Singapur – ein Ministaat in Südostasien, nicht größer als ein Sechstel der Fläche vom Ruhrgebiet. Allerdings lässt die Größe der Insel nicht auf ihre Wirtschaftskraft schließen: In Singapur boomt es seit Jahren, von der Tourismus- bis zur IT-Branche. Ein passender Ort also, um internationale Nachwuchs-Unternehmer zusammenzutrommeln – und sie in einem Wettbewerb gegeneinander antreten zu lassen. Auch Studenten der TU Dortmund haben sich in diesem Jahr der Herausforderung gestellt.

Die Skyline von Singapur - einem kleinen, aber hochmodernen Industriestaat. Foto: flickr/goose_11 / Teaserbild: privat
Seit fünf Jahren wird in Singapur die APEX Business IT Global Case Challenge veranstaltet, bei der Wirtschaftsinformatiker aus aller Welt Fallstudien analysieren und ihre Ergebnisse im Rahmen eines Wettbewerbs präsentieren. Die TU Dortmund hat sich in diesem Jahr als einzige deutsche Universität für die Challenge angemeldet. So reisten die drei Dortmunder Wirtschaftsstudenten Volker Geith, Theresa Fohrmann und Ibrahim Athmetspahic vom 12. bis zum 16. Mai nach Singapur, um ihre Kompetenzen mit 23 anderen Teams zu messen.
Die drei Dortmunder Studenten haben alle einen Schwerpunkt der Wirtschaftsinformatik in ihrem Master-Studiengang gewählt und sich in einem Vorbereitungsseminar als das Dreamteam für den Wettbewerb herauskristallisiert. Im Interview haben uns der Teamcoach Professor Richard Lackes und zwei der drei Mitglieder des Dortmunder Teams verraten, warum sie sich für den Wettbewerb 24 Stunden in ein Hotelzimmer einschließen mussten. Ein Gespräch über kanadische Verkaufsshows, Singapurs Sauberkeitsticks und Profitsteigerung durch Kundenkontrolle.
pflichtlektüre: Habt ihr euch Singapur so vorgestellt, wie ihr es auf eurer Reise kennengelernt habt?
Volker Geith: Ich hätte wirklich nie gedacht, dass eine Stadt so sauber sein könnte wie Singapur. Man darf kein Kaugummi kauen, rauchen darf man nur auf abgegrenzten Plätzen. Die haben da etwas geschaffen, das beim ersten Besuch kaum zu fassen ist. Ich hatte ein Erlebnis bei einem Fastfood-Restaurant, das mir sehr in Erinnerung bleiben wird. Die Kassiererin wollte die Kasse sauber machen und hat die ganze Kasse samt dem ganzen Geld einfach auf die Tresen gestellt und angefangen sie zu säubern. In Deutschland würde nie jemand auf die Idee kommen, eine volle Kasse mit ein paar Tausend Euro zu reinigen. Die Leute leben dort außerdem mit einem großen Gefühl von Sicherheit, was aber natürlich auch bedeutet, dass sie stark überwacht werden. In Singapur sind überall Kameras, wirklich überall.
Für den APEX-Wettbewerb musstet ihr innerhalb von 24 Stunden eine Problemlösung zu einer Fallstudie erarbeiten. Kann man sich das echt so vorstellen, dass ihr euch für 24 Stunden in eurem Hotelzimmer eingeschlossen habt und durchgehend auf Hochleistung nachgedacht habt?

Das Dortmunder Apex-Team (v.l.n.r.): Volker Geith, Theresa Fohrmann, Prof. Dr. Richard Lackes (Coach), Ibrahim Ahmetspahic. Foto: Privat.
Ibrahim Ahmetspahic: Auf jeden Fall!
Volker Geith: 24 Stunden waren übrigens sehr knapp für die Aufgaben. Wir haben fünf Minuten vor Abgabe noch die letzten Inhalte angepasst.
Professor Richard Lackes: Das war schon alles sehr extrem und anspruchsvoll. Innerhalb von 24 Stunden eine 18-seitige, unbekannte, englischsprachige Fallstudie durchzulesen, zu verstehen, zu analysieren und anschließend eine Problemlösung samt Folien und Plakat zu erarbeiten: Das war wirklich eine große Belastung. Das Team konnte nach der 24-stündigen Erarbeitung kaum schlafen und musste am nächsten Tag wach genug für die Präsentation sein. Und dabei ging es nicht nur darum, die Ergebnisse vorzutragen, sondern auch in einer Diskussion zu agieren. Einen Druck in dieser Form erlebt man wirklich sehr selten.
Wovon handelte die Fallstudie genau?
Volker Geith: Jedes teilnehmende Team hat am Anfang zwei Fälle bekommen. Dabei baute die zweite Fallstudie auf die erste auf. In beiden Studien ging es um wirtschaftliche und informationelle Probleme der recht bekannten singapurische Vergnügungsinsel Sentosa. Sentosa ist so etwas wie ein großer Freizeitpark, der strukturelle Probleme hat. Diese Probleme sollten wir dann mit schon vorhandenen Mitteln angehen.
Professor Richard Lackes: Es ging um mobile Erfassungsmöglichkeiten von Besucherdaten, mit denen die Kundenbindung verbessert werden sollte. In den Eintrittskarten der Sentosa-Freizeitparks sind sogenannte RFID-Chips eingebaut, durch die man mobile Daten von jedem Kunden erhält. Durch diese Chips kann man registrieren, wo die Kunden sich befinden, ob sie sich bewegen, ob sie in einer Warteschlange stehen, ob sie allein oder in einer Gruppe unterwegs sind. Auf der Basis dieser Daten lässt sich dann zum Beispiel überlegen, ob man an einem Ort, an dem sich viele Warteschlangen bilden, eine neue Kasse eröffnet oder eine zusätzliche Attraktion einführt.
Ibrahim Ahmetspahic: Es ging also kurz gesagt darum, dem Kunden während seines Aufenthalts den größtmöglichen Nutzen zu bieten und gleichzeitig den Kunden zu „überwachen“, um sein Nutzungsverhalten zu analysieren.
Waren die Fallstudien realitätsnah? Glaubt ihr, dass ihr mit ähnlichen Fällen im richtigen Arbeitsleben zu tun haben werdet?
Volker Geith: Ja, die Fälle spiegeln sehr gut die Realität wider. Es ist eine der Haupt-Herausforderung für viele Unternehmen, die Potentiale neuer Technologien zu erkennen, umzusetzen und Verbesserungen zu erzielen ohne den laufenden Betrieb zu stören. Denn ein Tag Ruhestand kostet ja ein Haufen Geld.
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