Woody Allens Neuer – Guter Jazz und schöne Bilder

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Zum dritten Mal hat Woody Allen dieses Jahr mit einem seiner Filme die Festspiele in Cannes eröffnet. Jetzt kommt „Café Society“ endlich in die Kinos. Phasenweise etwas dünn, dann blitzt doch wieder der Charme des Maestros auf. 

„Habe ich den nicht schon mal gesehen?“, denkt man sich nach 20 Minuten des neuen Woody Allen Films „Café Society“. Nach 46 Filmen drehen sich die Werke des in die Jahre gekommenen Regisseurs und Autors (80) irgendwie immer noch um dieselben Themen – ein Potpourri aus schon da gewesenem. In „Café Society“ zieht es den Jungen Bobby Dorfman (Jesse Eisenberg) aus seiner geliebten Heimatstadt New York ins sonnige Los Angeles der 1930er Jahre. Er versucht bei seinem Onkel, dem mächtigen Filmagenten Phil Stern (Steve Carell), Arbeit zu finden. Neben einem Job findet er im Büro des Onkels auch ein Mädchen. Er verliebt sich in die Sekretärin Vonnie (Kristen Stewart). 

Woody Allen zeigt sich wie immer autobiografisch. Sein Protagonist – wie auch der Regisseur selbst – ist der Sohn eines armen jüdischen Diamantenschleifers aus New York, der sich im Hollywoodglanz nicht wohlfühlt. Bobby und Vonnie erkennen, dass die Stadt der Reichen und Schönen nichts für sie ist. Doch die Romanze soll ein jähes Ende nehmen. Nachdem der Stadtneurotiker von seiner Angebeteten verlassen wird, flieht er wieder in die Heimat. Er stürzt sich in Arbeit, Erfolg und eine lieblose Ehe.

 

Eine Hommage an die eigenen Klischees

Nicht immer ist klar, ob das Geschehen der Fantasie des „hoffnungslosen Romantikers“ oder einem seiner vergangenen Filme entspringt. Und: Fällt Woody Allen nichts Neues mehr ein oder bleibt er seiner Linie treu? Es ist vielleicht eine Mischung aus beidem. Zum einen ist „Café Society“ eine Hommage an Klassiker wie „Der Stadtneurotiker“. Zum anderen wird man dabei das Gefühl nicht los, dass der Filmemacher etwas lieblos mit seinen eigenen Klischees um sich wirft und die alten Erfolgsrezepte wieder aufwärmt.

Was dem 80-jährigen Zyniker dennoch keiner nehmen kann, ist die Gabe, brillant komische Dialoge zu schreiben. In unendlich charmanter Art und Weise und mit einer gnadenlosen Pointiertheit kommt der Woody Allen zum Vorschein, wegen dessen man unbedingt ins Kino gehen sollte. 

Das Leben ist eine Komödie. Geschrieben von einem sadistischen Humoristen.

– Bobby Dorfman

Neben schönen Bildern sorgt vor allem die Musik für Atmosphäre in „Café Society“. Von Count Basie bis Benny Goodman läuft immer guter Jazz im Hintergrund. Nur in ganz wenigen Szenen ist keine Musik zu hören. Dann kann es schnell passieren, dass das so sehr herbeigesehnte, nostalgische Flair irgendwo im aufwendigen Dekor stecken bleibt.

Statt Bruce Willis brilliert Steve Carell

Steve Carell als Hollywood-Agent Phil Stern

Steve Carell als Hollywood-Agent Phil Stern

Doch dieser Film würde nicht funktionieren, wenn sich die Beteiligten der Liebesgeschichte nicht so plastisch darstellen würden. Ein grandioser Steve Carell zeigt, dass er nicht nur den tollpatschigen Trottel geben kann, als der er sich in Rollen wie Brick Tamland in „Anchorman“ festgespielt hat. Er ist der kaltblütige und doch liebenswerte Agenturboss Phil Stern, dem ganz Hollywood zu Füßen liegt. Carell soll aber nicht die Wunschbesetzung des Regisseurs gewesen sein. Den vielschichtigen Charakter sollte eigentlich Bruce Willis spielen. Offiziell verließ der „Stirb-langsam“-Star die Dreharbeiten wegen Terminkonflikten mit dem Broadwaystück „Misery“. Filmreporter Jeff Sender twitterte jedoch, Willis sei gefeuert worden. Gerüchten zufolge, weil er sich die Dialoge nicht merken konnte.

Jesse Eisenberg spielt den etwas unsicheren jungen Romantiker Bobby Dorfman. „Früher hätte ich diese Rolle selbst gespielt, aber Jesse macht das viel besser als ich“, adelt der Großmeister. Ganz klar ist, dass Bobby Dorfman eine Art junger Woody Allen ist – auch wenn der Drehbuchautor immer wieder leugnet, dass seine Filme von ihm selbst handeln. 

Am Ende bleiben Leere und Sehnsucht

Zwischen diesen Lebensentwürfen des Bobby Dorfman und des Phil Stern steht die junge Vonnie. Kristen Stewart spielt die Figur nicht als die blauäugige Sekretärin, die es ins Bett ihres Chefs geschafft hat, sondern mit viel Schneid und immer selbstbewusst. Bei der Wahl zwischen Wagnis und „Fame“ (laut Woody Allen die Währung, mit der wir alles bezahlen müssen) kann sie die Tragweite ihrer Entscheidung nicht absehen. Sie muss feststellen, dass sich „Alternativen ausschließen“. 

Auch wenn der Film von der äußeren Handlung her ein wenig belanglos daherkommt, bleiben am Ende eine große Leere und eine Menge Sehnsucht zurück. Glück gibt es nur in unseren Träumereien. Das wahre Leben, so scheint es, ist dafür zu kompliziert. 

 

Kinoprogramm
Café Society läuft in Dortmund in der Camera.

täglich 16:45 Uhr und 20:30 Uhr

camera-lichtspiele.de 

 

Bilder: Copyright: 2016 GRAVIER PRODUCTIONS, INC.

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