Black Friday: Kaufen, um zu kaufen

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Überfüllte Shopping-Center, massenweise reduzierte Ware und Kunden, die sich gegenseitig nichts gönnen: In den USA wird traditionell am Freitag nach Thanksgiving das Weihnachtsgeschäft eröffnet. Mittlerweile hat das Konsum-Festival, genannt „Black Friday“, den Weg über den Atlantik nach Deutschland geschafft – wenn auch in abgespeckter Form. Eine Spurensuche in der Dortmunder Thier-Galerie.

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Die Thier-Galerie in der Dortmunder Innenstadt.

Es ist schon weit nach 20 Uhr, als das junge Pärchen vor einem Computerspiel-Shop in der Thier-Galerie Halt macht. Vorsichtig, fast verstohlen wirft der Mann einen Blick in den Laden. Seine Augen finden die Kartons mit PlayStation-Konsolen, die im Eingangsbereich aufgetürmt sind. Auf jedem einzelnen prangen auf orangefarbenen Etiketten drei Zahlen: zwei zwei zwei. 222 Euro für eine nagelneue PlayStation – ein echtes Schnäppchen. Das versucht er auch seiner Freundin klar zu machen. Die sieht das anders und lässt sich auch von einem schnellen Online-Preisvergleich auf dem Smartphone nicht überzeugen. Es wird also nichts mit der neuen PlayStation kurz vor Weihnachten.

Brückentag nach Thanksgiving

Vielleicht hätte der Mann bessere Karten gehabt, wenn es zwei Konsolen zum Preis von einer gegeben oder die Schilder sagenhafte Rabatte von über 80 Prozent versprochen hätten. So läuft der Konsum-Krieg am Black Friday nämlich in den Vereinigten Staaten von Amerika, dem Herkunftsland des Massen-Shoppings. Den Tag nach Thanksgiving, dem neben Weihnachten wichtigsten Feiertag in den USA, nutzen viele Amerikaner als Brückentag. Die Konsum-Industrie macht sich das seit Jahren zunutze und hat speziell für diesen Tag eine neue Eskalationsstufe des Rabatt-Wahnsinns eingeführt. Die Folge: Viele Leute campen schon im Morgengrauen vor ihrem Lieblings-Shop, um sich direkt bei Ladenöffnung die besten Schnäppchen zu sichern.

Erstmals tauchte der Begriff „Black Friday“ im Jahr 1966 im amerikanischen Sprachgebrauch auf. Woher der Name genau stammt, ist unklar. Eine Deutung besagt, dass die Menschenmengen in ihren schwarzen Wintermänteln vor den Einkaufszentren auf Außenstehende wie eine einzige riesige, schwarze Masse wirken. Ein anderer, wahrscheinlicherer Erklärungsansatz: Jene Einzelhändler, die im Rest des Jahres nur rote Zahlen schreiben, haben am Black Friday die Chance, endlich auch einmal schwarze in ihre Bilanz aufzunehmen.

Vor genau zehn Jahren hat das US-amerikanische Unternehmen Apple das Verkaufsevent nach Deutschland gebracht. In diesem Jahr dürfte der Handel wohl erstmals die Marke von einer Milliarde Euro Tagesumsatz geknackt haben. Doch auch wenn sich der Black Friday mittlerweile etabliert hat, ist das Phänomen hierzulande längst nicht so ausgeprägt wie in seinem Heimatland. Und manch einer hat nach selbst einem Jahrzehnt noch nicht einmal mitbekommen, dass es ihn überhaupt gibt. So auch Studentin Isabella. Eigentlich wollte sie an diesem Freitag nur über den Dortmunder Weihnachtsmarkt schlendern. „Wir haben die ganzen Rabatt-Schilder gesehen und haben uns schon gewundert, was das soll“, sagte sie. Etwas gekauft hat sie dann auch gleich, wenn sie schon einmal da war.

Gezielte Suche nach dem Günstigsten

Genau das ist die Masche des Black Friday: Die Menschen sollen kaufen, um zu kaufen. Und diese Psychologie funktioniert: Viele Händler rechnen am Black Friday mit einem Umsatzplus von bis zu 40 Prozent im Vergleich zu gewöhnlichen Freitagen. Das bestätigt auch Hakan Ay, der als Verkäufer bei dem Bekleidungsgeschäft Jack&Jones arbeitet. In der Filiale in der Thier-Galerie ist das gesamte Sortiment um 20 Prozent reduziert. Insgesamt müsse der Umsatz damit um etwa 40 Prozent höher liegen als an durchschnittlichen Freitagen. Das kann sich auch eine Mitarbeiterin des Informationsstandes in der Thier-Galerie gut vorstellen: „Es war deutlich voller als sonst.“

Dass viele Menschen am Black Friday planlos, ja, sogar wahllos kaufen, hat auch Melis Aktas beobachtet. Sie arbeitet in Dortmund für den Sound-Experten Bose. „Die Leute kommen in den Laden und fragen gezielt nach den günstigsten Produkten“, erklärt sie. Ob das dann die neuen Bluetooth-Kopfhörer seien oder die Heimkino-Anlage, sei erst einmal irrelevant – Hauptsache reduziert.

Gehirn im Blackout-Modus

Nicht immer geht dieser Plan jedoch auf. Viele Einzelhändler nutzen den Shopping-Wahn der Kunden, der teilweise einem Blackout des Gehirns gleicht, geschickt aus. Das hat auch die Verbraucherzentrale NRW in den vergangenen Jahren stichprobenartig belegt. Versprochene Preisreduzierungen von bis zu 50 Prozent lagen an solchen Rabatttagen demnach real bei unter 20 Prozent.

Wirklich beeindrucken lässt sich davon aber niemand, schon gar nicht die Amerikaner. Über 10 Milliarden US-Dollar Umsatz haben Händler in den USA im vergangenen Jahr allein am Freitag nach Thanksgiving gemacht. Dass das ein bisschen weniger ist als in den Vorjahren liegt vor allem daran, dass viele Geschäfte neuerdings bereits an Thanksgiving, also am Tag vor dem Black Friday, öffnen. Der Umsatz konzentriert sich so nicht nur noch auf den Freitag. Hinzu kommt die Reaktion des Online-Handels auf den stationären Shopping-Wahnsinn: der Cyber-Monday. Für diejenigen, die das Shopping-Event des Jahres im realen Leben verpasst haben – oder sich den Trubel in den Innenstädten einfach nur nicht antun wollten.

Beitragsbild: flickr.com/Vanderelbe.de unter Verwendung der Creative Commons Lizenz.

Artikelbild: Christian Woop.

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