Die unfaire Gebühr

402758_original_R_by_Jochen-Sievert_pixelio.deSeit zwei Jahren werden ARD und ZDF über ein neues Beitragssystem finanziert. Das Ziel? Eine gerechtere Verteilung der Kosten. Doch der Zweck der Reform wird verfehlt. Von Gerechtigkeit kann kaum die Rede sein bei einem System, das sowohl das Nutzungsverhalten als auch die Wohnsituation der Bevölkerung ignoriert. Ein einkommensabhängiges Modell könnte das ändern. Ein Kommentar.

Der Rundfunkbeitrag macht’s möglich: ARD und ZDF bekommen mehr Geld als sie ausgeben. Von einem Überschuss in Höhe von ca. 1,15 Milliarden Euro war im vergangenen Jahr die Rede. Nun melden Presseberichte ein deutlich höheres Einnahmeplus der Öffentlich-rechtlichen: 1,5 Milliarden Euro sollen ARD und ZDF in der Gebührenperiode 2013 bis 2016 zusätzlich zur Verfügung stehen.

Hinter der scheinbar kleinen Ziffernkorrektur hinterm Komma versteckt sich eine gewaltige Summe: Circa 380 Millionen Euro. Geld, von dem man rund 270 Tatorte finanzieren könnte. Doch das gewaltige Plus wird nicht in das Programm investiert, sondern zurückgelegt. Denn: ARD und ZDF dürfen als öffentlich-rechtliche Anstalten keinen Profit erwirtschaften, sondern müssen einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Deshalb haben sich die Ministerpräsidenten der Länder bereits im März 2014 auf eine Senkung des Rundfunkbeitrages geeinigt.

Überschuss seit der Finanzierungsreform

Doch warum bekommen die Rundfunkanstalten überhaupt plötzlich so viel Geld? Grund dafür ist die Finanzierungsreform der Öffentlich-Rechtlichen aus dem Jahr 2013. Während nach dem vorherigen Modell die Gebühr an der Anzahl der Empfangsgeräte in einem Haushalt bemessen wurde, setzt das neue System auf eine generelle Haushaltsabgabe. Die Gebühren sollten so fairer verteilt werden, hieß es damals.

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GEZ-Gebühren: Unfair verteilt? Foto: luca.sartoni/flickr.com

Dieses Ziel hat das System verfehlt. Vor allem unter jungen Leuten sorgt das Beitragssystem für Ungerechtigkeiten. Beispiel Studenten-WGs. Hier gilt: Ein BAföG-Empfänger ist vom Rundfunkbeitrag befreit, der Rest zahlt. Und zwar den vollen Betrag. In einer normalen Zwei-Mann-WG können beide Bewohner den monatlichen Beitrag unter sich auf 8,99 Euro pro Person aufteilen. Sobald einer der Beiden BAföG bezieht, bleibt der Andere auf den kompletten 17,98 Euro sitzen.

Wer alleine wohnt, sieht teurer fern

Ist kein BAföG-Bezieher unter den WG-Bewohnern, so haben diese allerdings einen Vorteil gegenüber Alleinwohnenden. Egal, wer wie viel Fernsehen schaut oder Radio hört, es gilt: Je größer der Haushalt, desto kleiner der Anteil am Beitrag, obwohl die Rundfunknutzung dieselbe bleibt.

Wer denkt, er könne dem Rundfunkbeitrag entgehen, indem er bei seinen Eltern gemeldet bleibt, wird enttäuscht. Da es sich beim Rundfunkbeitrag um eine Haushaltsabgabe handelt, muss dieser auch vollständig für den Nebenwohnsitz gezahlt werden. Ungeachtet dessen, dass man nur an einem (Wohn-)ort gleichzeitig Radio hören oder Fernsehen gucken kann.

Die Lösung: Eine moderne Nutzungsgebühr?

Diese Probleme des „neuen“ Beitragsmodells sind nicht alle neu. Schon das vorherige GEZ-System orientierte sich nicht daran, wer was auf seinen Geräten guckt oder hört, sondern was er gucken oder hören könnte. Mit diesem Hintergrund wurde das Modell der Lebenssituation junger Studenten jedoch gerechter als die 2013 eingeführte Haushaltsabgabe.

Doch was ist wirklich gerecht? Eine Gebühr, die sich am Nutzungsverhalten ihrer Zahler orientiert, wie sie der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums fordert? Nein, solch ein Modell würde dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk seine Essenz entziehen. ARD und ZDF müssten sich dem gnadenlosen Quoten-Diktat des privaten Rundfunks vollständig unterwerfen, bloß ohne den Umweg über die Werbeindustrie. Denn Sendungen mit einer gesellschaftlichen Randzielgruppe würden sich nicht mehr rentieren, da sie vermutlich mehr Kosten verursachen als „Nutzungsgebühren“ einnehmen würden. Ein Rundfunkprogramm „für jedermann“, wie es im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehen ist, wäre kaum noch möglich.

Jeder soll zahlen, was er kann!

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist für alle da. Jeder soll sich und seine Interessen im Programm wiederfinden und jeder sollte es nach seinen Möglichkeiten mittragen, um einen wirtschaftlich unabhängigen Rundfunk in Deutschland zu garantieren. Deswegen kann die Zukunft der Rundfunkfinanzierung nur ein einkommensabhängiger Pro-Kopf-Beitrag sein. Dieser würde die Kosten des Rundfunks auf alle Schultern verteilen. Lediglich das Nutzungsproblem würde solch ein Modell nicht lösen: Wer nicht öffentlich-rechtlich hört und fernsieht, muss trotzdem zahlen.

Teaserfoto: Jochen Sievert/pixelio

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