Südafrika hat von der WM profitiert
Von Michael Prieler
Was hat die WM in Südafrika uns Europäern bisher gebracht? Nerviges Vuvuzela-Dröhnen an den Fernsehgeräten, okay. Aber schon seit dem Confed Cup 2009 wussten wir, worauf wir uns einlassen würden.

Herzerwärmend begeisterungsfähig: Die südafrikanischen Fans. Foto: flickr.com/Chris Bloom
Europa trumpft auch ohne Heimvorteil auf
Deutlich erfreulicher: Drei europäische Teams im Halbfinale, und zu 100 Prozent einen europäischen Weltmeister – schon wieder. Und das trotz eines Turnierorts so fern von der Heimat. Vor vier Jahren konnten kurz entschlossene Franzosen oder Italiener noch relativ leicht ihre Mannschaft an Ort und Stelle des Finals anfeuern, wenn nicht im Olympiastadion, so doch zumindest auf der riesigen Fanmeile in Berlin.
Südafrika dagegen bescherte keinem der Turnierfavoriten, die nach überwiegender Experteneinschätzung aus den Kontinenten Europas und Südamerikas zu kommen pflegen, einen derartigen Heimvorteil. Dennoch setzten sich die hoch gehandelten Mannschaften durch, spielten erfolgreichen und mehr oder weniger nett anzusehenden Fußball – wobei mit mehr das deutsche Team, mit weniger die niederländische Elftal gemeint sein könnte.
Ein Grund für diese Tatsache sind sicherlich die begeisterungsfähigen Einwohner exotischer Gastgeberländer, sind es nun Japaner oder Südkoreaner wie 2002 oder eben die Südafrikaner in diesem Jahr. Ernsthaft rechnet keiner mit dem größtmöglichen Wurf der Heimelf – obwohl Südkorea vor acht Jahren der Sensation erschreckend nahe kam – und so sind die Tränen nach dem unvermeidlichen Ausscheiden auch vergleichbar schnell getrocknet.

Ghanas Blackstars wurden schnell zum Hoffnungsträger eines ganzen Kontinents. Foto: flickr.com/toksuede
Dann eben Ghana oder Deutschland
Wie schnell die Südafrikaner und mit ihnen ein ganzer Kontinent mit den besten Vertretern Afrikas, den bis ins Viertelfinale vorgestoßenen Ghanaern, fieberten, war herzerwärmend mit anzusehen. Und seit deren Niederlage feuern die Südafrikaner eben Deutschland an, genauso heißblütig, genauso emotional, genauso euphorisch wie zuvor ihr eigenes Land, obwohl wir dem größten afrikanischen Hoffnungsträger den Gruppensieg vermasselt haben, und nur weil auf der deutschen Linksverteidigerposition einer spielt, der afrikanische Wurzeln hat.
Das ist der Charme einer Weltmeisterschaft in einem Fußballentwicklungsland. Oder wären wir Deutschen etwa im Finale 2006 mit ganzem Herzen für die Italiener eingetreten, hätte damals in der Squadra Azzura schon Riccardo Montolivo mitgespielt, der fließend deutsch spricht und eine Oma aus Kiel hat? Ich denke eher nicht.
Keine Negativschlagzeilen aus Südafrika
Viel wichtiger allerdings als die Frage, was die WM den Zuschauern in der Ferne gebracht hat, ist es, herauszustellen, wie sich die Organisation eines solchen Weltturniers auf das Gastgeberland ausgewirkt hat. Ein Land kann unter dem Druck, den die Ausrichtung eines sportlichen Großereignisses mit sich bringt, zerbrechen.
Solche Negativschlagzeilen hört man aus Südafrika bislang nicht. Und das, obwohl das Land als eines der gefährlichsten der Welt gilt. Doch seit Beginn der Weltmeisterschaft hat sich die Verbrechensquote am Kap halbiert. Ob dieser Trend auch nach dem Freudentaumel, der während einer WM stets herrscht, anhalten wird, bleibt abzuwarten. Der Grundstein ist aber sicherlich gelegt.
Neue Infrastruktur, bessere öffentliche Verkehrsmittel
Doch Südafrika liefert in der Außenwirkung nicht nur afrikanische Leichtigkeit statt den befürchteten schlechten Nachrichten über Kriminalität und Korruption, das Land selbst profitiert auch enorm von der Ausrichtung der WM. Die Hotelbetten sind annähernd voll belegt. Neue Autobahnen wurden gebaut, die öffentlichen Verkehrsmittel erneuert und Fußgängerbrücken angelegt, die in der Zukunft hunderten Menschen das Leben retten können.

Das WM-Stadion in Durban: Bungee springen als Geschäftsidee. Foto: dfb.de
Die Stadien, die zum Teil neu errichtet, zum Teil runderneuert wurden, könnten sich als Geldschlucker erweisen, das stimmt. Denn es gibt einfach zu wenige Fußball- oder Rugbyvereine, die die Arenen zu ihren neuen Spielstätten erklären könnten. Und selbst wenn ein Stadion fortan ein südafrikanisches Team beheimaten sollte, ist der Zuschauerzuspruch, der der ersten Fußballliga zukommt, schlichtweg zu gering, als dass sich die Investitionen irgendwann rechnen würden.
Kritisch unter die Lupe nimmt Sebastian den Austragunsort auf der nächsten Seite.