Faszination Bobsport: „Ich bin ein Speedtyp“

Mit rund 130 Stundenkilometern rasen die Bobs durch den Eiskanal

Mit rund 130 Stundenkilometern rasen die Bobs durch den Eiskanal.

Nur zwei Stunden von Dortmund entfernt haben sich Anfang März in Winterberg die besten Bobsportler der Welt gemessen. Zu denen will auch irgendwann Pablo Nolte gehören. Ein Portrait über den Nachwuchspiloten und seine Leidenschaft für den Bobsport.  

Pablo Nolte war vorgewarnt. Die erste Fahrt in einem Bob sei heftig, sagten die anderen. Und doch war es noch heftiger als erwartet: „Die schlimmste Achterbahn reicht nicht aus, um das zu beschreiben.  Dieses Gefühl ist mit nichts zu vergleichen.“ Trotzdem hatte er sofort Lust, noch einmal zu fahren. Drei Jahre und über 1000 Bobfahrten später ist der Bobsport fester Bestandteil seines Lebens. 

Für den Bobsport muss Pablo auch im Sommer trainieren. Foto: Privat

Für den Bobsport muss Pablo auch im Sommer trainieren. Foto: Privat

Bevor er zum ersten Mal den Eiskanal herunter raste, war Pablo Leichtathlet. Der Schwerter feierte Erfolge im Diskuswerfen, war sogar im Bundeskader. Seine Perspektiven, die Weltspitze zu erreichen, waren wegen seiner Größe dennoch gering. Dann sprach ihn ein Pilot aus Winterberg an, ob er Interesse hätte, sich als Anschieber auszuprobieren. „Es hat direkt gut geklappt. Also bin ich einfach dabei geblieben“, erzählt Pablo. Mal eben von einem Hochleistungssport in den nächsten zu wechseln, klingt einfach, wenn er es erzählt. 

Der Reiz, selbst die Lenkseile in der Hand zu halten

Pablos Weg in den Bobsport ist typisch. Fast alle Anschieber werden in der Leichtathletik rekrutiert. Die nötige Kombination aus Schnelligkeit und Kraft besitzen nur wenige. Nach dem Start ist die Aufgabe der Anschieber erfüllt, dann müssen sie ganz auf die Fahrkünste des Piloten vertrauen.  Sie sind „Fleisch“, das den Bob schwer macht, müssen aushalten, dass sie durchgeschüttelt werden und der Rücken schmerzt. Es klingt nicht angenehm, doch Pablo nahm diese Gegebenheiten einfach hin. Bis es ihn irgendwann reizte, selbst zu fahren und die Kontrolle über die Lenkseile zu übernehmen. Als Pilot hat er seitdem über 250 Fahrten gemacht.

Die Bobbahn in Winterberg ist Pablos Heimbahn. Foto: Mia Küsters

Die Bobbahn in Winterberg ist Pablos Heimbahn. Foto: Mia Küsters

Das Erlernen der neuen Aufgabe hat seinen Preis: Ungefähr 15 Mal ist sein Bob gestürzt. Mit 130 Stundenkilometern durch einen Eiskanal rasen ist eben nicht ungefährlich. „Im Prinzip kann viel passieren“, weiß Pablo. Schlimmeres als eine Gehirnerschütterung oder ein Schleudertrauma ist seinem Team aber noch nie passiert. Der Adrenalinkick ist ihm dieses Risiko wert. „Ich bin ein Speedtyp!“, erklärt er lachend. 

Ständig unterwegs

14 Nächte war Pablo im letzten Winter zuhause. Während der Saison zwischen Oktober und Februar sind die Teams ständig unterwegs. Auf das Training unter der Woche folgen die Renntage am Wochenende. Danach geht es sofort zum nächsten Standort. „Privatleben, was ist das?“, fragt der 22-Jährige lachend und schulterzuckend zugleich. Mit dieser Art des Alltags hat er sich abgefunden. Seine Zeit teilt er zwischen dem Leistungssport und seinem Sportstudium an der Ruhr-Uni in Bochum auf. 

Pablo Nolte (r.) und Bennet Buchmüller sind den gleichen Weg gegangen: Vom Anschieber zum Piloten. Foto: Privat

Pablo Nolte (r.) und Bennet Buchmüller sind den gleichen Weg gegangen: Vom Anschieber zum Piloten. Foto: Privat

Pablo ist ehrgeizig, die Weltspitze ist sein klares Ziel. Der Wunsch erfolgreich zu sein, scheint ihn anzutreiben. Dazu braucht es mehr als nur hartes Training. Auf anstrengende Partys verzichtet Pablo während der Saison: „Als Pilot kann ich jede Gehirnzelle brauchen.“ Der Student beschwert sich nicht, dass er bei ausufernden Partys seiner Kommilitonen nicht dabei sein kann, für ihn ist das Normalität. Schließlich trage er auch die Verantwortung für die Anschieber auf seinem Schlitten.

Die lästige Esserei

Auf Essen sollte er dagegen selten verzichten. Mehr Gewicht im Bob bedeutet auch eine höhere Geschwindigkeit. Mit seinen 1,83 Metern muss Pablo daher über 90 Kilo wiegen. Sichtbar wird das erst auf den zweiten Blick, wenn sich die Muskeln unter seiner Sportjacke abzeichnen. Ein Mindestgewicht? Was für andere traumhaft klingen mag, ist für Pablo meist lästig, denn in der Kälte verbrennt sein Körper die Kalorien noch schneller als sonst. „Die riesigen Berge Essen sind manchmal eine Qual“, erzählt er. 

Das ganz große Geld winkt im Bobsport nicht. Von seine Stipendium der deutschen Sporthilfe und Sponsorenverträgen kann Pablo zwar momentan ein komfortables Studentenleben führen, seine Motivation liegt woanders: „Bobfahren ist eine Sucht!“

Teaser- und Beitragsbild: thdoubleu / flickr.com

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