Photo

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