Kommentar: Mamma Mia, was soll diese Mammut-WM?

„Wir müssen die WM ins 21. Jahrhundert, in die Zukunft bringen“, sagte FIFA-Präsident Gianni Infantino. Er hat es also geschafft, seinen Wunsch durchgesetzt: Ab 2026 wird die Fußball-WM mit 48 anstatt wie bisher mit 32 Mannschaften stattfinden. In der FIFA demonstriert man Einigkeit bei der Entscheidung, die deutsche Fußball-Prominenz reagiert mit Kritik und die Fans an der Basis schütteln nur den Kopf. Und das völlig zu Recht!

Auch wenn Barney Stinson bei „How I Met Your Mother“ mit seinem Motto „Neu ist immer besser“ in vielen Situationen Recht haben mag; auf die XXL-WM trifft es definitiv nicht zu. Die WM in ihrer bisherigen Form war doch ein geiles Ding. Die besten 32 Mannschaften der Welt versammelten sich zusammen mit Millionen Fans und feierten vier Wochen ein Fußballfest der aller ersten Güte. Tolle Stimmung, tolle Teams und vor allem toller Fußball.

Qualität statt Quantität

Das ist ab 2026 alles vorbei. Schon bei der EM 2016 in Frankreich, die mit 24 anstatt zuvor 16 Teams gespielt wurde, sank die fußballerische Qualität und die allgemeine Attraktivität, vor allem der Gruppenspiele. Geboten wurden historische Fußballspektakel wie der hochklassige 1:0-Sieg von Albanien gegen Rumänien. Zukünftig dürfen wir uns dann wohl so packende Duelle wie zwischen Burkina Faso und Usbekistan reinziehen. (Diese beiden Teams könnten – wie der „kicker“ vorrechnete – nach aktueller Weltrangliste sogar potentielle Teilnehmer sein). Wahrlich eine Mumpitz-Idee, denn bei solchen Turnieren sollte Qualität und nicht Quantität zählen.

FIFA-Chef Gianni Infantino hat seinen Wunsch der XXL-WM durchgesetzt. Bild: flickr.com/Piotr Drabik mit CC-Lizenz

Ein absurder Modus

Zu Spielen zwischen Nationen, in denen Fußball so viel Bedeutung hat wie in Deutschland die Meisterschaft im Skibob, kommt ein Modus, der an Absurdität kaum noch zu überbieten ist. Gähnende Langeweile ist vorprogrammiert, wenn in 16 Dreiergruppen darum gespielt wird, wer als einziges ausscheidet. Eigentlich ist es ja optimal für die Fußballverrückten: noch mehr WM-Spiele, die man sich geben kann – 80 statt 64 Partien – und dann gibt es durch das neue Sechzehntelfinale auch noch mehr K.O-Spiele. Ist ja der Wahnsinn.

Aber schon nach dem ersten Gruppenspiel könnte die erste Entscheidung gefallen sein, künstliche Spannung in den folgenden Spielen durch die Abschaffung des Unentschiedens erzeugt werden. Viel Spaß bleibt dem Fan nicht mehr; vielleicht nur die Aussicht, sich dann an den bestimmt eintretenden Sensationen zu erfreuen, wenn ein Underdog, wie Island bei der EM 2016, mit sympathisch stimmungsvollen Fans einen Favoriten wie England aus dem Turnier kegelt.

Die Fans gehen von Bord

Letztendlich bleibt aus Sicht des gemeinen Fußballfans die Erkenntnis, dass sich Basis und Fußball-Obrigkeit immer weiter auseinander bewegen. Oder besser gesagt: Die dubiosen Möchtegern-Fußballkenner, die oft selbst nicht einmal Profi waren, steuern mit ihrem von Korruption und Skandalen befleckten FIFA-Dampfer immer weiter weg vom Festland. Die einfachen Passagiere gehen reihenweise von Bord. Sie schwimmen zurück an Land und gucken lieber jetzt schon nach günstigen Urlaubsangeboten für Orte, an denen man 2026 am besten gar nichts von diesen Spielen der Langeweile mitbekommt. So schön dieser Wunsch, so traurig die Tatsache, dass trotzdem Millionen Menschen auch diese absurde WM verfolgen werden und damit den FIFA-Kommerz weiter unterstützen.

Teaserbild: flickr.com/mw238 unter Verwendung der CreativeCommons-Lizenz

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