Immer wieder der 2. Februar, immer wieder 6 Uhr morgens und immer wieder spielt der Wecker „I Got You Babe“: In der Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erlebt Phil Connors wieder und wieder denselben Tag. Kommt euch das bekannt vor? Eine Studie der Universität Freiburg zeigt, dass jeder zweite Deutsche in seinem Leben schon einmal ein Déjà-vu hatte. Aber was genau ist das?
„Ein Déjà-vu ist das subjektive Empfinden, dass man eine Situation genau so schon einmal erlebt hat“, erklärt Johanna Kißler, Professorin für affektive Psychologie an der Uni Bielefeld. Das Wort selbst kommt aus dem Französischen und bedeutet übersetzt „bereits gesehen“. Dabei hat es gar nicht zwangsläufig etwas damit zu tun, was wir sehen. „Der Begriff ‚Déjà-vu‘ bezeichnet eigentlich den Eindruck, dass etwas schon einmal erlebt wurde. Es geht also vielmehr um das Empfinden als um das Gesehene.“ Deshalb kann ein Déjà-vu auch akustisch auftreten. Dann nennt man es aber Déjà-entendu- französisch für „bereits gehört“.
Ob gehört oder gesehen – oft kommt es uns nach einem Déjà-vu vor, als hätten wir die ganze Situation nur geträumt. Mit einem Traum habe das Déjà-vu aber nichts zu tun, sagt Kißler. „Anders als von einem Traum können wir uns von einem Déjà-vu distanzieren. Uns ist also Sekunden, nachdem dieses Vertrautheitsgefühl auftritt, schon bewusst, dass es sich um eine Fehlwahrnehmung handelt.“ Deshalb heißt das Déjà-vu im Fachjargon auch „Erinnerungs- oder Bekanntheitsstörung“.
Theorie 1: die „Störung“
Nach der „neurologischen Störungstheorie“ entsteht ein Déjà-vu in unserem Zentrum des bewussten Erinnerns, dem Schläfenlappen. Johanna Kißler hält diese Theorie für die wahrscheinlichste. Sie erklärt, dass eine seepferdchenförmige Gehirnstruktur namens „Hippocampus“ jeden wahrgenommenen Sinneseindruck als bekannt oder unbekannt einordnet. Erkennt er den Sinneseindruck als bekannt, löst das bei uns ein Vertrautheitsgefühl aus. Bei einem Déjà-vu sei dieses Gefühl aber völlig fehl am Platz, denn eigentlich sei gar nichts tatsächlich Bekanntes wahrgenommen worden. „Manchmal baut der Hippocampus einzelne Gedächtniselemente zu einem falschen Gesamtbild zusammen. Nämlich dann, wenn ein winziger Bruchteil von dem, was man gerade erlebt, schon einmal in einer völlig anderen Konstellation aufgetaucht ist“, erklärt Kißler. In diesem Fall komme es uns so vor, als hätten wir die ganze Situation schon einmal erlebt.
Über den Grund für ein Déjà-vu sind sich Forscher bis heute aber nicht ganz einig. Andere Wissenschaftler aus der Psychoanalyse sind davon überzeugt, dass ein Déjà-vu uns auf verdrängte Erinnerungen aufmerksam machen will.
Theorie 2: die „Verdrängung“
Nach der sogenannten „Verdrängungstheorie“ haben wir das, was uns bekannt vorkommt, wirklich schon einmal so erlebt und bloß wieder vergessen. Der angebliche Grund: Unser Gehirn speichert Informationen nicht wahllos. Nur wichtige Erinnerungen und Erfahrungen werden in unserem Langzeitgedächtnis gespeichert – positive und negative. Es könne aber auch vorkommen, dass besonders schlechte oder peinliche Erfahrungen mit Absicht vergessen, also verdrängt werden. Dieser Vorgang heißt „motiviertes Vergessen“. Nach der „Verdrängungstheorie“ sind diese absichtlich vergessenen Erinnerungen der Auslöser für ein Déjà-vu.
Die „Verdrängungstheorie“ sei zwar weit verbreitet, aber durchaus kritisch zu betrachten, sagt Johanna Kißler. „Diese psychoanalytischen Theorien sind häufig nicht optimal untersucht. Das heißt nicht, dass sie falsch sind, aber ob ein Déjà-vu tatsächlich eine verdrängte Erinnerung ist, dafür gibt es bisher keine Anhaltspunkte.“
Warnsignal Déjà-vu
Erwiesen ist aber, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Déjà-vu-Erlebnis im Alter zunimmt. Grundsätzlich kann jeder ein Déjà-vu erleben, laut Kißler erleben aber vor allem Epileptiker dieses Phänomen. „Wie häufig wir ein Déjà-vu haben, hängt davon ab, wie gut unser episodisches Gedächtnis funktioniert.“
Wer öfter mal ein Déjà-vu erlebt, hat nicht zwangsläufig ein schlechtes Gedächtnis – aber vielleicht ein bisschen zu viel um die Ohren! Denn: Je gestresster wir sind, desto anfälliger sind wir für ein Déjà-vu. „Ein Déjà-vu kann eine Art Warnsignal sein. Die Gehirnstrukturen, die für das Déjà-vu verantwortlich sind, sind auch reich an Rezeptoren für Stresshormone“, erklärt Kißler. Unter zu großem Stresseinfluss sei der Hippocampus überfordert und so käme es viel häufiger zum Déjà-vu.
Weil ein Déjà-vu in der Regel spontan auftritt, ist es nur schwer zu untersuchen. Mit Hilfe von Befragungen konnten Forscher herausfinden, dass ein Déjà-vu durchschnittlich einmal im Jahr vorkommt und nur wenige Sekunden dauert. Eine alles erklärende Ursache für dieses Phänomen gibt es aber bisher nicht.