Eine Pizza in den Ofen schieben oder eine Portion Nudeln kochen – das kann jeder und es geht schnell. Auch die Lernsession ohne Nervennahrung ist für viele Studierende unvorstellbar. Bei einigen sieht es so nicht nur während der Klausurenphase aus: Die alltägliche Ernährung ist ungesund und an Bewegung mangelt es auch. Schließlich verbringen Studierende oft den ganzen Tag am Schreibtisch oder in Vorlesungen. Experten warnen: Diese Kombination macht dick.
Obwohl die meisten das wissen, scheinen nur wenige ihren Lebensstil zu überdenken. Das zeigt auch der 13. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Neben der Ernährungsweise der Deutschen veröffentlicht die DGE darin auch die Messdaten zum Gewicht von Männern und Frauen aus dem Jahr 2013. Die Zahlen sind alarmierend: Rund 59 Prozent der Männer und etwa 39 Prozent der Frauen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren sind übergewichtig.
Das haben die Auswertungen des Body-Mass-Index (BMI) von den Teilnehmern der Studie ergeben, so die DGE. Dieser Wert lag für Männer mit der Durchschnittsgröße 1,79 Meter und 84,4 Kilogramm bei 26,5 – und damit im Übergewicht. Bei den Frauen sieht es nicht viel besser aus: Mit einem durchschnittlichen BMI von 24,6 (Körpergröße von 1,66 Meter und Gewicht von 67,9 Kilogramm) kratzen sie an der Grenze zum Übergewicht.
Männer sind häufiger übergewichtig
Doch nicht nur der Rentner mit Wohlfühlbäuchlein hat ein Gesundheitsproblem: „Normalgewichtige Männer in Deutschland sind bereits ab der Altersgruppe 30 bis 35 Jahren in der Minderheit“, schreibt die DGE. Zwar liege der Anteil übergewichtiger Personen in den Altersgruppen ab 60 Jahren besonders hoch, doch schon die Zeit als junger Erwachsener sei dabei ein Vorbote. „Zwischen dem 18. und 40. Lebensjahr nehmen Männer etwa elf Kilogramm zu“, schreibt die DGE in ihrem Bericht. Bei den Frauen ist es mit etwa sieben Kilogramm etwas weniger. Nur eine Minderheit könne ihr Gewicht im Normalbereich halten.
In diese Spirale ist auch David (Name von der Redaktion geändert) geraten: Seit Studienbeginn im Wintersemester 2015 hat der 21-Jährige rund 15 Kilogramm zugenommen. Während manche sich fragen, woher die Extrapfunde kommen, hat der Physikstudent eine klare Antwort. „Kneipenabende und die tägliche Portion Nudeln sind nun mal keine Schlankmacher“, sagt David.
Obwohl er das weiß, gibt es bei ihm mindestens viermal in der Woche Nudeln. Und auch an den übrigen Tagen landet kein Salat auf dem Teller: Tiefkühlpizza, Pommes aus der Kantine oder eine Tüte Chips zum schnellen Mittagessen sind keine Seltenheit bei ihm. Und genau da liegt der Grund für das Übergewicht bei den Deutschen, wie die DGE in ihrem Ernährungsbericht schreibt.

Kein seltenes Bild: Studierende verbringen beim Lernen viel Zeit im sitzen. (Bild: pixabay.com)
Sitzen und lernen: Studierende sind gefährdet
Das Hauptproblem liege in der überhöhten Energiezufuhr, verbunden mit zu wenig Bewegung im Beruf und in der Freizeit. Das trifft Erwerbstätige, die den ganzen Tag im Büro sitzen, aber auch Studierende. Sie verbringen ihre Tage in Vorlesungen, Seminaren oder am Schreibtisch – und das sitzend.
Laut der DGE ist die ungesunde Ernährung auf die einfache Verfügbarkeit kalorienreicher Lebensmittel zurückzuführen. „Das macht es vielen schwer, dauerhaft eine an den individuellen Energiebedarf angepasste Ernährung zu realisieren“, sagt die DGE. Im Alltag beim Essen zu Hause oder in der Wohngemeinschaft sind einfache Gerichte, die wenig Zeit zur Zubereitung brauchen, beliebter. Außer Haus, wie zum Beispiel in der Uni-Mensa, greifen die meisten zu Pommes, anstatt zur Salatbeilage – doch das hat Folgen, wie das Beispiel von David zeigt.
Der 21-Jährige gönnt sich nicht nur den Luxus von Kneipenabenden, sondern auch die Möglichkeit zu essen was er und vor allem, soviel er will. „Zu Hause bei meinen Eltern gehört Gemüse zur Mahlzeit dazu. Bei mir landet neben den Nudeln meist nur viel Soße auf dem Teller“, sagt David. Seit er sich selbst versorgen muss, sind auch die Einkäufe alles andere als gesund. „Tiefkühlpizza und Limonaden sind immer dabei, häufig auch Energydrinks und eine Tüte Chips“, sagt er. Damit ist er nicht allein – für manche Studierende der TU Dortmund haben sich die Essgewohnheiten seit dem Studienbeginn ebenfalls verändert.
[metaslider id=222597]Das Studium macht dick
Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg haben bereits Studien zum Übergewicht bei Studierenden durchgeführt. Beobachtet wurden Studierende der Sportwissenschaft und der Zahnmedizin. Das Ergebnis: Die Zahnmediziner legten rund drei Kilogramm zu, die Sportler etwa zwei Kilogramm – doch Letztere vor allem an Muskelmasse.
„Die plötzliche Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und der zunehmende Mangel an sportlichen Freizeitaktivitäten führen in dieser Zeit geradezu zwangsläufig zu einer Gewichtszunahme“, sagte Wolfgang Kemmler, Sportökonom am Institut für Medizinische Physik der Universität Erlangen-Nürnberg gegenüber der WELT. Auch Auszubildende seien davon betroffen.
Die geringe Bewegung im Studium der Zahnmediziner stand den vielen Sporteinheiten der Sportstudierenden gegenüber. Da die meisten Studiengänge jedoch eher Schreibtischarbeit anstatt körperlicher Aktivität verlangen, entspräche das Beispiel der Zahnmediziner der Realität des Studentenlebens.
Die Sportwissenschaftler aus Erlangen raten Studierenden, Auszubildenden und Berufsanfängern zu mehr Bewegung. Die soll dem Übergewicht, durch die Veränderungen in der neuen Lebensphase, entgegenwirken. Tipps, wie öfter mal zu Fuß gehen oder das Rad zu nehmen, sind dabei kein Geheimnis. Die DGE verweist auf ihre zehn Regeln zu einer vollwertigen Ernährung. Wer seine tägliche Ernährung als Mischkost aus den fünf Lebensmittelgruppen gestaltet, dem gelinge eine ausreichende Nährstoffzufuhr.
David will sich das zu Herzen nehmen. Er ist zwar im Fitnessstudio angemeldet, doch der letzte Besuch liegt schon eine Weile zurück. Mit seinen Mitbewohnern will er einen Neustart versuchen. Ob sich auch die Ernährung bei ihm verändern wird? David ist da eher pessimistisch: „Ich bin einfach zu bequem, es wird wohl bei den Nudeln bleiben.“ Nur am Ende des Monats kann sich sein Körper mal über gesündere Nährstoffe freuen: „Manchmal bin ich so pleite, da gibt es dann nur noch Rucolasalat mit Thunfisch.“
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