Silber bei Olympia für Studenten

Foto: adh/Ralf Bockelmann

Stefan Wallat studiert Informatik an der TU Dortmund. Sportlich ist Rudern die größte Leidenschaft des 28-Jährigen. Sein Hobby betreibt er durchaus erfolgreich, der Duisburger gewann neben den Ruderweltmeisterschaften 2014 bei der Universiade 2013 Gold. Jetzt hat er bei den aktuellen Wettkämpfen in Korea die Silbermedaille im leichten Vierer geholt. Im Interview mit pflichtlektüre erzählt er, wie er Studium und Leistungssport vereint, sich auf Wettkämpfe vorbereitet und Gegner vor dem Rennen analysiert.

pflichtlektüre: Hallo Stefan, zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zum zweiten Platz bei der Universiade. Ihr habt im leichten Vierer die Silbermedaille gewonnen. Was bedeutet denn Leichtgewichtsrudern überhaupt?

Stefan Wallat: Dankeschön. Der Unterschied zwischen dem Leichtgewichtsrudern und dem Rudern in der offenen Klasse ist eigentlich nur die Gewichtsbegrenzung. Beim Rudern in der leichten Klasse darf die Mannschaft im Schnitt nur 70 Kilogramm auf die Waage bringen. Zwei Stunden vor dem Rennen werden also alle Mannschaften gewogen. In der offenen Klasse ist es egal, mit welchem Gewicht man antritt.

Das ist die Universiade
Die Universiade findet im zweijährlichen Rhythmus im Sommer und im Winter statt. Teilnahmeberechtigt sind ausschließlich Studierende. Mit aktuell knapp 13.000 Teilnehmenden aus mehr als 170 Nationen bei den Sommerspielen und mit mehr als 3500 Beteiligten aus rund 50 Ländern im Winter sind es die größten Multisportveranstaltungen nach den Olympischen Spielen. Vom 3. bis zum 14. Juli messen sich die besten studentischen Spitzensportler in diesem Jahr im südkoreanischen Gwangju. Erst einmal war eine deutsche Stadt Ausrichter einer Sommer-Universiade – Duisburg im Jahr 1989.

Kannst du kurz das Rennen beschreiben? Wie habt ihr euch Edelmetall gesichert?

Da muss ich mit den Vorbereitungen anfangen: Nach den Vorläufen haben wir unser Rennen, das der Japaner und das der anderen Gegner anhand der Zeiten analysiert. Wir haben dabei recht schnell festgestellt, dass die Japaner auf den zweiten 1000 Metern ein ordentliches Feuerwerk abgebrannt haben. Darauf wollten wir uns im Rennen dann einstellen, indem wir auf den ersten 1000 Metern Druck machen und uns so weit wie möglich von den Japanern wegschieben. Das hat leider nur bedingt geklappt, sodass wir bei der Hälfte ungefähr einen halben Luftkasten Vorsprung hatten, was etwas weniger als einer Sekunde entspricht. Dann haben wir es einfach nicht mehr geschafft im Endspurt dagegen zu halten.

Silbermedaille für Deutschland: Stefan Wallat (2. v.l.) und sein Team. Fotos: adh/Ralf Bockelmann

Silbermedaille für Deutschland: Stefan Wallat (2. v.l.) und sein Team. Fotos: adh/Ralf Bockelmann

Die Gegner werden also schon bei euch vor den Rennen ganz genau beobachtet …

Naja ­­– n­ormalerweise ist es nur bedingt möglich die Gegner anhand von Vorlaufzeiten einzuschätzen, weil sich die Mannschaften dabei oft noch zurückhalten, um Kräfte zu sparen. Nur dieses Mal war das etwas anders. Weil für den Finaltag die Ankunft eines Taifunausläufers angesagt war und man beschloss, im Falle einer Absage der Wettkampfrennen die Medaillen nach den Zeiten in den Vorläufen zu vergeben, ist jede Mannschaft schon bei den Vorlaufrennen an die Leistungsgrenze gegangen. Deshalb konnte man die Gegner schon sehr gut einschätzen.

Hattet ihr in den letzten Jahren einen Dauerkonkurrenten um die ersten Plätze, auf den ihr ganz besonders aufpassen musstet?

Die Italiener sind in der Leichtgewichtsklasse nie zu unterschätzen. Sie haben in den Bootsklassen der Leichtgewichtsachter und dem Leichtgewichtsdoppelvierer in den letzten Jahren die meisten Weltmeistertitel gewonnen.

Du bist aber auch schon sehr erfolgreich gewesen. Weltmeister im vergangenen Jahr und 2013, bei deiner ersten Teilnahme, Gold bei der Universiade. Welche Ziele hast du noch für deine sportliche Laufbahn?

Wie für fast jeden Sportler ist für mich die Teilnahme an den Olympischen Spielen im nächsten Jahr in Rio das große Ziel. Außerdem haben wir im September in Frankreich noch den Weltmeistertitel im Leichtgewichtsachter zu verteidigen. Deshalb werde ich direkt nach der Universiade ins Trainingslager reisen.

Wie läuft denn ein Tag im Trainingslager ab?

Morgens um sieben Uhr die erste längere Einheit über 90 Minuten bis zwei Stunden zusammen Rudern. Danach wird gefrühstückt. Darauf folgt dann, meistens gegen elf Uhr, Krafttraining und nochmal eine kurze Rudereinheit. Dann heißt es Mittagessen mit anschließendem Mittagsschlaf. Um 16 Uhr gibt es dann eine längere Einheit Rudern im Achter oder im Vierer.

Du hast die Mahlzeiten schon angesprochen. Musst du wegen der Gewichtsbegrenzung besonders auf die Ernährung achten?

Was das Gewicht betrifft, fällt das im Trainingslager nicht so schwer. Man sollte sein Essen zwar genau planen, aber bei den hohen Trainingsumfängen schafft man es immer sein Gewicht passend einzustellen.

Vorbereitungen auf die Universiade. Foto: adh/Ralf Bockelmann

Vorbereitungen auf die Universiade.

Die Einstimmung auf die Kollegen und Teamwork spielen beim Rudern ja eine große Rolle. Wie gut klappt das bei euch? Deine „Mitruderer“ kommen ja von überall her, von Universitäten aus Bochum, Berlin und Hamburg. Wie oft sieht man sich denn dann?

Auch das unterscheidet uns von den Ruderern der offenen Gewichtsklasse. Während der Deutschlandachter jeden Tag die Möglichkeit hat zusammen in Dortmund zu trainieren, trainiert bei uns jeder an dem Stützpunkt seiner Stadt. Jeder rudert sich seinen eigenen Stil über den Winter an, wenn man sich nicht so oft sieht. Um eine Mannschaft zu formen, die dann ihren eigenen Stil hat, benötigt man also die Trainingslager. Sonst sehen wir uns nur bei den Wettkämpfen.

Du studierst an der TU Informatik im ersten Semester, nachdem du vorher Maschinenbau studiert hast. Wie gelingt es dir, Studium und Leistungssport unter einen Hut zu packen?

Einmal ist Disziplin sehr wichtig. Man muss seine Zeit, die man jeden Tag zur Verfügung hat, sehr effektiv nutzen. Mit zwei Trainingseinheiten am Tag, dazwischen Studium und Klausurphasen ist das natürlich anstrengend. Wenn man das im Voraus nicht gut durchplant, stimmen irgendwann die Leistungen im Studium nicht mehr oder man muss im Sport kürzer treten. Disziplin und Zielstrebigkeit sind sehr wichtig.

Zurück zu deiner sportlichen Laufbahn: Wie wichtig ist und war die Universiade für dich?

Sicherlich ist und war die Universiade sehr wichtig. Bei internationalen Wettkämpfen kann man immer Erfahrungen sammeln, die man sonst nicht erfährt. Vor allem bei der Universiade, weil dort nicht nur der sportliche Wettkampf im Vordergrund steht. Auch der Austausch mit Sportlern aus anderen Ländern findet dort viel leichter statt, als beispielsweise bei Weltmeisterschaften. Die Stimmung ist viel entspannter, das Kennenlernen anderer Kulturen hat einen viel höheren Stellenwert. Das geht bei anderen Spitzensportveranstaltungen sicherlich unter.

Ich denke mal, dass die Klausurphase in diesem Semester mit wenigen Prüfungen mit mir stattfinden wird.

Und wie groß ist die Aufmerksamkeit für diesen Wettbewerb deiner Meinung nach?

Ich finde es schade, dass die Universiade in den deutschen Medien fast gar nicht vertreten ist. Zwar überträgt Eurosport Teile der Wettkämpfe, aber da könnte sicherlich noch deutlich mehr passieren. In anderen Sportarten, zum Beispiel Badminton, waren in den vergangenen Jahren die ersten Plätze der Weltrangliste am Start und auch in anderen Sportarten ist die Konkurrenz sehr stark. Wir hatten auch Weltmeister und Olympiasieger, die beim Rudern gestartet sind.

Hat die Universiade in anderen Ländern einen höheren Stellenwert als in Deutschland?

So wie ich das mitbekommen habe, scheint es so zu sein.

Du hast eben das Wort „Olympia“ schon in den Mund genommen. Möchtest du den Sport darüber hinaus auch zu deinem Beruf machen?

Genau das möchte ich eigentlich nicht. Ich halte es aber schon für möglich, den Sport neben dem Studium oder neben dem Beruf weitermachen zu können. Klar braucht man für sein Studium etwas länger, aber es ist schon möglich, beides zu vereinbaren.

Ok – es soll später also ein ganz „normaler“ Job werden. Aber wieso Informatik an der TU?

Die TU Dortmund passt einfach vom Ort her sehr gut, weil ich somit leicht mein Studium mit dem Training verbinden kann. Die Informatik hat mich schon während meines vorherigen Studiums in Maschinenbau sehr interessiert.

Wie sieht denn der Plan für die nächsten Tage aus? Wann bist du wieder in Deutschland und wie bestreitest du in deiner kurzen Zeit in Dortmund die Klausurphase?

Zurück in Deutschland bin ich wieder ab dem 14. Juli. Allerdings geht es dann ein paar Tage später in das Trainingslager zur Weltmeisterschaft, die ja Anfang September startet. Ich denke mal, dass die Klausurphase in diesem Semester mit wenigen Prüfungen mit mir stattfinden wird.

Stefan, vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast. Und viel Erfolg bei den nächsten Wettkämpfen.

Beitragsbild: adh/Ralf Bockelmann

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert