Numerus Clausus: Du kommst hier nicht rein!

Das Abiturzeugnis als Freischein für das Studium an der Hochschule? – Weit gefehlt. Denn manchmal scheitert der Traum vom Wunschstudium an zwei Buchstaben: NC. Der lateinische Begriff Numerus Clausus kann sich für angehende Studenten als unüberwindbare Hürde erweisen. Vielen Hochschulen ist die Zugangsbeschränkung aber ein probates Mittel, um dem wachsenden Studentenansturm zu jedem neuen Semester Herr zu werden. Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) hat nun herausgefunden, dass knapp die Hälfte aller Studiengänge in Deutschland mit einem Numerus Clausus versehen ist. Doch wer entscheidet, welche Studienfächer zulassungsbeschränkt sind?

Anders als für die von der Stiftung für Hochschulzulassung zentral vergebenen Studienplätze in Medizin, Tier- und Zahnmedizin sowie Pharmazie, kann jede Hochschule grundsätzlich selbst bestimmen, welche ihrer Studienfächer einen Numerus Clausus erhalten sollen. Ausschlaggebendes Kriterium ist die zu erwartende Nachfrage der Abiturienten. Je größer diese ist, desto eher gelangen die Hochschulen an ihre Belastungsgrenze. Jens Wylkop, Pressereferent an der Ruhr-Uni Bochum, erläutert das Aufnahmevermögen wie folgt: „Die Anzahl der Studienplätze hängt von der Anzahl des Lehrpersonals ab. Aus der Betreuungsrelation setzt sich die maximal mögliche Kapazität der Studienplätze zusammen.“ Ist diese ausgeschöpft, kann die Universität oder Fachhochschule keine weiteren neuen Studenten aufnehmen, zumal zusätzliche Lehrstellen für wissenschaftliche Mitarbeiter den Studentenandrang nur bedingt ausgleichen können.

NC ein halbes Jahr vorher beantragen

Bei der Bewertung der Nachfrage stützt sich die Hochschule meist auf Erfahrungswerte der vorangegangenen Semester. Rechnet die Universität bei einem bestimmten Studiengang mit mehr Bewerbern als Plätze vorhanden sind, so kann sie eine örtliche Zulassungsbeschränkung für dieses Studienfach beantragen. „Die Einführung des NCs ist ein sehr ineinander greifender Prozess zwischen Fakultät, Rektorat und Ministerium“, sagt Beate Kostka, Leiterin der Pressestelle an der Uni Duisburg-Essen. Bis Mitte Januar hat die Universität Zeit, für das folgende Wintersemester einen entsprechenden Antrag zu stellen. Bevor der sogenannte Orts-NC Ende Juni in Kraft tritt, muss das zuständige Ministerium des Bundeslandes den Antrag der Hochschule genehmigen. In NRW ist das Wissenschaftsministerium dafür verantwortlich. „Durch die Festsetzung von Aufnahmekapazitäten werden die Studiengänge vor Überlastung geschützt und gleichzeitig die notwendige Ausbildungsqualität an den Hochschulen aufrechterhalten“, rechtfertigt die stellvertretende Pressesprecherin des Ministeriums Christiane Dusch die Einführung ortsabhängiger NCs.

Fast jeder zweite Studiengang zulassungsbeschränkt

Der Numerus Clausus ist in der deutschen Hochschullandschaft weit verbreitet. Der aktuellen Studie des CHE ist zu entnehmen, dass rund 46 Prozent aller Studiengänge an Fachhochschulen und Universitäten zulassungsbeschränkt sind. In NRW liegt die sogenannte NC-Quote sogar etwas über dem bundesweiten Durchschnitt: Der Anteil der zulassungsbeschränkten Studienfächer am gesamten Studienangebot der NRW-Hochschulen beträgt 47 Prozent. Spitzenreiter sind laut CHE-Studie die Universitäten und Fachhochschulen der Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. Dort sind nur etwa 30 Prozent der Master- und Bachelorstudiengänge zulassungsfrei. Die Untersuchung stützt sich dabei auf Daten des Hochschulkompasses, das alle Bachelor- und Masterstudiengänge in Deutschland erfasst. 

Fast 60 Prozent der Fächer aus dem Bereich Rechts-, Wirtschafts-, Sozialwissenschaften haben einen NC (Abbildung: Lucas Gries; Quelle CHE)

Fast 60 Prozent der Fächer aus dem Bereich Rechts-, Wirtschafts-, Sozialwissenschaften haben einen NC (Abbildung: Lucas Gries; Quelle CHE)

Allerdings berücksichtigt die CHE-Studie lediglich die vier wichtigsten Fächergruppen Ingenieurwissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften, Sprach- und Kulturwissenschaften sowie Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Besonders die letztgenannte Kategorie ist von Zulassungshürden betroffen. Deutschlandweit müssen Abiturienten, die ein Studium in Wirtschaftswissenschaften aufnehmen wollen, in 54 Prozent der Fälle erst das NC-Verfahren überstehen.

Oft führt der Weg zur Zulassung über einen NC. (Foto: Lucas Gries; Teaser: knipseline / pixelio)

Oft führt der Weg zur Zulassung über einen NC. (Foto: Lucas Gries; Teaser: knipseline / pixelio)

Die Studie sagt aber nichts darüber aus, wie hoch die Zulassungshürden an den einzelnen Hochschulen sind. Über die Höhe des NCs entscheiden nicht die Universitäten, er setzt sich vielmehr aus dem Zusammenspiel aus Angebot und Nachfrage zusammen und variiert deshalb von Semester zu Semester. Bewerber, die zum letzten Wintersemester ein BWL-Studium aufnehmen wollten, mussten dafür an der Ruhr-Uni Bochum einen Abiturnotendurchschnitt von 1,6 oder zehn Wartesemester vorweisen. In Dortmund reichte dazu ein Schnitt von 2,6 auf dem Abiturzeugnis (zwei Wartesemester) und an der Uni Duisburg-Essen konnten sich Bewerber mit einem 1,7-Abiturschnitt (sechs Wartesemester) einschreiben.

Großes Angebot an NC-freien Studiengängen in NRW

Als Konsequenz aus ihrer Erhebung raten die CHE-Autoren den angehenden Studenten, bei der Studienwahl vor allem auf Bundesländer mit weniger Zulassungsbeschränkung zu setzen. Beispielsweise sind in Thüringen nur 26 Prozent der untersuchten Studienfächer mit einem NC belegt. Dort ist das Angebot an zulassungsfreien Studiengängen vermeintlich höher als im restlichen Teil Deutschlands. Pauschalisieren lässt sich diese Aussage jedoch nicht. Denn das Arbeitspapier der CHE geht nur auf Prozentangaben ein. In absoluten Zahlen sieht die Situation etwas anders aus: Dem Hochschulkompass zufolge bieten die 56 NRW-Hochschulen insgesamt über 2040 Bachelor-und Masterstudiengänge an. Zieht man davon die NC-Studienfächer ab, bleiben immer noch rund 1080 Studiengänge zur Auswahl – und damit weitaus mehr als die 327 Fächer, die sich auf die zehn Hochschulen Thüringens verteilen.

TU, RUB, UDE: Zulassungsfreie Studiengänge überwiegen

Nach Recherchen der Pflichtlektüre liegen die NC-Quoten der Universitäten des Ruhrgebiets etwas unter dem NRW-Durchschnitt. Die TU Dortmund bietet zurzeit 159 Studiengänge an. 36 davon sind zulassungsbeschränkt. Während an der Ruhr-Uni Bochum von den 180 Bachelor- und Masterstudiengängen rund 60 Fächer einen Numerus Clausus vorweisen, sind in Duisburg-Essen 96 der derzeit 162 Studiengänge zulassungsfrei: darunter Mathematik, Angewandte Informatik oder Wirtschaftspädagogik.
Im Zuge des doppelten Abiturjahrgangs in NRW hatten einige Universitäten zusätzliche Zulassungsbeschränkungen eingeführt. Der erwartete Ansturm blieb allerdings größtenteils aus. Wie Pressesprecherin Beate Kostka bestätigt, wird die Uni Duisburg-Essen deshalb zum kommenden Wintersemester den Numerus Clausus für einige Studiengänge wieder aufheben. Darunter zählen unter anderem die Bachelorstudiengänge Philosophie und Wirtschaftsingenieurwesen.

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