Der Botanische Garten der Ruhr-Universität Bochum hält derzeit ein besonderes Highlight für Besucher bereit. Eine Duftausstellung mit dem klangvollen Titel „Himmlische Düfte und Höllengestank“ gastiert seit Anfang Mai in den Gewächshäusern abseits des Campus. pflichtlektüre-Reporter Paul Crone hat sich auf ein Geruchs-Abenteuer der besonderen Art begeben.

Blick auf die Gewächshäuser des botanischen Gartens, in denen die Duftausstellung momentan gastiert. Foto: Paul Crone
Eins mal vorweg: Wer von der Ruhr-Universität immer noch ausschließlich das Bild der grauen (Beton-)Maus hat, sollte sich im botanischen Garten unterhalb der Naturwissenschafts-Gebäude vom Gegenteil überzeugen lassen. Sobald man den botanischen Garten betritt, ist die Duft-Ausstellung unmissverständlich ausgeschildert. „Immer der Nase nach“: Gelbe Pfeile, natürlich mit Nasen als Pfeilspitzen, weisen den Weg. Ich passiere Pflanzen aus China und Japan und etwas, was wie eine Miniatur-Kaktuslandschaft aussieht, und erreiche nach einer Linkskurve die gesuchten Gewächshäuser.
Ein kleiner, unangenehmer Vorgeschmack
Direkt vor dem Eingang zwei Kabinen, die unmissverständlich klar machen, worauf man sich hier einlässt. Die gelbe, mit himmlischen Düften, lädt ein doch mal reinzuschauen. Die violette Kabine mit dem Aufdruck „Höllengestank“ schreckt dagegen eher ab. Eine Besucherin scheint irritiert, sie weiß nicht, wie genau die Kabine funktioniert. Der Mann am Empfang warnt: „Da kann man reingehen. Ist aber mit Vorsicht zu genießen.“ Sie überlegt es sich und kneift. Ich will es aber wissen. Einmal drin, kommt mir aber die Erkenntnis: Höllengestank ist maßlos untertrieben. In einer Kurzschlussreaktion entscheide ich mich zur Flucht, bevor ich genauer ergründen kann, wonach es eigentlich riecht.
Sitzen, hören, riechen
Ich betrete das Foyer, der strenge Geruch hat sich zum Glück schon wieder verflüchtigt. Hier befinden sich sogenannte „Duftstühle“, jeweils ein Duftstoff wird genau erklärt. Lavendel, Moschus, Rose. Dazu kann man sich neben den erklärenden Schildern noch einen kurzen Vortrag anhören und, natürlich essentiell für eine Duftausstellung, proberiechen. Ich gönne meiner Nase vorerst eine Pause und schnüffele lieber ein wenig an wohlriechender Minze.

Insgesamt 16 Duftstühle kann der Besucher in Beschlag nehmen und sich per Text und Audio informieren. Foto: Paul Crone
Waschen vs. Parfum
Es geht weiter: Ich betrete das Savannenhaus. Dieser Bereich beschäftigt sich mit der Geschichte des Parfums. Mit Infotafeln über Ägypten, das antike Griechenland, das römische Reich, das Mittelalter oder die Barock-Zeit begibt der Besucher sich auf eine olfaktorische Zeitreise. Zu jedem Zeitabschnitt gibt es wieder die üblichen Duftstationen. Ich erfahre, dass Napoleon vornehmlich Veilchenduft auftrug und Ludwig XIV sich meistens einparfumierte anstatt sich zu waschen. Das hielt er einmal wohl ganze vier Jahre durch.
„Das riecht furchtbar, da könnte ich mich gleich übergeben“
A propos: Nach dieser Zeitreise betrete ich den Bereich „Höllengestank“. Ein Pärchen sitzt auf einer Bank und unterhält sich. Der Gestank ist zum Glück, wie in der ganzen Ausstellung, nicht allgegenwärtig. Um zum Beispiel den Stinkasant zu erschnüffeln muss mal eine kleine Klappe aufmachen und sich darüberbeugen. Eine ältere Dame warnt mich jedoch: „Das riecht furchtbar, da könnte ich mich gleich übergeben“. Ich ignoriere die Warnung, wahrscheinlich aus Neugier. Ein Fehler. Mein Riechorgan ist beleidigt, ich rümpfe die Nase. Das zweite mal heute. Das Eingangsschild zu diesem Bereich hat also nicht zu viel versprochen: „Das stinkt zum Himmel!“ Das kann ich unterschreiben.
Da liegt was in der Luft, ein ganz besonderer Duft
Die nächste Station ist das Tropenhaus. Das erste, was hier auffällt ist kein Geruch, sondern eine erdrückende Luftfeuchtigkeit. Ich lausche dem Vortrag einer kleinen Privatführung, die ich eingeholt habe. In diesem Bereich, erfahre ich, werden die Forschungsergebnisse des Lehrstuhls für Zellphysiologie der Ruhr-Uni Bochum präsentiert. Jetzt sollten besonders Singlefrauen aufpassen: „Pampelmusenduft lässt Frauen im Test durchschnittlich sechs Jahre jünger auf Männer wirken“, erklärt die Führerin gerade der Gruppe. Legt man diesen Duft auf, kann man die Männerwelt also ganz leicht manipulieren. Ich fange an zu schwitzen. Liegt aber eher an den tropischen Klimaverhältnissen, als an der Erkenntnis, wie einfach die Menschheit doch zu manipulieren ist.

Unzählige dieser kleinen Duftklappen sind in den Gewächshäusern verteilt. Einfach hochklappen und vorsichtig daran riechen. Foto: Paul Crone
Gerüche, komplett ungefiltert
Denn so neu ist diese Erkenntnis nicht: Wir lassen uns so einfach täuschen, „weil die Nase das einzige Sinnesorgan ist, das seine Wahrnehmungen unmittelbar und ungefiltert dorthin leitet, wo unsere Gefühle, Erinnerungen und Triebe gesteuert werden: ins lymbische System mit Mandelkernen, Hippocampus sowie in den Hypothalamus“. Das wusste schon Aristoteles, eine große Infotafel vor dem Ausgang widmet sich dem antiken Denker. Dieser letzte Raum enthält ansonsten weitere „Gemischtwaren“: Worauf man beim Kauf von ätherischen Ölen achten sollte, wie die Nahrungsmittelindustrie Gerüche synthetisiert, aber auch wie komplex der Riechprozess eigentlich ist.
Komplex, lehrreich, intensiv
Ich verlasse die Ausstellung. Sie ist einen Besuch wert, egal wie viel Zeit man mitbringt. Besonders für RUB-Studenten lohnt sich, sofern es die Stundenpläne zulassen, ein schneller Abstecher in die Welt der Düfte und Gerüche. Sie zahlen nämlich keinen Eintritt. Wer also seine Nase einmal besonders fordern möchte: Die Ausstellung läuft noch bis Ende Oktober. Eine Abwechslung zur Cafeteria und Mensa bietet der botanische Garten als Ort, um Pause zu machen, allemal.
Die Eckdaten:
Die Ausstellung bleibt noch bis zum 31.10.2011 in den Gewächshäusern. Bis dahin ist Sie täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Ursprünglich konzipiert wurde die Wanderausstellung in Meran in Italien, im dortigen Schloss Trautmannshof. Führungen finden an den Wochenenden jeweils um 11 Uhr und 14 Uhr statt. Außerplanmäßige Führungen sind nach Vereinbarung ebenfalls möglich. Auch ausländische Studenten haben keine Probleme, die Ausstellung zu verstehen. Alle Infotafeln und interaktiven Elemente (z.B. Audio-Vorträge) sind in drei Sprachen verfügbar: auf Deutsch, auf Englisch und auf Italienisch.
Preisliste:
Studenten der RUB (bei Vorlage des Ausweises), sowie Vorschüler bezahlen keinen Eintritt. Schüler und Studenten bezahlen 1 €, Erwachsene ansonsten 2 €.
So kommt Ihr von der U-Bahn am schnellsten zur Ausstellung:
1 Comment