Batmans Joker – zwischen Recht und Rache

Im Film "The Dark Knight" will der Joker die Welt rächen. An seinen Tatorten lässt er Spielkarten zurück. Foto: https://www.flickr.com/photos/cutenessareej

Im Film „The Dark Knight“ will der Joker die Welt rächen. An seinen Tatorten lässt er Spielkarten zurück. Foto: Photography Areej / flickr.com/photos/cutenessareej

„The Dark Knight“ hat weltweit Millionen Fans gewonnen. Und das nicht ohne Grund. Tolle Schauspielleistung, spannende Handlung und ausgefallene Special Effects haben dem Film mehr als 100 Preise eingebracht, darunter zwei Oscars. Ein Grund für den Filmerfolg ist auch die Dramaturgie – Rache und Recht haben dabei eine zentrale Bedeutung. Was aber ist Rache überhaupt und welche Rolle spielt sie in dem Film?

 „Komm her, komm her. Ich will, dass du´s tust, los, komm her!…“ Der Joker feuert immer mehr Kugeln in Batmans Richtung. „Gib’s mir! Gib´s mir! GIB´s mir!“ Er spricht halb zu sich selbst und doch sind die Worte an Batman gerichtet.

Die beiden haben sich zuvor eine Verfolgungsjagd geliefert. Aber nur wenigen Sekunden vor einem Crash weicht Batman dem Joker aus, lässt sich von dessen Provokation doch nicht beeinflussen.

Das Wechselspiel zwischen Gut und Böse zieht sich durch den ganzen Film – selbst in den Charakteren der einzelnen Figuren. „Die klare Abgrenzung von guten und bösen Charakteren ist in dem Film nicht immer möglich”, sagt Ulrich Sachsse. Der Psychologe beschäftigt sich in seiner Forschung mit posttraumatischen Störungen, widmet sich dabei auch dem Phänomen der Rache und hat im Kino des Dortmunder U einen Vortrag zu dem Thema gehalten.

 Jokers Drang nach Rache

„Die Welt ist chaotisch und widersprüchlich, es gibt keine Gerechtigkeit, nur Zufall”, das wäre Jokers Definition von der Welt laut Sachsse. Was könnte dem Joker passiert sein, dass er dermaßen das Böse personifiziert? Der Grund dafür bleibt der Fantasie freigelassen, weil der Zuschauer Jokers Vorgeschichte eigentlich gar nicht kennt.

Mal erzählt der Kriminelle, dass sein Vater ihn entstellt habe, mal sagt er, er habe sich selbst verletzt. Eines ist für den Psychologen sicher: „Der Joker muss in seiner Vergangenheit sehr schlecht behandelt worden sein und dieses Unrecht kann er nicht hinter sich lassen.“ Das heißt, er steht an einem Punkt seines Lebens, an dem er nicht weiter kommt, so Sachsse.

Gründe für das Trauma

„Im realen Leben entsteht Rache meistens dann, wenn jemandem Unrecht wiederfahren ist und er das Gefühl hat, vom Rechtsstaat im Stich gelassen worden zu sein“, erklärt der Psychologe. Dann bestehe die Gefahr, dass der Betroffene das Recht in die eigenen Hände nimmt und das ihm widerfahrene Unrecht, durch erneutes Unrecht ausgleichen will.

Genau das macht der Joker im Film – er will sich rächen. Im realen Leben können sich diese Gefühle erst mal durch Rachefantasien äußern. „Die Fantasien alleine sind noch nichts Schlimmes“, erklärt Sachsse. „Sie können sogar hilfreich bei einer Therapie sein.“ Denn anhand der Fantasien können Experten oft den Grund für das Trauma finden.

Vergeltung als Befreiungsgefühl

Falls es aber zu Taten kommt, kann Rache laut Sachsse nie etwas Positives hervorrufen. „Meistens ist die Vergeltungstat schlimmer als die Tat, die gerächt werden soll“, erklärt er. Dazu komme, dass Rache schwer dosierbar und gefährlich für die Gesellschaft sei – das werde im Film sehr deutlich. Allein für den Rächer selbst gebe Vergeltung ein Befreiungsgefühl.

Der Joker richtet also seine Wut nach außen, um sich selbst mächtig zu fühlen. Er will sich an der Welt rächen. „Ich kriege jeden kaputt“, ist laut Ulrich Sachsse sein Spiel, sein Motto. Und das gelingt dem Joker bei allen Figuren im Film – zumindest fast.

Joker in Therapie?

Denn Batman erweist sich als große Herausforderung für Jokers Racheplan. Das wiederum motiviert den Kriminellen umso mehr. Seine Handlungen werden ganz von Rache bestimmt. Er setzt alles daran, Batman kaputt zu kriegen.

 Wäre ein Charakter wie der Joker im realen Leben behandelbar? „Nach meiner festen Überzeugung können keine Medikamente oder Therapien dem Joker helfen“, sagt Psychologe Sachsse. Der Joker sei ein „gekränkter Mensch, ein Psychopath, der in Psychiatrie weggesperrt werden würde.“ Der Kriminelle ist aber nicht der Einzige, der laut Sachsee psychologische Hilfe bräuchte, auch Bruce Wayne alias Batman könnte eine Therapie nicht schaden.

Batman macht sich seine Angst zum Symbol: Fledermäuse Foto: Jared Kelly/flickr.com/photos/jarkel

Batman macht sich seine Angst zum Symbol: Fledermäuse. Foto: Jared Kelly/flickr.com/photos/jarkel

Die Rolle Batmans

 Als kleines Kind wurde Bruce Zeuge am Mord seiner Eltern. Er lebt zwar weiter, aber war nicht mehr lebendig. Für eine gewisse Zeit verlor Bruce seinen Weg und wollte sich für Verlust rächen, er fühlt sich für ihren Tod verantwortlich.

Daher stammt sein Motiv für Recht und Ordnung und damit fängt sein Doppelleben an. Bruce wird „der verlängerte Arm des Gesetzes“, sagt Sachsse. Aber wie im Film selber auch deutlich gemacht wird, ist Batman „kein Held“, sondern „ein dunkler Ritter“. Ein Ritter, der das Gute schützt, aber gleichzeitig ein dunkles Trauma aus seiner Kindheit in sich trägt.

Um mit seiner Vergangenheit umgehen zu können, bräuchte Batman eine Therapie. Und im Unterschied zum Joker bezeichnet Sachsse Batman als „eher therapierbar“.

„Insgesamt ein kluger Film, der die Zuschauer nachdenklich macht“, meint Psychologe Sachsse. Er sieht einige Ähnlichkeiten zwischen der Geschichte des Films und einem Märchen. Denn die Hauptfiguren Batman und Joker seien nicht realistisch, ihre Charaktere und Geschichten wie bei Märchenfiguren frei erfunden. Durch Randfiguren der Politiker und Polizisten werden aber Parallelen zu der Realität gezogen. Und letztlich vermittelt der Film, ähnlich wie ein Märchen, auch eine Botschaft: und zwar, wie schmal die Gratwanderung zwischen Recht und Rache sein kann.

 

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