Das Ruhrgebiet: Ein wahrer Krimi

Klaus Erfmeyer ist hauptberuflich Rechtsanwalt, nebenbei schreibt er Romane. Sein mittlerweile sechster Kriminalroman „Irrliebe“ um den Dortmunder Rechtsanwalt Stephan Knobel feierte, wie fast alle Bücher der Reihe, bei einer Lesung Buchpremiere in der Stadt- und Landesbibliothek in Dortmund.

In Klaus Erfmeyers neuem Roman "Irrliebe" stirbt eine Frau, nachdem sie eine Chiffre-Anzeige aufgegeben hat. "Ich versuche immer, dass es ganz anders ausgeht, als es aussieht", sagt Erfmeyer über seine Geschichten. Foto: Tanja Denker

"Ich versuche immer, dass es ganz anders ausgeht, als es aussieht", sagt Erfmeyer über seine Geschichten. Foto: Tanja Denker

„Jeder hat doch irgendwann schon mal eine Geschichte geschrieben“, sagt Klaus Erfmeyer im pflichtlektüre-Interview kurz vor seiner Lesung zu „Irrliebe“ in der Stadt- und Landesbibliothek. Der gebürtige Dortmunder hat selbst schon immer gerne geschrieben, während seiner Schulzeit in Dortmund, während seines Jura-Studiums an der Ruhr-Universität in Bochum, heute als Fachanwalt für Familien- und Verwaltungsrecht in Essen. Anwalt und Autor – in beiden Berufen ist er selbstständig, beide machen ihm Spaß. „In beiden Berufen geht es um Geschichten. Als Anwalt sind die Geschichten vorgegeben, als Autor erfindest du eigene“, sagt Erfmeyer. Er lässt jedem Bereich seine Zeit: Bis 18 Uhr ist er Anwalt, in seiner Freizeit Autor. Außerdem unterrichtet er seit 2005 an seiner ehemaligen Universität Verwaltungsrecht und er malt – Ausstellungen sind geplant.

Klaus Erfmeyer beginnt seine Lesung locker und humorvoll und erklärt vorweg die Gemeinsamkeiten zwischen ihm und seinem Protagonisten, die einem sofort ins Auge springen: Ja, Stephan Knobel hat viel von ihm und entspricht seinem Naturell, beide haben beispielsweise eine distanzierte Haltung zu ihrem Berufszweig – aber seine Romanfigur ist eigenständig zu sehen und nicht eins zu eins Klaus Erfmeyer. Für die Charaktere in seinen Büchern mischt er oft Menschentypen, denen er im Kanzleialltag begegnet ist. Die Geschichten sind aber frei erfunden. Sein Leben und seine Bücher scheinen auch unbeabsichtigt miteinander verwoben zu sein, wie Erfmeyer seinen Zuhörern erläutert: „Marie sieht zufällig genauso aus wie meine Frau – die kannte ich aber noch gar nicht, als ich das erste Buch geschrieben habe. Die Wirklichkeit hat die Fantasie eingeholt.“

„Die Wirklichkeit hat die Fantasie eingeholt“

Wenn Klaus Erfmeyer seine Romane schreibt, arbeitet er manchmal nächtelang durch. Seine Arbeit als Rechtsanwalt pausiert er hierfür nie. Foto: Simone Hainz/pixelio.de

Wenn Klaus Erfmeyer seine Romane schreibt, arbeitet er manchmal nächtelang durch. Seine Arbeit als Rechtsanwalt pausiert er hierfür nie. Foto: Simone Hainz/pixelio.de

Marie Schwarz ist die Freundin von Stephan Knobel. Sie ist zehn Jahre jünger als er, hat Germanistik studiert und gerade ihr Referendariat angefangen. In „Irrliebe“ steht Maries frühere Schulfreundin Franziska Bellgardt im Mittelpunkt. Erfmeyer schildert detailliert ihre schwierige unausgeglichene Freundschaft und Franziskas Charakter, der genauso schwierig und unausgeglichen ist. Nach neun Jahren ohne Kontakt bittet Franziska Marie auf einem Klassentreffen ihr einen letzten Gefallen zu tun: Wie früher schon einmal möchte sie eine Chiffre-Anzeige aufgeben, um die Liebe ihres Lebens zu finden. Da ihr derzeitiger Freund Daniel davon nichts wissen darf, werden die Antworten auf die Anzeige zu Marie geschickt. Sie soll ihr „Briefkasten“ sein.

Der erste Fall von Stephan und Marie war gleichzeitig auch Erfmeyers erstes veröffentlichtes Buch. Nachdem er 2005 zum ersten Mal ernsthaft eine Geschichte zu Ende geschrieben hatte, kopierte er sein Manuskript zwanzigmal und schickte es an Verlage, die er vorher auf den Umschlägen von verschiedenen Büchern in einem Buchladen gefunden hatte. Als er in einer Statistik des Spiegel gelesen hatte, dass die großen deutschen Verlage pro Tag 17 ungefragte Manuskripte bekommen, klemmte er von nun an immer zwischen Seite 20 und 21 seiner Kopien ein Haar – war es noch darin, wenn er sie zurückgeschickt bekam, hatte es niemand gelesen. Doch lange warten musste Klaus Erfmeyer nicht: Der Gmeiner Verlag veröffentlichte bald seinen Debütroman „Karrieresprung“. Seitdem hat er jedes Jahr ein Buch geschrieben. Er braucht zwei bis drei Monate, bis die Idee da ist, dann schreibt er innerhalb von fünf Wochen den Roman fertig – per Hand. „Das ist ein sinnliches, gefühltes Schreiben, wenn man fühlt, wie das Papier durchgedrückt wird.“

War eine Chiffre-Anzeige der Todesgrund?

In gedruckter Form hält er nun den Roman in seinen Händen. Der Autor liest ruhig vor, mit einer angenehmen Stimme: Ein paar Wochen, nachdem ihre Chiffre-Anzeige aufgegeben wurde, ist Franziska tot. Sie ist von einem Zug erfasst und mitgeschleift worden. Marie und Stephan sind geschockt. Eine ungeöffnete Nachricht an sie liegt noch bei Marie und so gehen sie dorthin, wo Franziska ihre Chiffre-Anzeige aufgegeben hat. Sie wollen lesen, welchen Text sie hinterlassen hat. Unter Franziskas Auftragsnummer 0829 finden sie eine ungewöhnlich poetische Anzeige: „Wenn ich mich hingebe, dann dem einen, der mich fesselt.“

Klaus Erfmeyer hat auch schon seinen nächsten Krimi, den siebten der Knobel-Reihe, fertig geschrieben. Der Roman dreht sich um Thyssen Krupp und wird im Februar erscheinen. Foto: Tanja Denker

Klaus Erfmeyer hat auch schon seinen nächsten Krimi fertig geschrieben. Der Roman dreht sich um ThyssenKrupp und wird im Februar erscheinen. Foto: Tanja Denker

Klaus Erfmeyers Heimat ist das Ruhrgebiet. Er selbst hat nie woanders gelebt, wohnt schon immer in Dortmund, studierte in Bochum, arbeitet in Essen. Und auch seine Romane spielen immer hier, an realen Orten. „Irrliebe“ spielt einmal kurz auch in Paris. Das passt, denn nach Erfmeyer sind die Begleitthemen in seinem neuen Roman „Einsamkeit, Liebessehnsucht, Liebesblindheit und sich in jemandem zu täuschen.“

Kurz vor dem Ende der Lesung herrscht eine gespannte Stille in der Stadt- und Landesbibliothek. Tage nach Franziskas Tod ist noch eine letzte Antwort auf ihre Chiffre-Anzeige eingegangen. Darin wendet sich ein Mann an 0829 „in einer Vermisstensache“ und kündigt an, die Polizei zu rufen, wenn er keine Antwort erhält. Maries und Stephans Ermittlungen beginnen hier. Klaus Erfmeyer beendet an diesem Punkt seine Lesung. Die Zuhörer in Dortmund applaudieren und drängen sich kurz darauf um den Tisch am Ende des Raumes, an dem „Irrliebe“ zum Verkauf angeboten wird.

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