Techno-Beats und die Liebe im Namen: Einiges am „Zug der Liebe“, der am Samstag in Berlin stattfinden soll, erinnert an die Loveparade und damit an ihr Ende mit 21 Toten und mehr als 500 Verletzten am 24. Juli 2010. Laut Veranstalter hat der „Zug der Liebe“ nichts mit der Loveparade zu tun. Opfervertreter sehen das anders und kritisieren den Veranstalter scharf. Die pflichtlektüre hat die Reaktionen zusammengefasst.
Jörn Teich ist ein Opfervertreter. Als Vorsitzender des Vereins „Betroffenen Initiative LoPa 2010“ setzt er sich für die Interessen der Verletzten und der Hinterbliebenen des Unglücks ein und sieht den „Zug der Liebe“ kritisch. „Wenn der Veranstalter so mit dem Namen spielt, will er bloß Aufmerksamkeit“, sagt Teich. Für alle Hinterbliebenen sei die Veranstaltung in Berlin ein Schlag ins Gesicht.
Der Veranstalter wiegelt ab: Mit der Loveparade habe man nichts zu tun, sagte Jens Schwan gegenüber der Deutschen Presse-Agentur dpa. Es handle sich um eine Demo und es gehe um politische Ziele. Musik gebe es nur, damit mehr Leute kämen. Dass der Termin auf den Tag nach dem fünften Jahresgedenken um Loveparade-Unglück fällt, sei eine schwierige Sache.

Bei der Loveparade 2010 in Duisburg wurden 21 Menschen getötet und mehr als 500 verletzt. Foto: Der_Watz/flickr.com
„Diese Veranstaltung hat keine Zukunft“
„Das ist schon ein perverses Spiel“, sagt Jörn Teich, „250.000 Menschen waren am 24. Juli 2010 nicht erreichbar. Diese Menschen und ihre Angehörigen verbinden den Tag mit Angst.“ Der „Spirit“ der Loveparade sei – zumindest vor 2005 – „Friede, Freude, Eierkuchen“ gewesen, nicht politischer Protest. Auch die Veranstaltung an sich und ihre Sicherheit stellt Teich in Frage: Die Veranstaltung sei schlecht geplant, weil sie im Hauruck-Verfahren entstanden sei. „Meiner Meinung nach spart der Veranstalter an der Sicherheit“, sagt Jörn Teich. Er ist sich sicher: „Diese Veranstaltung hat keine Zukunft.“
Dass sich die Veranstaltung vom Kommerz freispricht, sieht Teich kritisch. „Der Veranstalter hat den Namen als Marke eintragen lassen“, sagt Teich. Wer so handle, handle kommerziell. Teich wirft dem Veranstalter Berechnung vor: Dieser suche mit seiner Veranstaltung nämlich die Weltpresse.
Und das sagt Twitter:
In sozialen Medien wird nicht nur der Name diskutiert – auch die Veranstaltung an sich. Die Reaktionen auf den Namen schwanken zwischen Zynismus…
Sensationell die #Loveparade kehrt zurück. Upps sie heißt #ZugderLiebe Egal. Endlich wieder was zu berichten für die RTL 2 Nachrichten!
— Walandipedia (@WalandiTsanti) July 22, 2015
#Loveparade kommt zurück nach #Berlin & soll in Zukunft #ZugDerLiebe heißen! Macht Sinn, #Internet heißt ja inzwischen auch #Neuland 😉
— Andi (@19astro74) July 22, 2015
… und Skepsis:
Sich #ZugderLiebe zu nennen, wenn man nicht die #Loveparade sein will, ist aber irgendwie auch nur so fast konsequent.
— Philip Meinhold (@Philip_Meinhold) July 24, 2015
Die Daseinsberechtigung der Veranstaltung an sich wird vor allem in Hinblick auf die noch ungeklärte Schuldfrage diskutiert:
Finde ich gut. Nicht die #Loveparade hat damals Menschenleben gekostet, sondern ihr kommerzieller Abklatsch. http://t.co/eCfGhyTzVY
— Hendrik Wiese (@SeveQ) July 24, 2015
Ist dieser Zug (der Liebe) nicht längst abgefahren? Die wie vielte Auflage ist das eigentlich schon? #zugderliebe… http://t.co/bDEfddgxQs
— Hauptstadt Kultur (@hskltr) July 20, 2015
Dass sich die Veranstaltung offiziell von der Loveparade distanziert, scheint bei Twitter jedoch nicht jedem klar zu sein.
The former #LoveParade in #Berlin is coming back this year. Get ready for the "Train of Love" on July 25th. #ZugderLiebe A revival?!
— Luchessa (@Luchessa) March 21, 2015
Spaß am Feiern nicht verderben
Opfervertreter Jörn Teich hätte sich vor allem eine bessere Kommunikation vonseiten des Veranstalters gewünscht. Von einer E-Mail, die der Veranstalter laut Medienberichten an die Opfervertreter versendet haben soll, weiß Teich nichts. Andere Veranstalter hätten das getan. Den Spaß am Feiern möchte Teich übrigens nicht verderben, „aber wenn man mit dem Namen spielt, fordere ich eben eine Auseinandersetzung mit dem Thema.“
Teaserbild: JD Lasica/flickr.com
Tja, eine ganz normale Recherche Anfrage wäre da natürlich sinnvoll gewesen. Aber is ok. Journalistisches Handwerk muss man auch erst lernen.