Vegan und politisch: Die V-Partei „hoch drei“


Bei einer Messe für Vegetarier und Veganer denken viele wahrscheinlich an Ernährungsberater, Tierschützer und Bio-Essensstände, und nicht unbedingt an politische Parteien. Doch Anfang Mai konnte man auf der Veggienale in Essen eine Partei kennenlernen, die zum ersten Mal bei den Landtagswahlen am 14. Mai 2017 antreten wird und genau die Themen der Messe im Namen trägt: die V-Partei3.

Michael Kneifel ist gut gelaunt. Der 49 Jahre alte Landesvorsitzende der V-Partei3 hofft, auf der Veggienale in Halle 12 der Zeche Zollverein neue Wähler für seine Partei zu gewinnen. Sichtlich motiviert spricht er mit Interessenten der Partei, deren dreifaches „V“ im Parteinamen für Veränderung, Vegetarisch und Vegan steht.

Dieses Motto soll laut Kneifel einen Prozess zeigen: „Zuerst wollen Menschen etwas verändern und werden vegetarisch, bevor sie dann zum Veganen übergehen“, sagt der Landesvorsitzende. Dass jedoch Fleischesser ebenso der Partei beitreten dürfen, steht für ihn außer Frage, denn „es bringt nichts, nur eine vegane Partei zu sein.“ Daher kann er sich ebenfalls vorstellen, dass die Partei eines Tages den Namen verändert. Wenn es nach ihm geht, kann das „V“ ebenso für Verantwortung und Vernunft stehen. Wenn also nicht die Rede von einer rein veganen Partei sein kann, wovon dann?

Michael Kneifel, Landesvorsitzender NRW

Eine Alternative zu den Grünen?

Michael Kneifel erzählt, dass er in der Vergangenheit treuer Wähler der Grünen war. Doch heutzutage sind die Grünen seiner Ansicht nach nur noch eine verwässerte Partei, die „für nichts mehr steht.“ So sagt der Landesvorsitzende beispielsweise: „NRW ist das Land mit dem größten Stau und dem höchsten Nitratwert. Und die grüne Regierung unternimmt nichts.“ Den hohen Wert bestätigt der Nitratbericht 2016 der Bundesregierung. Aus Gründen wie diesem distanzierte sich der Diplom-Sportwissenschaftler zunehmend von den Grünen und wandte sich der V-Partei3 zu, da er glaubt, dass man sich hier voll und ganz für den Tier- und Umweltschutz einsetzt.

Ähnlich wie Michael Kneifel erging es Barbara Rütting, die bis 2008 für die Grünen im Bayerischen Landtag saß, ehe sie 2009 aus der Partei austrat. Daraufhin wollte sie eigentlich keiner Partei mehr beitreten, doch das Konzept der V-Partei3 scheint sie überzeugt zu haben. Generell gibt es in der Partei aber nicht nur Zuläufe von den Grünen, sondern auch ehemalige SPD-Mitglieder und -Wähler finden sich in der V-Partei3 wieder.

Lösungsansätze statt Meckerei

Diese Mischung verleiht der Partei einen ganz speziellen Charakter, denn es ist keinesfalls so, dass die Mitglieder verklemmt in ihrer Zielstrebigkeit sind und ihr alles unterordnen. Auf der Messe in Essen wirken alle sehr offen, kooperativ und hilfsbereit. Hat man eine Frage zum Parteiprogramm oder zum veganen Lebensstil, nehmen sich die Menschen Zeit und unterhalten sich mit sachlich mit einem über die Thematik. Insgesamt wirkt die Partei ziemlich harmonisch, obwohl es sie erst seit einem Jahr gibt.

Michael Kneifel war bei der Gründung der Partei Ende Juni 2016 dabei. Auf die Frage, ob man seine Partei überhaupt braucht, sagt der Landesvorsitzende schmunzelnd: „Wenn die anderen Parteien unsere Inhalte übernehmen und (vor allem) umsetzen, dann braucht man uns nicht.“ Bis jetzt sei das aber nicht der Fall. „Wir sind eine Partei, die alles hinterfragt“, sagt Michael Kneifel. Die Parteiziele der V-Partei3 seien daher auch stark durchdacht und ernst gemeint, sodass nicht nur der bloße Unmut nach außen dringt, sondern Lösungsansätze gleich mitgeliefert werden.

Michael Kneifel und weitere Mitglieder bei der Präsentation ihrer Partei

Fokus auf Massentierhaltung und Umweltverschmutzung

Wie der Parteiname schon vermuten lässt, liegt der Fokus primär auf dem Umwelt- und Tierschutz. „Die Ernährung ist längst keine Privatangelegenheit mehr“, wird Barbara Rütting auf der Website der V-Partei3 zitiert, „selbst mit Messer und Gabel trägt jeder von uns erheblich dazu bei, ob diese Erde noch zu retten ist oder nicht.“ Michael Kneifel formuliert es noch ein wenig drastischer, in dem er sagt, dass „der Planet ohne ein Umdenken vor die Wand fährt.“

In der Tat stellt die Massentierhaltung den größten Beitrag zu den steigenden Emissionen dar. So geht aus einem Bericht der UN hervor, dass die Massentierhaltung mehr zu der steigenden Umweltverschmutzung beiträgt, als Autofahren. Laut FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) macht die Tierproduktion 14,5 Prozent aller Treibhausgasemissionen aus. Andere Berechnung, wie vom Worldwatch Institute, die noch weitere Faktoren mit einbeziehen, ergeben Werte von über 50 Prozent. Um diese Entwicklung aufzuhalten, verfolgt die V-Partei3 ihre „Agenda 2030“. Diese besagt, dass die Partei bis einschließlich 2030 die Massentierhaltung abschaffen will, Subventionen auf tierische Produkte streichen und generell die Förderung von Bio und veganen Produkten vorantreiben möchte.

Besonders für Studenten ist interessant, dass sich die V-Partei3 gegen Studiengebühren ausgesprochen hat und künftig das Kooperationsverbot aufheben möchte. Damit sollen auch ausländische Abschlüsse anerkannt werden, unter der Voraussetzung, dass die Studenten die deutsche Sprache mindestens auf dem Niveau B2 beherrschen. Allgemein beschränkt sich das Parteiprogramm nicht nur auf den Umwelt- und Tierschutz, wie man erwarten könnte, sondern umfasst nahezu alle politischen Bereiche.

Weitere Parteiziele

• Modernisierung der Schulen
• Schulung der Lehrer mit Blick auf die Digitalisierung
• Klassengröße auf 25 Personen beschränken
• Kostenloser ÖPNV
• Bindungsloses Grundeinkommen
• Verbot von Rüstungsexporten
• Stärkung der Menschenrechte im Handel
• Stärkung des EU-Parlaments durch die Einführung eines Initiativrechts
• Anzahl von Lobbyisten in der Politik verringern
keine Positionen in Wirtschaftsbereichen für Abgeordnete nach Ende ihres Mandates

Michael Kneifel im Gespräch mit einer Interessentin

Rechts oder links?

Wer sich über die Partei informieren möchte und den Namen der V-Partei3 in eine Suchmaschine eingibt, erhält als ersten Vorschlag etwas überraschend „V Partei rechts“. Ist die Partei nicht eher links? Wenn man sich das Parteiprogramm näher anschaut, erkennt man nämlich, dass viele Punkte nicht nur von den Grünen, sondern auch von der SPD oder den Linken stammen könnten. So will die V-Partei3 auch Homosexuellen die Ehe ermöglichen und sich für faire Löhne einsetzen. Ebenso fordern sie ein bedingungsloses Grundeinkommen. Michael Kneifel stört es sehr, dass seine Partei mit der politischen Rechten in Verbindung gebracht wird und vermutet dahinter ein System, das versucht die vegane Bewegung zu stören. Generell habe die Partei immer wieder mit Anti-Veganern zu tun, erzählt er. Denen würde er sich aber kooperativ zeigen und den jeweiligen Personen ein Gespräch anbieten, auch wenn nur wenige das Angebot annehmen. 

Persönliche Gespräche sind neben der Plakatwerbung das Hauptmittel der Parteimitglieder Interessierte zu überzeugen, damit sie am 14. Mai ihr Kreuz bei der V-Partei3 machen. Bei den kommenden Landtagswahlen hat die Partei jedoch nicht die Ambitionen in den Landtag einzuziehen. Dafür ist sie, laut Kneifel, schlicht und ergreifend zu jung. Eher will die Partei bekannter werden, Aufklärung betreiben und neue Reize in die politische Debatte einfließen lassen. Außerdem hat sie die Hoffnung, ein Prozent der Gesamtstimmen zu bekommen, um mit in den Topf der Parteienfinanzierung aufgenommen zu werden. Denn bisher würden die rund 1.100 Mitglieder alles aus privater Tasche bezahlen. 

Der Parteistand auf der Veggienale

Fotos: Thomas Majchrzak

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