Folkwang im Rausch der Farben

Grünes Gesicht, blaue Haut, rote Wiese – das Museum Folkwang in Essen ist im Farbrausch. Die Ausstellung „Munch, Matisse und die Expressionisten“ zeigt Werke junger Wilder im Malerkittel, grobe Pinselführung und schreiende Farben.

 Foto: Museum Folkwang, 2012

Betrachtet man die Wiese isoliert vom Rest des Bildes, so bleiben nur Farbe und einzelne Formen. Foto: Museum Folkwang, 2012

Eine Orgie der Farbtöne im Museum: „Fauves“, die Wilden aus Frankreich, wie Kritiker die französischen Expressionisten nannten. 1905 treffen sich Henri Matisse und André Derain in einem französischen Fischerdorf. Sie malen Ansichten des Hafens, Blicke auf das Dorf in leuchtenden, ungemischten Farben und Pinselzügen. In Dresden gründet sich die Gruppe „Brücke“, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff und Max Pechstein. Sie kennen ihr Ufer, die akademische, bürgerliche Malerei. Und ihr Name sagt: Wir wissen nicht genau, wohin unsere Malerei geht, aber wir wollen weit weg von der bürgerlichen aristokratischen Kunst.

Wegbereiter der Modernen – Wohin geht die Kunst?

Der erste Raum der Ausstellung ist die Exposition: zarte Farben des Impressionismus und die akkurat gesetzten Tupfer des Pointillismus oder reine Farben und Pinselstriche? Die neue Künstlergruppe brauchte Orientierung, Inspiration. Im ersten Raum der Ausstellung werden alle Charaktere vorgestellt: Paul Cezanné mit dunklen und dichten Farben in kompakten Formen, Paul Signac mit seiner pointilistischen Malweise, Van Goghs übersteigerte Farben und bewegte Pinselführung – allesamt Wegbereiter der Modernen.

Erste Werke der Expressionisten sind zu sehen: Farben, die sich vom Originalton der Natur lösen, spontane Werke, die subjektive Empfindungen durch Farbe transportieren. Vincent Van Gogh war 1905 nur Insiderkreisen bekannt. Er profitierte von den Expressionisten, die seine Werke als Inspiration sahen und Van Goghs Ideen in ihre Kunstvorstellung aufnahmen.

Farbexplosion

1908 fanden die Wilden ihren eigenen Stil: Der Impressionismus vermittelt den Eindruck – die Expressionisten drücken ihre Empfindungen in einer bestimmten Situation aus. Baumstämme werden blau, ein Haus im Vordergrund pink, um es hervorzuheben. Farben werden überbetont, der triste Londoner Hafen im März wird knallrot, tausend dickaufgetragene Pinselstriche bilden den Sonnenuntergang, eine Allee sieht aus wie eine Vulkanexplosion, eine Explosion der Farbe.

Titel haben keine Bedeutung

Farbe und Form sind den Expressionisten wichtiger als der abgebildete Ort, die Situation. Titel haben keine Bedeutung, das subjektive Gefühl steht im Vordergrund. Keine präzise ausgearbeiteten Details lassen sich erkennen. Geht man näher ran, so ist das Haus, das man eben noch erkannte, nur noch eine Formation aus Pinselstrichen, das geformte Bein ein lila-rosa-gelb-rot-braunes Gemisch. Die Besucher sind verführt, sich jedes Detail, jeden einzelnen Strich in seiner Länge, Breite und Dicke anzusehen. Zu analysieren, ob er mit der Tube, dem Finger oder dem Pinsel aufgetragen ist – auch wenn sie nicht so nah an die Exponate dürfen. Und geht der Betrachter näher ran, findet er eine Form, aufgelöst in andere. Eine Mischung von Farben und Formen, Flecken und Striche.

Chaos, Durcheinander, Bewegung

Das ist der Expressionismus: Der Audruck des subjektiven Empfinden, keine Details im Bild, die einzeln für sich sprechen. Durcheinander, Chaos, Bewegung und ganz viel Farbe verspricht die Ausstellung. Bis zum 13. Januar 2013 werden 150 Werke und Skulpturen gezeigt, verteilt auf 10 thematisch gegliederte Räume.

Öffentliche Führungen sind donnerstags und freitags um 18 Uhr; samstags und sonntags um 10 und 15 Uhr. Der Eintritt kostet 7 Euro für Studenten, die Führung ist im Preis inbegriffen.

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