Envio-Sanierung länger als geplant

Fast alle Materialien auf dem Dortmunder Betriebsgelände von Envio sind mit PCB verschmutzt. Das ergaben die Proben der Firma Taberg. Zwei Hallen sind bis einen Zentimeter tief in den Beton mit dem krebserregenden Stoff belastet. Im Moment läuft der Abbau eines möglicherweise sturmgefährdeten Lagerzeltes. Schicksal des Lagerzeltes und der Hallen wurde jetzt in einem Fachgespräch diskutiert. Die Experten sind sicher: Die Sanierung wird teurer und langwieriger als geplant.

Dr. Michael Kurtenacker von Taberg Ingenieure und Regierungspräsident Dr. Gerd Bollermann Foto: Andreas Bäumer

Dr. Michael Kurtenacker von Taberg Ingenieure und Regierungspräsident Dr. Gerd Bollermann (v.l.) Foto: Andreas Bäumer

900 Proben

Mitte September begann die Firma Taberg Ingenieure GmbH auf dem Firmengelände der Firma Envio Recycling GmbH Proben zu nehmen und ein Konzept zur Sanierung des Geländes und der Bausubstanz zu erstellen. Grund für den externen Firmeneinsatz: Envio hatte der Anordnung der Bezirksregierung, die Probenahme und Sanierung selbst vorzunehmen, nur unzureichend nachgekommen. Auf dem gesamten Gelände nahm Taberg 900 Proben.

Solche Gebinde musste die Firma Taberg auf feinste PCB-Spuren untersuchen. Foto: Taberg Ingenieure GmbH

Solche Gebinde musste die Firma Taberg auf feinste PCB-Spuren untersuchen. Foto: Taberg Ingenieure GmbH

Festgestellt wurde, dass fast alle Materialien auf dem Betriebsgelände mit PCB belastet waren, selbst der Teppich im Eingangsbereich des Bürogebäudes. Zwei Hallen, in denen Envio-Mitarbeiter offen mit PCB hantierten, waren bis ein Zentimeter tief in den Beton belastet. Die Probenahmen widersprachen teilweise den Angaben von Envio. „Das heißt also, wir sind belogen worden“, folgerte Regierungspräsident Bollermann auf der Pressekonferenz nach dem Fachgespräch.

Wie mit einem sturen Kind

Was die Sanierung des Firmengeländes angeht, muss die Bezirksregierung Arnsberg mit der Firma Envio Recycling GmbH umgehen, wie mit einem sturen Kind. Da die PCB-Belastungswerte in der Umgebung nicht mehr von denen in anderen industriellen Gebieten zu unterscheiden sind, ist keine Gefahr im Verzug. Somit gibt es auch keine amtliche Handhabe für ein hartes Vorgehen bei der Aufnahme eines Material-Inventars und der Sanierung.
Joachim Schmied, Dezernent für Abfallwirtschaft erklärt das mit Verwaltungsbegriffen:
Zuerst die Anfrage: Envio wurde gebeten, ein Verzeichnis der PCB-belasteten Materialien zu erstellen. Envio kam dem nicht nach.
Dann die Anordnung: Envio wurde dazu verpflichtet, das Verzeichnis zu erstellen.
Envio lieferte das unvollständige und teilweise unrichtiges Inventar. Auf der Grundlage dieser Daten und von Wischproben des Landesumweltamtes musste eine Abschätzung der Kosten für die Sanierung erstellt werden.
Zuletzt die Ersatzvornahme: Das Kindermädchen Taberg Ingenieure und die Putzfrau Firma Heitkamp Umwelttechnik GmbH müssen hinter Envio herräumen und putzen. Das wird teurer als geplant, weil der Grad der Verunreinigung höher ist als gedacht.

Aufräumen und Reinigung dauern mindestens ein halbes Jahr

Wertvolles Material oder Sondermüll: Maschinen bei Envio. Foto: Taberg Ingenieure GmbH

Wertvolles Material oder Sondermüll: Maschinen bei Envio. Foto: Taberg Ingenieure GmbH

Bis Ende Dezember will Heitkamp mit der Sanierung eines Lagerzeltes fertig sein. Hier sah die Bezirksregierung ein mögliches Gefahrenpotential durch Stürme, die das Zelt abdecken und den PCB-Staub verbreiten könnten. Schon diese Sanierung ist sehr kompliziert: Wie bei der Inventarisierung muss mit Vollschutzanzug gearbeitet werden. Fast alle Materialien müssen gereinigt, verpackt und zur Müllverbrennung gebracht werden. Übrig bleibt Material, dass der Insolvenzverwalter von Envio noch als veräußerbar erachtet. Das soll in einer Halle von Envio gelagert werden und muss aus dem Zelt durch einen eigens dafür errichteten Gang dorthin transportiert werden.

Die Sanierung der Hallen ist noch komplizierter: Beim Fachgespräch war man sich einig, dass zuvor noch mehr Proben genommen werden müssen. Sie sollen bei der Entscheidung helfen, ob die Wände der Hallen gefräst werden können oder ob die gesamten Hallen abgerissen werden müssen. Außerdem sollen für das Gesamtkonzept Bodenproben genommen werden. „Rein technisch wird die Sanierung noch ein halbes bis ein ganzes Jahr in Anspruch nehmen“, sagte Michael Kurtenacker von der Firma Taberg auf der Pressekonferenz nach dem Fachgespräch.

Gericht muss über Belastungsgrenzen entscheiden
Insgesamt werden sich die Umbauten wohl noch länger hinziehen. Die Bezirksregierung sieht gerichtliche Streitigkeit voraus. Unter anderem wird es darum gehen, welche Belastung an PCB auf den Materialien noch erlaubt sind. Davon hängt ab, was als Sondermüll entsorgt werden muss und was Envio noch verwerten darf. Außerdem wird die Reinigung teurer, wenn von einem niedrigeren PCB-Wert ausgegangen wird. Dies kann dann wohl dem Insolvenzverwalter von Envio nicht recht sein.

1 Comment

  • Zophopas sagt:

    Es ist schrecklich, was der Mensch sich selber antut. Alles voller Gift, Kunststoffe, die nicht nur ewig unsere Umwelt physisch verschmutzen, sondern auch jahrzehntelang Gift abgeben. Atromkraftwerke, die nicht nur an sich ein Risiko darstellen, sondern auch radioaktiven Müll produzieren, der auf ewig auf der Erde verbleiben wird. fossile Brennstoffe, die bei der Verbrennung nicht nur eine CO2 Belastung darstellen und somit zum Klimawandel beitragen, sondern auch unsere Meere und Küsten auf unbestimmte Zeit verpesten. Und was macht der Mensch? Augen zu und nix gesehn. Ist doch eh alles in Ordnung, wir haben alles im Griff!

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