E-Sportler: Was sich Schalke von den Athleten der Zukunft verspricht

Das Profi-Team „Elements“ mit den E-Sportlern: Sprattel, Steve, MrRalleZ, Gilius und Fox (v.l.). © FC Schalke 04

Das Profi-Team „Elements“ mit den E-Sportlern: Sprattel, Steve, MrRalleZ, Gilius und Fox (v.l.). © FC Schalke 04

Schalke hat es gewagt: Der Verein kaufte sich in den vergangenen Wochen offiziell fünf neue Spieler. Doch das sind keine königsblauen Profikicker, sondern Zocker der etwas anderen Art. Damit wollen die Schalker ab Juni in der E-Sport-Szene mitmischen. Auch andere Vereine und Unternehmen sehen großes Potenzial in der digitalen Spielwelt und steigen in den E-Sport ein – Gamer wie Lukas freut’s.

Der PC ist bereits hochgefahren. Eine Armlänge entfernt liegen die Kopfhörer bereit. Ihr Kabel schlängelt sich um eine Packung Kekse und eine Flasche Wasser. Ein kurzer Ton: Skype ist bereit zur Nutzung. Schon öffnet sich ein Chatfenster und der Mauszeiger beginnt die passenden Gesprächspartner herauszusuchen. „Alle drin“, sagt Lukas in sein Headset, „es kann losgehen!“.

So beginnen die Abende von Lukas und seinen Freunden häufig. Dann zieht es die fünf jungen Männer in den virtuellen Kampf in „League of Legends“. Das Unternehmen Riot Games hat das  bekannte PC-Spiel 2009 auf den Markt gebracht. Die Spieler können allein oder im Team antreten – das Spiel gehört dem Multiplayer-Genre „Multi Online Battle Arena“ an. Seit der ersten Stunde ist der Hype um das Spiel stetig gewachsen: Rund 67 Millionen sind begeistert vom Fantasy-Game „LoL“ und spielen es mindestens einmal im Monat.

Privat spielt Lukas "LoL" gerne.

Gamer Lukas: „E-Sport verbindet die Leute wie beim Fußball.“

Zu ihnen gehört auch Student Lukas aus Münster. Seit einigen Jahren ist er begeistert vom Gaming und verbringt seine Freizeit damit, die Burgen anderer Spieler und Teams zu zerstören – das Ziel des Spiels. „Die Figuren haben bestimmte Fähigkeiten, die man in der Arena taktisch ausnutzen sollte“, sagt Lukas. In der Gamer-Sprache heißt das dann „Nexus“. Doch dafür wird von den Spieler auch einiges verlangt.

Der lange Weg zum „Nexus“

„Es erfordert unheimlich viel Strategie, denn Schwächen und Stärken fallen sofort auf“, weiß Lukas. Um sich im Team zu beratschlagen und die Gegner zu analysieren, sprechen Lukas und seine Freunde während der rund 20-minütigen Gefechte auf Skype miteinander –  jeder sitzt bei sich zu Hause am Computer. „Konzentration spielt natürlich auch eine große Rolle, daher gibt es nur unalkoholische Getränke“, sagt der Anglistik- und Geschichtsstudent.

Was bei Lukas und seinen Freunden nur als unterhaltsame Abendbeschäftigung zählt, ist mittlerweile international zu einer riesigen Szene angewachsen. Die E-Sport-Szene, um Spiele wie „League of Legends“ oder „Dota 2“, ist längst nicht mehr nur was fürs Private: Nationale und internationale Ligen sowie Weltmeisterschaften bestimmen bereits seit Jahren die Szene.

Wenn „Daddeln“ professionell wird

Das Potenzial des E-Sport hat nun der Verein Schalke 04 für sich entdeckt. Auf einer Pressekonferenz im Mai stellte sich das neue Team der Königsblauen vor. Sie heißen Hampus Abrahamsson, Etienne Michels, Berk Demir, Rasmus Skinneholm und Hampus Myhre. Doch echten Gamern dürften sie nur unter den Namen „Sprattel“, „Steve“, „Gilius“, „MrRalleZ“ und „Fox“ bekannt sein. Als Coach haben die Schalker Patrik „Nymph“ Funke für das Team „Elements“ engagiert.

Um in das weltweit erfolgreiche Spiel „League of Legends“ einsteigen zu können, musste Schalke sich seinen Platz in der obersten Liga zunächst erkaufen. Bei der Lizenz für die „League of Legends Championship Series“ handelt es sich um eine Millionensumme. Doch Schalkes E-Sport-Manager Moritz Becker-Schwarz ist aufgrund des großen Wachstums davon überzeugt, dass es sich beim E-Sport um eine „Zukunftssportart“ handelt. „Die Sportart hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter professionalisiert. Es gibt Merchandising, wir haben Marketing- und Sponsoring-Theme und Kommunikation“, sagte Becker-Schwarz auf der Pressekonferenz.

Hier beginnt die Karriere eines E-Sportlers.

Hier beginnt die Karriere eines E-Sportlers.

Gerade der wirtschaftliche Aspekt ist interessant für die Vereine und Unternehmen. Mit den Meisterschaften und den Liga-Spielen lässt sich ähnlich wie im Fußball, Geld verdienen. Während die Spiele derzeit noch in Berlin ausgetragen werden und dort mehrere tausend Besucher in die Hallen ziehen, möchte Schalke die Veltins-Arena als zukünftigen Austragungsort gestaltet. „Wir wollen die Teams vor Ort haben. Sie sollen Schalke und Gelsenkirchen leben“, machte Manager Tim Reichert die Zukunftsvision deutlich.  Zunächst will der Verein in Live-Streaming und Merchandising investieren. Und auch aus „e-sportlicher“ Sicht hat das Team ehrgeizige Ziele: Die Play Offs zu erreichen und die Scouting Abteilung zur Nachwuchsförderung auszubauen.

E-Sport ist wie jeder andere Sport – außer physisch

Während dieses Szenario für Nicht-Gamer schwer vorstellbar ist, begeistert Lukas die Einstellung von Schalke zum E-Sport. Er hofft darauf, dass weitere Vereine nachziehen. Durch die Größe der Fanbase bietet die Szene einen großen Anreiz für einen neuen Markt. Doch für Lukas steht ein anderer Aspekt im Mittelpunkt. „E-Sport verbindet die Leute, wie beim Fußball“, sagt der 19-Jährige. Er und seine Freunde bestätigen das: Obwohl die jungen Männer durch das Studium in ganz Deutschland verteilt sind, spielen sie am Abend zusammen und halten so den Kontakt.

Parallelen zum Ballsport gibt es tatsächlich einige. So gibt es Ranglistenspiele, durch die ein Spieler aufsteigen kann. Die besten von ihnen finden sich schließlich auf dem Transfermarkt wieder. In der Offseason können die Mannschaften ihre Spieler dort verkaufen und neue ins Team holen. Und auch die Betreuung der Mannschaft läuft ab wie beim Fußball: Ärztechecks, ein Ernährungs- und Sportplan, sowie tägliches Training von „LoL“ stehen auf der Tagesordnung. „Der einzige Unterschied ist tatsächlich, dass es nichts mit physischer Bewegung zu tun hat“, sagt Lukas. Reaktion, Konzentration, Taktik und Teamgeist sind ansonsten vorhanden. „Und wenn es gut läuft, dann gibt es wie beim Fußball richtig Asche für die Mannschaften“, meint Lukas.

Vermarktungspotenzial wird weitere Vereine locken

Und auch das Zuschauen während andere Zocken macht den Gamern Spaß. Daher würde Lukas einen Wettkampf in der Veltins-Arena auch mit seinen Freunden besuchen. Damit wäre das Ziel von Vereinen wie Schalke 04 erreicht. Sie haben eine weitere Zielgruppe auf sich aufmerksam und vielleicht auch für sich gewinnen können. „Dieser Schritt wird nicht nur von Schalke 04 vollzogen, sondern auch bald von nationalen und internationalen Sportvereinen“, prophezeit  Moritz Becker-Schwarz.

Eine Profikarriere ist für Lukas rein theoretisch nicht besonders anziehend. „Für mich ist es Entertainment und Spaß. Die Profis müssen aber täglich zehn Stunden trainieren und haben danach Besprechungen, das bedeutet auch Stress“, sagt er. Daher bleibt er lieber in seinem WG-Zimmer – spricht mit seinen Freunden, isst Kekse und nippt an den unalkoholischen Getränken.

Beitragsbilder: Jule Zentek / © FC Schalke 04

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