Vom Hörsaal in die Werkstatt

Mitglieder des GET Tacing Teasms: Lucas Brause, Jannik Nahrgang, Philipp Sanders, Marvin Heierhoff. Foto: Lukas Wilhelm

Das Team „GET racing“ der TU Dortmund baut Rennwagen. Die Studierenden planen, konstruieren und schrauben die Wagen komplett in Eigenregie. Ihr Ziel: Sie wollen bei internationalen Wettbewerben mitmachen. Der Aufwand dafür ist groß, der Spaß aber auch.

Jannik und Philipp knien in Arbeitskleidung auf dem kalten Asphaltboden der Werkstatt hinter dem Physikgebäude der TU Dortmund. Die beiden Maschinenbau-Studenten halten Schraubenschlüssel in der Hand, sie arbeiten konzentriert an verschiedenen Wagenteilen. Ein einsitziger Rennwagen steht in der Mitte des Raumes. Die knallroten Metallstangen, die das Fahrgestell bilden, fallen sofort ins Auge. Der Wagen wird von zwei stabilen Stützen auf die Höhe von etwa einem Meter gehoben, je eine hinten und eine vorne.

Jannik Nahrgang und Philipp Sanders gehören zum Rennteam „GET Racing“ der TU Dortmund. Jedes Jahr baut das Team mit derzeit 37 Mitgliedern, davon 33 Männer und 4 Frauen, in der Freizeit an einem Rennwagen und nimmt mit diesem an internationalen Wettbewerben teil. Das Projekt gibt es seit 2005. Aktuell sind hauptsächlich Maschinenbaustudenten dabei. Aber auch die Studiengänge Elektrotechnik, Wirtschaftsingenieurwesen, Informatik und Wirtschaftswissenschaften sind vertreten.

Schrauben auf engstem Raum

Jannik und Philipp sind heute Nachmittag die ersten in der Werkstatt. Nach und nach kommen immer mehr junge Männer dazu. Es ist sehr eng, teilweise stehen sie sich gegenseitig im Weg. Die Werkstatt hat nur etwa die Größe einer Garage. Wagen und Werkbänke nehmen beinahe den kompletten Raum ein. „Wir hätten natürlich gerne eine größere Werkstatt, aber mit engem stapeln reicht der Platz“, sagt Jannik, einer von vier Teamleitern.

Es sind viele helfende Hände gefragt: Der Motor soll repariert werden. In unregelmäßigen Abständen wird der Wagen auf einem großen Parkplatz Probe gefahren. Bei einem dieser Tests ging die Ölpumpe im Motor kaputt. Sie muss nun ausgetauscht und neu eingebaut werden.

Hinter dem Projekt steckt ein großer Aufwand

Rundherum liegen verschiedene Werkzeuge, Bauteile des Wagens und Pläne für die Konstruktion. Die Arbeitsschritte teilen sich die Studierenden untereinander auf. Die Beteiligten bekommen weder Geld, noch können sie sich die Arbeit in ihrem Studiengang anrechnen lassen. Dadurch sind die jeweiligen Arbeitszeiten sehr unterschiedlich, wie Jannik erklärt: „Da wir hier alles freiwillig machen, können wir niemanden dazu zwingen, eine bestimmte Anzahl an Stunden zu arbeiten. Einige von uns verbringen geschätzt bis zu 30 Stunden in der Woche in der Werkstatt.“ Lucas Brause, ebenfalls Teamleiter und ebenfalls Maschinenbaustudent, sieht darin einen großen Vorteil: „Dadurch machen hier wenigstens nur die Leute mit, die auch wirklich Bock darauf haben.“ Wertvoll sei auch der Lerneffekt: „Wir sammeln wichtige Praxiserfahrungen, sowohl in der Planung und Konstruktion, als auch in der Teamarbeit und im Zeitmanagement“, sagt er.

Alle Studierenden der TU Dortmund können mitmachen: Vorkenntnisse brauchen sie nicht unbedingt. „Es gibt außerdem viele Aufgaben abseits der Konstruktion: die Website betreuen, Mails verschicken – für solche Dinge haben wir Maschinenbauer nicht immer das richtige Händchen“, erklärt Jannik.

[metaslider id=233568]

Er selbst ist Anfang 2014 zum Team gestoßen. „Zu Beginn hat mich hauptsächlich die Technik begeistert. Für technikaffine Leute hat so ein Projekt einfach eine unglaubliche Anziehungskraft. Aktuell versuche ich dabei zu helfen, das Team so gut wie möglich für die Zukunft aufzustellen und dabei auch neuen Leuten Wissen und Erfahrung mit an die Hand zu geben.“

In der Werkstatt ruft Jannik alle zusammen. Für die Reparatur müssen fünf Leute gleichzeitig den Motor aus dem Wagen heben. Hier ist Vorsicht geboten: Er darf auf keinen Fall noch mehr beschädigt werden. Der Motor ist das Herzstück des Wagens und nur schwer zu reparieren. 

Bei Wettbewerben sammeln sie praktische Erfahrungen

Die Studierenden nehmen jedes Jahr im Sommer an den Events der Formula Student teil. Bei diesen Wettbewerben messen sich studentische Rennteams aus aller Welt miteinander. Die Formula Student ist eine Wettbewerbsreihe. Die Dortmunder suchen sich jährlich zwei Events aus, bei denen sie dann im Sommer mitmachen. Voriges Jahr war die Gruppe beispielsweise in Ungarn und am Hockenheimring in Baden-Württemberg. Dabei geht es nicht einzig darum, wie schnell die Wagen sind. „Die Formula Student ist kein reiner Rennwettbewerb, sondern in erster Linie ein Konstruktionswettbewerb“, erklärt Philipp. Eine Jury testet zuerst Elemente wie Fahrwerk, Gestell, Design, Bremssystem und Abgastrakt. Anschließend wird gefahren, dabei wechseln sich die Teammitglieder am Steuer ab: Die Rennstrecken sind sehr kurvenreich und beinhalten enge Parcours, die den Wagen beanspruchen und prüfen sollen.

Die Studierenden aus Dortmund gehört allerdings nicht zur internationalen Spitzenklasse, sagt Jannik. „Das liegt daran, dass unser Team deutlich kleiner ist als das der erfolgreicheren Universitäten. Dazu gehören in Deutschland zum Beispiel München und Stuttgart.“ Ein weiterer Grund seien fehlende finanzielle Mittel: „Teams von größeren Unis haben häufig mehr Möglichkeiten und Fördermittel“, sagt er. Auch die Dortmunder versuchen, Sponsoren aus der Industrie zu gewinnen. Das ist nicht immer einfach, aber nur so lässt sich das Projekt finanzieren, erklärt Jannik. Zudem bieten die Unternehmen oft Praktika, Studierendenjobs oder praxisbezogene Bachelorarbeiten an.

Die Konkurrenz ist für uns nur Nebensache“

Seit fast zwei Jahren arbeitet „GET racing“ mittlerweile an dem Wagen. Das Geld reicht nicht aus, um jedes Jahr einen komplett neuen zu bauen. Mit dem aktuellen Modell hat die Gruppe bereits voriges Jahr an Wettbewerben teilgenommen. Nun wurde der Wagen weiterentwickelt.

Für Philipp ist die Konkurrenz und die Platzierung bei den Wettbewerben nebensächlich: „Es geht auch darum, eine schöne Zeit mit Gleichgesinnten zu verbringen“, sagt er, während er sich das Motorenöl von den Händen wäscht. Für ihn persönlich sei vor allem die Erfahrung wichtig, sich mit Leuten auszutauschen, die die gleichen Interessen haben, und neue Kontakte zu knüpfen.

Heute ist das Team wieder einen Schritt weitergekommen: Sie haben den Motor aus dem Wagen ausgebaut und die Ölpumpe herausgenommen. Diese muss nun ausgetauscht werden. Den Motor zu reparieren ist sehr zeitaufwändig. Daher verzögert sich die Planung um einige Wochen. Doch das Team ist sich sicher, dass sich der Wagen trotz des Rückschlags bis zu den Wettbewerben im „Ready-to-Race“-Zustand befindet. Dafür werden sie in den kommenden Wochen alles tun.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert