Hanfpflanzen so weit das Auge reicht. Alle überdacht, von vielen Mitarbeitern kontrolliert – und legal. Es geht hier nicht um Drogen, „Hanfpassion“ hat eine andere Vision: Das Start-Up will medizinischen Hanf anbauen. Zwar dürfen Krankenkassen in Deutschland ab sofort Hanf zur Schmerztherapie verschreiben, angebaut werden darf er aber nicht. Das Crowdfunding-finanzierte Cannabis-Unternehmen hat sich deshalb etwas einfallen lassen.
Wie soll ein Geschäft überleben, das sein Produkt nicht herstellen darf? – Darüber haben Oscar Kuhl, Mitbegründer des Start-Ups „Hanfpassion“ und seine Mitarbeiter lange nachgedacht. Die Lösung ist kreativ – und der Weg bis zur eigenen Plantage in Dortmund lang. Das Unternehmen will langfristig Plantagen mit Medizinalhanf anbauen und die wissenschaftliche Erforschung der Hanfpflanze unterstützen.
Zu diesem Zweck sammelt Hanfpassion noch bis zum 26. Januar Geld via Crowdfunding. 200.000 Euro wollten sie auf diese Weise über die Crowdfunding-Plattform „Startnext“ einnehmen. Das Ergebnis war jedoch schon lange vor der Frist absehbar: Es hat nicht annähernd geklappt. Gerade einmal knapp 700 Euro bekam „Hanfpassion“ zusammen. Mit diesem Geld wurde dann zuerst einmal ein Hanf-Onlineshop eröffnet. Produkte rund um die grüne Pflanze wird es dort bald zu kaufen geben: Hanfschokolade, Tee auf Hanfbasis, Hanfsamenöl und mehr. Sogar ein Hanf-Wochenende für schlappe 600 Euro wird angeboten. Und dieses Urlaubswochenende im Grünen soll genau dort stattfinden, wo „Hanfpassion“ eine Plantage bauen will, bis dies auch in Deutschland legal sein wird: In Österreich. „Wir zeigen dann, was wir mit unserem Projekt Großes vorhaben“, sagt der gebürtige Holländer Oscar Kuhl.
Eine Plantage um jeden Preis
Dass es mit dem Crowdfunding nicht so gut läuft, wie geplant, ist für die Gründer kein Problem. Bei ihren ambitionierten Plänen sei „Hanfpassion“ nicht auf dieses Geld angewiesen, sagen sie. „Wir machen unser Projekt davon nicht abhängig. Wir glauben daran. Aufgeben ist deswegen für uns keine Lösung“, sagt Oscar Kuhl entschieden. Deswegen ist er, so wie seine Mitstreiter, bereit, Geld aus eigener Tasche zu investieren. Außerdem werden Kuhl und seine Kollegen von Privatinvestoren unterstützt. „Eine Plantage kostet mehrere Millionen Euro“, weiß Ricardo Perdon, der bei „Hanfpassion“ vor allem für das Marketing zuständig ist.
Hanfpassion startet in Österreich
Der Gewinn aus dem Online-Shop wird in die Plantage in Österreich fließen. Dort ist der Anbau jetzt schon legal, solange die Pflanzen nicht blühen. Denn nur in den Blüten steckt so viel THC, um den Hanf als Droge verkaufen zu können. Die geplante Plantage in Dortmund wird es frühestens in zwei Jahren geben: Die Bundesregierung hat angekündigt, Lizenzen an große Unternehmen zu verteilen, die medizinischen Hanf anbauen wollen. Natürlich unter strengen Auflagen, die „Hanfpassion“ bis dahin erfüllen will.
Mäuse auf Drogen
Ihr Ziel war es nie, am Ende die Drogenbosse von Österreich oder Dortmund zu werden, sondern ausschließlich medizinischen Hanf zu entwickeln. „Wir brauchen erst einmal genug Geld, um die Forschung voranzutreiben“, erklärt Perdon. Die sei nämlich gerade erst am Anfang. Medizinischer Hanf wird laut Gesundheitsminister Hermann Gröhe zwar schon bei 5.500 Deutschen zur Schmerztherapie angewendet. Für noch mehr Patienten fehlt es jedoch an dem grünen Heilmittel. Hier könnte „Hanfpassion“ die Lücke zumindest verkleinern.
Laut Perdon könne Hanf aber nicht nur Schmerzen lindern: „Ein befreundeter Wissenschaftler in Spanien hat medizinischen Hanf bei Mäusen ausprobiert und herausgefunden, dass es gegen Krankheiten wie Krebs helfen kann.“ Doch bislang fehlen Tests an menschlichen Patienten. Das ist bis jetzt noch überall verboten. „Man darf Menschen keine Drogen verabreichen. Hanf fällt da bis jetzt noch drunter. Wir müssen also Gesetzte umstoßen und es schaffen, Hanf zu entkriminalisieren“, sagt Oscar Kuhl.
Hanf statt Aspirin
Doch warum gerade Hanf und keine anderen Medikamente? „Es gibt genug medizinische Berichte, die beweisen, dass Hanf zumindest bei der Schmerztherapie genau so gut hilft, wie beispielsweise Aspirin. Da ist es doch besser, ein natürliches Produkt zu nehmen, als synthetisch hergestellte Mittel“, meint Perdon. Laut der Tageszeitung Die Welt benötigen 800.000 Patienten in Deutschland medizinischen Hanf. „Hanfpassion“ spricht sogar von weit über vier Millionen. Wegen der vermeintlich hohen Zahlen hat die Bundesregierung jetzt reagiert und ein Gesetz verabschiedet, wonach künftig die Schmerztherapie mit Hanf von den Krankenkassen bezahlt werden soll. Patienten mit starken chronischen Schmerzen, bei denen eine normale Therapie nicht anschlägt, können sich ihren Hanf jetzt auf Rezept von der Kasse bezahlen lassen.
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