Drei Etagen mit Konferenzräumen, Büros mit mehreren Schreibtischen, Küchen, Toiletten. Kerstin studiert Wirtschaftswissenschaften in Dortmund, zum Arbeiten fährt sie nach Wuppertal in eine Anwaltskanzlei. Dort putzt sie.

Nicht alle Schreibtische sind aufgeräumt. Geputzt werden müssen sie trotzdem. Foto: Julia Neumann
Tacker und Stiftehalter hochheben, Staub wischen. Tastaturen säubern, Telefon ausstecken, wischen, Telefon einstecken. Drei Stunden macht Kerstin dort sauber, wo 10 Anwälte, 13 Sekretärinnen und 3 Azubis sonst an ihren Schreibtischen sitzen. 26 Schreibtische, drei Küchen und sechs Toiletten putzt sie. Bringt den Müll raus, füllt Seife und Papiertücher nach. Den Staubsauger schleppt sie Etage für Etage mit. Kerstin ist 25 Jahre, studiert im 11. Hochschulsemester Wirtschaftswissenschaften, zuvor hat sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Danach möchte sie in die Produktionsplanung gehen, sicherstellen, dass die Produktion läuft. Verantwortung statt körperliches Arbeiten – anders als das Saubermachen.
Leere Pappkartons und Siffiges
„Ich arbeite gerne hart, sodass ich auch sagen kann: Das habe ich geschafft“, sagt Kerstin. Früh hat sie angefangen zu arbeiten, „ich kenne es nicht anders“. Sie hat Werkzeuge verpackt, zwischen Abitur und Studium Regale eingeräumt, „schon immer wirklich gearbeitet“. Zu dem Putzjob ist sie über ihre Mutter gekommen. Als Urlaubsvertretung hilft sie aus, wenn Not ist. Früher hat eine Putzfirma die Arbeit gemacht, die seien aber nicht gründlich genug gewesen.
Sie fängt mit dem Müll an: Mit großen Mülltüten sammelt sie auf jeder Etage Pappkartons vom Druckerpapier und leere Paketverpackungen, leert die Eimer, hängt sich alle Tüten über die Schulter und bringt sie im Hinterhof zu den Tonnen. Dann wischt sie die ganzen Schreibtische ab und alle Flächen, die es so gibt. Fensterbank, Schrankseiten, Regale. In vielen Räumen hat die Studentin Glück, „die sind frei, da steht dann vielleicht mal ein Locher, manche haben auch ihre Akten und andere so ihre ganz eigene Ordnung.“ Die Ordner packe sie lieber nicht an, damit nichts herunterfällt und durcheinander kommt. Mit einem Mikrofaserlappen wischt sie dann die Tastaturen ab, geht über den Computer, unter den Tisch. Auch die Schreibtischstühle macht Kerstin sauber, denn an den Speichen setzt sich auch Staub ab. Sie saugt die Teppiche in den Büros, dann putzt sie die Fließen in den Küchen. Wischt die Arbeitsflächen, leert die Kaffeemaschine und die Kaffeetassen, die noch im Büro standen. Zum Schluss sind die Toiletten dran.
Ein Job für Ungebildete?
Natürlich sei das Saubermachen irgendwann anstrengend. Manche seien echt dreckig, sagt sie, Essensreste lägen im Büro, beim Müllleeren käme einem etwas Siffiges entgegen. „Ich glaube, Putzengehen ist immer so nach dem Motto: Das machen die Ungebildeten. Aber es ist gut bezahlt und wenn du erzählt, du kriegst 15 Euro die Stunde, dann fällt schon manchen die Kinnlade runter. So manch angenehmer Job ist da schlechter bezahlt.“ Wenn sie darauf angesprochen wird, geht Kerstin offen mit ihrem Job um, ihre Freunde finden es nicht schlimm, normal eben. Und wie ist das im Unternehmen? „Manche, da merkst du einfach, dass sie denken ‚ja das ist die blöde Putze‘ so ungefähr. Aber ein Anwalt ist auch super nett.“
Das Toilettenputzen findet Kerstin zwar eklig, aber es gebe auch angenehmes, zum Beispiel, wenn sie spät abends durch die Räume flitzt und dabei alleine in Ruhe Hörbuch hört. „Es gibt bestimmt Leute, die denken ‚oh mein Gott, warum macht die das?‘ Aber mich stört das nicht, ich mache das zum Teil ja gerne.“ Putzen käme eben nicht für jeden in Frage, manche gäben eben lieber Nachhilfe. Für Kerstin ist es wichtig, zu wissen, wo das Geld herkommt, das sie später ausgibt. „Ich müsste eigentlich nicht arbeiten, aber ich weiß, was man für Geld machen muss. Man überlegt sich halt vorher: Wofür gebe ich das alles aus?“
Kein chronischer Putztick
Einen Putzfimmel hat Kerstin beim Putzen daheim nicht. „Aber ich merke, wie ich versuche, die kürzesten Wege zu finden, wie ich am Schnellsten bin, in welcher Reihenfolge ich was mache.“ Es sei eben etwas anderes, man putze nicht für sich selbst, sondern den anderen hinterher. „Und wenn ich rausgehe, habe ich ein gutes Gefühl.“
Schöner Artikel. Und gut, dass mal einer sagt, dass solche Nebenjobs nichts für dumme sind. Ich mache zwar lieber Online Umfragen, um mir etwas dazu zu verdienen, aber ich habe wirklich Respekt vor Leuten, die sich fürs Putzen (und damit die härtereArbeit) entscheiden.