Crossgolf ist keine einfache Randsportart. Es ist anspruchsvoller als gewöhnliches Golf. Wer schonmal von Rollsplitt abgeschlagen hat, kann das bestätigen. Es ist die Suche nach dem perfekten Schlag am perfekten Fleck. Es ist ein Sport für Biertrinker, Griller und Wildpinkler. Was für Crossgolfer zählt, ist die Leidenschaft für das Spiel – jenseits von Etikette und festen Regeln.

Verlassene Zechen gehören zu den besonderen Spielorten des Ruhrgebiets. Foto: Groundhoppers Dortmund
Bei Sturm und Regen stehen Henning Kattenstedt und Matthias Rambow an einem Sonntagmorgen im Dortmunder Phoenixpark. Hochkonzentriert visieren die beiden Mittdreißiger beim Abschlag eine leere Flasche Hansa-Pils an. Sie tragen Kapuzenpullis, Thermojacken und schwarze Lederhandschuhe, im Hintergrund steht eine verlassene Zeche. Henning und Matthias spielen seit zehn Jahren X-Golf – das Billigbier ist ihr nächstes Ziel.
Golf ohne Konventionen
„Wer nicht dem Zwang des normalen Golfs unterliegen will, der spielt Crossgolf“, sagt Matthias, nachdem er die Bierflasche erfolgreich abgeräumt hat. „Egal ob im Park, auf einer Wiese, oder so wie hier in einem Zechengelände.“ Es ist Golf in seiner ursprünglichen Form: Der Legende nach erfanden schottische Schafhirten das Spiel. Mit ihren Hirtenstäben schlugen sie Schafköttel über die Highlands. Dass der Fantasie beim X-Golf keine Grenzen gesetzt sind, bewies auch der US-Amerikaner Alan Shepard eindrucksvoll: Der Astronaut schlug Bälle auf dem Mond – sie flogen über mehrere Hundert Meter.
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Mangels Raumfahrzeug begnügen sich Matthias und Henning mit einem Bulli. Sie sind Groundhopper mit einer Mission: überall Golf spielen, wo es geht. Ob am Hamburger Hafen, in den Schweizer Alpen oder im kalifornischen Hinterland. Crossgolf geht überall. Ihre Heimat sind trotzdem die Industriebaracken und Parkanlagen des Ruhrpotts.
Strukturwandel vs. Crossgolf

Henning Kattenstedt sieht den Strukturwandel durch die Brille des Crossgolfers. Foto: Groundhoppers Dortmund
Ratlos stehen Matthias und Henning vor einer eingezäunten Zeche. „Betreten verboten – Einsturzgefahr“, steht auf einem Schild. Kein Einzelfall: „Inzwischen ist es schwierig geworden, in Dortmund überhaupt Orte zu finden“, beschreibt Henning die Situation.
Der Strukturwandel im Ruhrgebiet hat den Crossgolfern das Leben schwerer gemacht. Verlassene Zechen werden zu Kulturzentren und Kletterparks. Wo früher Geisterstädte der Stahl- und Kohleindustrie standen, haben sich heute Softwarefirmen niedergelassen. Bestes Beispiel hierfür ist das Dortmunder Phoenix-Gelände: einst das Paradies für Crossgolfer, heute ein städtebauliches Prestigeobjekt.
Respekt vor der Natur
Feste Regeln gibt es beim Crossgolf nicht, es gilt allein der Grundsatz „Sicherheit zuerst“. Nicht alle Spieler in der Szene halten sich daran, immer wieder kommt es zu Verletzungen oder sogar Todesfällen durch wild geschlagene Golfbälle. „Es gibt solche und solche Crossgolfer“, erklärt Matthias. „Einige wollen was kaputt machen und einfach irgendwohin hinschlagen. Wir spielen vernünftig Golf und wollen auch Ziele treffen.“ Hier setzt auch die Crossgolf-Iniative „Forebild“ an: Sie setzt sich für Sicherheit, die Ächtung von Vandalismus und Respekt vor der Natur ein.

Zurück zur Natur - Crossgolf führt die Spieler immer wieder an ungewöhnliche Orte. Foto: Groundhoppers Dortmund
Den perfekten Schwung im Einklang mit der Natur versprechen auch Veranstalter wie der Crossgolf-Club Lost Canyon. Sie veranstalten mehrtägige Turniere in den Schweizer Alpen und bieten Crossgolf-Ferien in Chile an.
Equipment kostet unter 30 Euro
Der Einstieg ins Crossgolfen ist preiswert. Gebrauchte Schläger gibt es bei Auktionshäusern im Netz schon für unter 15 Euro, außerdem verkaufen Golfclubs häufig ausrangierte Ware für wenig Geld. Zum Einstieg genügt ein 7er Eisen, der Allrounder unter den Schlägern. Bälle gibt es im Zwanziger-Pack, für rund fünf Euro. Mehr braucht es nicht. Berggipfel, Zechen und fremde Planeten warten auf den perfekten Abschlag.
eldo*: Golf auf der Zeche
web: Warum Crossgolf? Die Groundhoppers Dortmund stellen sich vor
web: Golf auf dem Mond
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