Klopps Abschied nur der erste Schritt

Jürgen Klopp hat die BVB-Verantwortlichen darum gebeten, seinen Vertrag zum Saisonende aufzulösen. (Quelle: flickr.com, Tim Reckmann)

Jürgen Klopp hört zum Saisonende als Trainer von Borussia Dortmund auf. Damit gesteht er sich ein, dass er die Mannschaft nicht mehr so erreicht, wie es noch in der letzten Saison der Fall war. Zu einem erfolgreichen Umbruch ist aber mehr als nur ein neuer Trainer nötig. Ein Kommentar.

Damit hatten zu diesem Zeitpunkt wohl wenige Fußball-Fans gerechnet: Nachdem Jürgen Klopp in den letzten Wochen noch stets betont hatte, den BVB trotz einer grausamen Saison weiterhin trainieren zu wollen, wird er Borussia Dortmund nun zum Saisonende verlassen. Das sorgt erst mal für einen Schock. Klopp trifft aber die richtige Entscheidung. Auch wenn der BVB so vorerst das Gesicht verliert, das den Verein seit 2008 geprägt hat. Denn wenn der Verein in Zukunft wieder erfolgreichere Zeiten erleben will, muss er sich zur kommenden Saison neu erfinden. Mit einem neuen Trainer und einer erneuerten Mannschaft.

Auf Twitter reagierten zahlreiche Nutzer auf die bevorstehende Trennung:

#dankekloppo – Verein, Fans und Spieler zeigten sich dankbar gegenüber Jürgen Klopp. Natürlich wegen der großen Erfolge 2011 und 2012, an denen er großen Anteil hatte.

Ratlosigkeit und keine klare Handschrift

Vom Glanz der letzten Jahre ist aber wenig übrig geblieben. Wer in dieser Saison die Spiele des BVB und Jürgen Klopps Äußerungen danach verfolgt hat, musste feststellen: Irgendwie ist es nicht mehr so, wie es früher war. Die Mannschaft spielte unkonzentriert und vom überfallartigen Angriffsfußball, der den BVB in den letzten Jahren so erfolgreich gemacht hatte, war nichts mehr zu sehen. Nach den Spielen schien Trainer Jürgen Klopp oft nicht wirklich zu wissen, woran es lag. Meist schob er die Schuld auf die individuellen Fehler einzelner Spieler. Damit ist es aber nicht getan, denn dem Spiel der Borussia fehlte etwas anderes, etwas viel wichtigeres: eine klare Handschrift des Trainers.

Nach dem Abgang von Robert Lewandowski war auch Klopp klar, dass er an seinem System etwas ändern muss. In der Sommervorbereitung sah es zunächst so aus, als würde er nun auf ein 4-4-2-System mit Aubameyang und Immobile in der Sturmspitze setzen. Doch schon zu Saisonbeginn stellte Klopp wieder auf ein 4-2-3-1 um. Im weiteren Verlauf der Spielzeit fand Klopp nie eine Stammformation für sein Team. Der einzige Lichtblick war das Spiel gegen den Revier-Rivalen aus Gelsenkirchen, bei dem der BVB wirklich begeisterte und zur Form der vorigen Saisons zurückfand. Doch nach dem 0:0 beim Hamburger SV war das Team  schnell wieder im alten Trott – und Klopp ein ratloser Trainer.

Watzke und Zorc stellen Freundschaft zurück

Jürgen Klopp bei der Meisterfeier 2011. (Quelle: flickr.com / moellerh)

Jürgen Klopp bei der Meisterfeier 2011, nachdem der BVB überraschend den Titel geholt hatte. (Quelle: flickr.com, moellerh)

Die Entscheidung, nun einen Wechsel auf der Trainerposition einzuleiten, wird nicht nur Jürgen Klopp selbst schwer gefallen sein. Auch Michael Zorc und Hans-Joachim Watzke wirkten auf der Pressekonferenz berührt. Schließlich haben sie den BVB zusammen mit Klopp aus der Erfolglosigkeit geführt. Trotzdem war es von Zorc und Watzke vollkommen richtig, die freundschaftlichen Gefühle zu Klopp zurückzustellen und einer Trennung zuzustimmen. Nach zwei Meistertiteln, einem Pokalsieg und dem Einzug ins Champions League-Finale ist Klopp sowieso längst zur BVB-Legende geworden.

Mit dem Trainerwechsel ist es aber nicht getan, denn den Kader müssen die Verantwortlichen ebenfalls erneuern. Alleine schon deshalb, weil es die Borussia wohl nicht in einen internationalen Wettbewerb schaffen wird. Spieler wie Adrian Ramos, Henrikh Mkhitaryan oder Ciro Immobile, die sich in Dortmund offensichtlich nicht wohl fühlen und nicht zu ihrer Form finden, sollte der BVB abgeben. Auf der anderen Seite sollte der Verein versuchen, Identifikationsfiguren wie Mats Hummels und Ilkay Gündogan so wie Marco Reus langfristig an den Verein zu binden.

Fokus auf die Jugendarbeit

Außerdem müssen die BVB-Verantwortlichen dringend das Gesamt-Konzept des Vereins überdenken. Die ehrgeizigen Bemühungen, sich dem FC Bayern anzunähern, haben den Fokus weg von der Jugendarbeit und hin zu teuren Transfers gelenkt. Dabei war die Integration von jungen Talenten genau das, was den BVB in Jürgen Klopps ersten Jahren so erfolgreich gemacht hat. Dahin muss der Verein in Zukunft wieder finden.

Thomas Tuchel war bis Sommer 2014 Trainer bei Mainz 05. Jetzt wird er als Nachfolger von Jürgen Klopp gehandelt. (Quelle: flickr.com / FC Eschborn)

Thomas Tuchel war bis Sommer 2014 Trainer bei Mainz 05. Jetzt wird er als Nachfolger von Jürgen Klopp gehandelt. (Quelle: flickr.com, FC Eschborn)

Schließlich ist das letzte große Talent, das es aus der eigenen Jugend in den Profikader geschafft hat, Mario Götze – der bekanntermaßen zum FC Bayern München wechselte. Bei den ganz großen Transfers kann der BVB finanziell sowieso nicht mithalten. Die Summen, mit denen Real Madrid, Manchester City, FC Barcelona oder Bayern München hantieren, kann und sollte Borussia Dortmund nicht für einen Spieler ausgeben.

Bitter ist, dass gerade der Rivale aus Gelsenkirchen in der jüngeren Vergangenheit vorgemacht hat, wie erfolgreiche Jugendarbeit funktionieren kann. Immer wieder stoßen dort vielversprechende Talente in den Profikader, die sich meist auch dauerhaft etablieren können – zum Beispiel Leroy Sané, Kaan Ayhan oder Max Meyer. In der U19 des BVB gibt es aktuell allerdings keinen Spieler, der sich wirklich für den Profikader empfehlen konnte. Das nächste Talent, das in Dortmund in den Startlöchern steht, ist deshalb Felix Passlack. Der junge Mann ist aber erst 16.

Um den notwendigen Umbruch zur nächsten Saison erfolgreich gestalten zu können, braucht es nun erst einmal einen geeigneten Nachfolger für Jürgen Klopp. Er muss ein Händchen dafür haben, aus Talenten ausgezeichnete Bundesliga-Spieler zu formen. Heiß gehandelter Kandidat ist Thomas Tuchel, der im Sommer 2014 ein Sabbatjahr eingelegt hat. Im Sommer 2015 wäre er also verfügbar für Borussia Dortmund. Zuvor hat Tuchel in verschiedenen Jugendakademien und auch in der Bundesliga bei Mainz 05 gezeigt, dass er mit jungen Spielern umgehen kann. Ihm könnte es gelingen, mit dem BVB einen Umbruch zu vollziehen und eine neue Ära einzuleiten.

 

Beitragsbild: flickr.com, Tim Reckmann

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