
Serienfigur Kate hat sich selbst in die Psychiatrie eingewiesen, um ihre Identität außerhalb von Facebook zurück zu bekommen. Teaserfoto: Markus Vogelbacher / pixelio.de, Foto: ARTE Presse
Stimmungen durch Facebook
Was hier fiktiv beschrieben wird und zunächst vielleicht absurd oder wie eine typische Dailysoap klingt, ist tatsächlich eine Problematik, der Wissenschaftler mehr und mehr auf den Grund gehen. Facebook ist in sehr kurzer Zeit ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft geworden. Die Plattform umgibt uns – egal, was wir gerade tun oder wo wir sind.
Doch übermittelt das Netzwerk nicht einfach nüchtern Informationen. Es erzeugt Stimmungen und steigert oder mindert unser Selbstwertgefühl, und zwar, weil es als Sprachrohr für die eigenen, aber auch die Aktivitäten der anderen dient.
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Hanna Krasnova von der Humboldt Universität Berlin hat genau dies in einer Studie nachweisen können. Die Aktivität auf Facebook hat verschiedene Auswirkungen. Zum einen gibt es einen positiven Effekt durch das sogenannte „Social Browsing“. Der Nutzer klickt sich durch die Profile, findet Artikel, Bilder, Videos und Internetseiten, die andere teilen und erweitert so nachweislich seinen Horizont auf eine sehr einfache Art. Zusätzlich schafft der Einblick in das Leben anderer das Gefühl der Verbundenheit. Der Nutzer weiß über die Aktivitäten der anderen Bescheid und nimmt Anteil an ihrem Leben, ohne aber direkt Kontakt aufzunehmen.
Passives Konsumieren steigert das Einsamkeitsgefühl
Zwischen diesem Verbundenheitsgefühl und der sozialen Abschottung liegt ein schmaler Grat, der nicht selten überschritten wird. So kommt es, dass die Serienfigur Kate schließlich nur noch per Facebook die Neuigkeiten über ihre Freunde erfährt, die diese posten.

Einsamkeit durch's Surfen: Wer nur konsumiert, kann sich auch bald sozial ins Aus schießen. Foto: Alexandra H. / pixelio.de
Ein einseitiger Kontakt, dem die Freundschaften in der Realität nicht stand halten können. Die US-amerikanische Wissenschaftlerin Moira Burke hat das in einer Untersuchung von verschiedenen Arten der Facebook-Nutzung bestätigt: Die Einsamkeit, die ein Facebook-Nutzer verspürt und das Ausmaß, in dem er sich sozial abschottet, sind eng verknüpft mit seiner sozialen Interaktion auf Facebook. Würde also Kate ihren Facebook-Freunden Nachrichten senden und auf den Profilen mehr aktiv kommunizieren, würde sich auch ihr Gefühl der Leere und Einsamkeit ins Positive verbessern. Die passive Aufnahme von Informationen führt aber zu einer gesteigerten Einsamkeit, laut Burke.
Doch nicht nur Einsamkeit scheint eine Konsequenz der passiven Facebook-Nutzung zu sein. Krasnova hat in ihrer Untersuchung festgestellt, dass auch Neid und Frustration und damit eine generelle Unzufriedenheit mit dem Durchstöbern von Profilen einhergehen.
In Krasnovas Nutzerbefragung war dafür das „glückliche Leben der anderen“ ein wichtiger Anhaltspunkt. Gut funktionierende Partnerschaften, frische Verliebtheit, große Reisen, berufliche Erfolge und schicke Party-Bilder der Facebook-Freunde führen laut Krasnova zu Neid. Hinzu kommt, dass das Ausbleiben von Reaktionen wie Likes oder Kommentare auf eigene Posts zur weiteren Frustration und wiederum zu Neid auf den „Like-Erfolg“ anderer Leute führt. Das passive Konsumieren serviert dem Nutzer also auf dem Silbertablett die spannenden Leben der Freunde, während er selbst allein und nutzlos vor dem Bildschirm sitzt und die Informationen nur konsumiert.
Neid-Spirale
Die verschiedenen Auswirkungen auf die eigene Stimmung stehen in Verbindung zueinander und begünstigen sich gegenseitig. Sie schaukeln sich schließlich zu etwas hoch, das Krasvnova die „Neid-Spirale“ nennt. Die äußert sich darin, dass jedes Bild besser als das des Freundes, jeder Spruch amüsanter als der des Bekannten sein muss. Das Resultat ist eine zunehmend narzisstische Darstellung auf Facebook, von Krasnova als „Self-Promotion“ bezeichnet wird.
Klicken wir uns selbst durch Facebook, erahnen wir solche Tendenzen vielleicht gar nicht so selten bei dem einen oder anderen Freund auf unserer Liste. „About: Kate“ beschreibt mit dem Psychiatrieaufenthalt aber sicher einen Extremfall. Und auch wenn Facebook zur Sucht werden kann: in Deutschland hat zumindest noch keine Klinik eine Facebook-Ambulanz eingerichtet.
Weiterlesen: Wie Facebook uns unser gesamtes Leben lang begleitet-ein Kommentar von Janina Semenova