Wissenswert: Im Weihnachtskaufrausch

Foto: flickr.com/Karen Roe, Rafael Robles L, Lars Kasper, NASA Goddard Photo and Video; Montage: Marc Patzwald, Teaserfoto: flickr.com/poniblog

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Da steht er wieder, der riesige Weihnachtsbaum auf dem Dortmunder Hansaplatz. Drum herum: Unzählige kleine Lädchen und Buden, bunte Dekostände und ein Duft von Zimt und Zuckerwatte in der Luft. Und dazu: Jede Menge Leute, die kaufen, kaufen und nochmals kaufen. Eine Tasse Glühwein in der Almhütte und auch die gebrannten Mandeln dazu dürfen nicht fehlen. Und nachdem man sich endlich entschieden hat, welche weihnachtliche Deko fürs Wohnzimmer zu Hause es denn sein soll, hat man schon den nächsten dampfenden Glühwein in der Hand. Während wir sonst den Cent drehen und wenden, geht das Geld zur Weihnachtszeit ohne zu Überlegen über die Ladentheke. Warum ist das so?

Wenn wir im Laden zur Geldbörse greifen, hat das vielfältige Gründe: Die Wirtschaftspsychologin spricht von unterschiedlichen Kaufmotiven, von denen wir uns leiten lassen. In den extensiven Kauftyp verfallen wir zum Beispiel, wenn wir uns etwas besonders Teures kaufen wollen, ein neues Auto etwa. Hier wird lange überlegt und verhandelt. Im habituellen Kauftyp hingegen befinden wir uns bei Gewohnheitskäufen: bei Zahnpasta oder Druckerpapier zum Beispiel. „In der Weihnachtszeit aber gibt es vor allem den impulsiven Kauftyp“, erklärt Dr. Vera Hagemann, Wirtschafts- und Konsumpsychologin der Universität Duisburg-Essen. Nach diesem Typ kaufen wir unbedacht und nach spontanen Bedürfnissen.

Keine Kontrolle mehr über den Kauf

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Kaufen: Auch darum dreht es sich zu Weihnachten. Dabei handelt es sich um Impulskäufe. Foto: flickr.com/ Christian Reschke

„Wenn ich mir auf dem Weihnachtsmarkt einen Glühwein kaufe, handelt es sich um ein günstiges Gut“, sagt die Wirtschaftspsychologin, „außerdem entsteht für mich als Konsument kein Risiko durch den Kauf.“Das alles treffe laut der Psychologin auf den impulsiven Kauftyp zu. Kaufentscheidungen haben auch immer etwas mit den kognitiven Fähigkeiten zu tun: „Wenn man auf den Weihnachtsmarkt geht, ist das meistens abends, nachdem man den ganzen Tag gearbeitet hat – man ist müde und abgespannt“, so Hagemann, „jetzt gibt es keine kognitive Kontrolle mehr über den Kauf.“ Man möchte sich nun nur noch etwas gönnen nach dem stressigen Tag – und schon sind Glühwein und die Tüte mit gebrannten Mandeln in der Hand.

Doch es geht nicht nur um die fünf Euro für Glühwein und Mandeln: 80, 4 Milliarden Euro – so viel werden die Deutschen insgesamt für die Weihnachtszeit in diesem Jahr ausgeben. Das rechnet zumindest das Statistikunternehmen Statista vor. Sollte die Prognose stimmen, kaufen die Deutschen noch mehr Geschenke und trinken mehr Glühwein als im vergangenen Jahr. Dabei geht es der Wirtschaft doch im Moment eher schlecht?

Weihnachtszeit ist Investitionszeit

Warum wir trotzdem die Geldbörse zücken, weiß Dr. Vera Hagemann: „Gerade in der Rezession, wenn die Zukunft unsicher ist, geben die Konsumenten ordentlich Geld aus. Denn auf dem Konto könnte sich das Geld entwerten – also holen es viele lieber von der Bank ab und investieren.“ Und das gelte für große als auch für kleine Anschaffungen. Egal ob teure Kette für die Freundin als Geschenk an Heiligabend oder Naschen von Leckereien auf dem Weihnachtsmarktbesuch – der Konsument ist überzeugt, dass sein Geld so besser aufgehoben ist.

Wenn wir vom Geschenke-Konto abbuchen

Das Geld vom Konto ist nun also abgehoben. Der Begriff der „Konten“ wird aber gerade jetzt erst wichtig: „Denn unbewusst führen wir mentale Konten“, erklärt Hagemann weiter. So haben wir zum Beispiel ein mentales Konto für Urlaub, eins für Freizeit und eins für Geschenke. „Letzteres haben wir das ganze Jahr kaum beansprucht und jetzt zur Weihnachtszeit buchen wir davon ab“, sagt die Wirtschaftspsychologin der Universität Duisburg-Essen.

Wisseneswert Weihnachtskonsum Dortmunder Weihnachtsmarkt

Hier ist jede Menge los: Auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt tummeln sich jedes Jahr mehrere Tausend Menschen. Foto: Thomas Winkler/ Lünen

Außerdem steckt auch noch die Idee des „Nestbauens“ dahinter: „Wenn die Zukunft turbulent und unsicher ist und es draußen auch noch dunkel und ungemütlich wird, neigen wir dazu, uns zu Hause ein gemütliches „Nest“ zu bauen“, ist sich Hagemann sicher. „Denn gerade in dieser Zeit will man es in der eigenen Wohnung bequem haben und sich zurückziehen können. Also schlagen die Konsumenten bei neuen Möbeln und Dekoartikeln in der Weihnachtszeit besonders zu“, sagt die Expertin für Konsumpsychologie.

Deswegen also die langen Schlangen vor den bunten Dekobuden auf dem Dortmunder Hansaplatz. Während die aber schon langsam schließen, weil es schon spät wird, ist in der Almhütte und an den anderen Glühweinbuden immer noch jede Menge los: Arbeitskollegen, Freunde und Familien treffen sich hier, um gemeinsam auf die Adventszeit anzustoßen. Denn ob impulsive Kaufentscheidungen oder Abbuchen vom mentalen Geschenkekonto – in der Weihnachtszeit geht es doch immer noch darum: gemütliches Beisammensein und anderen eine Freude bereiten.

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