Wissenswert: Von Psychopathie und anderen Persönlichkeitsstörungen

Die neuaufgelegte BBC-Krimiserie „Sherlock“, mit Schauspieler Benedict Cumberbatch als Sherlock Holmes, hat gute Kritiken bekommen und viele Fans warten ungeduldig auf die vierte Staffel. Am Pfingstwochenende hat das Warten ein Ende: Dann stahlt die ARD die neuen Folgen aus, in denen der Detektiv aus London mysteriöse Fälle löst. Die Produzenten der Serie machten die Figur Sherlock zu einem „hochfunktionalen Soziopathen“. Doch sind Soziopathen nicht eigentlich Mörder und Verbrecher? Und was hat es mit dem Begriff „hochfunktional“ auf sich?

Bezeichnungen wie Soziopath und Psychopath werden im alltäglichen Sprachgebrauch oft verwendet, ohne das Wissen, was sich eigentlich hinter diesen Begriffen versteckt. Im Psychologischen Handbuch finden sich Soziopathen als auch Psychopathen unter dem Begriff der „antisozialen Persönlichkeiten“ wieder. Trotzdem ist es wichtig, beide Persönlichkeiten zu trennen. Sie teilen zwar einige Eigenschaften, doch die Ursache für die psychische Störung ist eine vollkommen andere. 

Soziopathen können Wut besonders schlecht unterdrücken. Foto: pixabay.com/de/users/Alexas_Fotos-686414/ mit CC-Lizenz

Soziopathen, so wie der Detektiv in „Sherlock“, sind impulsiv und können ihre Gefühle schwer kontrollieren. Sie haben besonders mit Angst- und Wutausbrüchen zu kämpfen. Das führt zu einem impulsiven und manchmal aggressiven Verhalten, das von vielen Menschen als rücksichtslos und unverantwortlich angesehen wird. Soziopathen haben wenige Freunde, meist keinen festen Job und keine feste Beziehung. In diesem Punkt weicht der Sherlock von dem allgemeinen Bild ab, denn er lebt nicht am Rande der Gesellschaft. Das drückt der Begriff „hochfunktional“ aus. Dieser Ausdruck spielt auch auf seinen hohen Intellekt an und auf die Tatsache, dass er mehr oder weniger gut in die Gesellschaft integriert ist.

Die wohl auffälligste Eigenschaft von Soziopathen ist das teilweise vollständige Fehlen von Schuldgefühlen, Reue und Scham. Auch ein übersteigertes Selbstbewusstsein ist typisch. Soziopathen stellen oft Besitzansprüche an Personen oder Gegenstände und sind von ihrer totalen Autorität überzeugt. Mit Kritik können sie meist gar nicht umgehen. Der Grund für die Entwicklung dieser Persönlichkeitsstörung ist kaum bekannt. Manche Neurowissenschaftler vermuten, dass eine genetische Veranlagung eine Rolle spielen könnte. Zusätzlich haben Soziopathen wahrscheinlich nie gelernt, ihre Gefühle zu kontrollieren. 

Meister des Charmes

Im Gegensatz zu den Soziopathen, die ihre Gefühle nicht kontrollieren können, sind Psychopathen eher gefühllos und kalt. Sie sind allerdings Meister darin, andere Menschen mit ihrem Charme um den kleinen Finger zu wickeln. Obwohl sie keine tiefen Bindungen mit anderen Menschen eingehen, können sie dies perfekt vortäuschen. Sie haben ein ausgeprägtes Gespür dafür, wie Mitmenschen manipuliert werden können. Ihr übersteigertes Selbstwertgefühl hilft ihnen dabei. Sie treten so selbstbewusst auf, dass sie selbst als Experten erscheinen, wenn sie sich in einem unbekannten Gebiet bewegen. 

Psychopathen sind ruhig und rational Foto: pixabay.com/de/users/markusspiske-670330/ mit CC- Lizenz

Sie können unglaubliche Lügen erzählen und doch scheint es so, als würden sie die Wahrheit sagen. Psychopathen sind also manipulativ, denken rational und haben ein großes Ego. Eigenschaften, die sie sehr gesellschaftstauglich machen. Da ist es nicht überraschend, dass viele Psychopathen in den Chefsesseln großer Unternehmen sitzen und in das alltägliche Leben gut eingegliedert sind. Umso schwerer ist es deshalb, sie zu erkennen.

In den 1980er Jahren hat der kanadische Kriminalpsychologe Robert Hare eine Checkliste mit den 20 wichtigsten Verhaltensweisen von Psychopathen zusammengetragen. Daraus entwickelte er den PCL-Test, mit dem man sich selbst und andere auf Psychopathie testen kann. Der Test garantiert aber keine eindeutige Diagnose, dafür ist ein professioneller Psychologe notwendig.

Weniger Raum für Angst

Psychopathie ist eine Entwicklungsstörung mit starkem genetischen Ursprung. Die Psychologin Abigail Marsh von der Universität Georgetown hat sich im Zuge einer Studie über Altruisten – also Menschen, die besonders uneigennützig und selbstlos handeln – auch mit dem Gehirn von Psychopathen beschäftigt und den Grund gefunden, warum sich diese Menschen so gefühlskalt verhalten. Demnach ist der Bereich im Gehirn, der für das Empfinden von Angst zuständig ist, bei Psychopathen kleiner und viel inaktiver als bei anderen Menschen. Das führt einerseits dazu, dass sie Angst nicht spüren können, andererseits können sie diese Emotionen bei ihren Mitmenschen auch nicht erkennen. Besonders die Angst vor den Folgen ihrer Taten fehlt. Das macht sie sehr viel risikobereiter als den Durchschnittsmenschen. 

Sowohl Sozio- als auch Psychopathen haben Schwierigkeiten, sich an gesetzliche und gesellschaftliche Normen zu halten. Sie stellen sich oft einfach über Gesetze. Das bedeutet allerdings nicht, dass jeder Mensch mit dieser Persönlichkeitsstörung ein Mörder oder Verbrecher wird. 

Die vierte Staffel Sherlock

Die Schauspieler Benedict Cumberbatch und Martin Freeman vor Sherlock Holmes Apartment Foto: flickr.com/photos/136807076@N07/ mit CC-Lizenz

In den neuen Folgen kommt Sherlock Holmes (Benedict Cumberbatch) wieder nach England und stellt sich dieses Mal gleich zwei Schurken: Jim Moriarity und Culverton Smith. Außerdem fragen sich alle, wie es mit seinem Partner John Watson (Martin Freeman) weiter geht, nachdem dieser eine Auftragskillern geheiratet hat und mit ihr ein gemeinsames Kind hat. 

4. Juni 2017, ARD, 21:45 Uhr: The Six Thatchers
5. Juni 2017, ARD, 21:45 Uhr: The Lying Detective
11. Juni 2017, ARD, 21:45 Uhr: The Final Problem

 

Beitragsbild: flickr.com/AlanStrakey lizenziert nach Creative Commons

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