Egal ob ein verhindertes Verkehrschaos, weiße Streifen an den Schuhen oder beschädigter Lack am Auto – Streusalz begleitet uns durch eisige Winter. Um euer Know-How rund um das chemische Zeug ein bisschen aufzubessern, hat pflichtlektuere.com-Mitarbeiterin Sophia Weimer einen Experten befragt: Uwe Zachwieja ist Privatdozent für Anorganische Chemie an der TU Dortmund und hat ihr Rede und Antwort gestanden.
Sophia Weimer: Herr Zachwieja, Streusalz besteht meist aus Natriumchlorid (Na+Cl-), wenn es sich mit Eis verbindet, schmilzt das Eis. Was ist das für ein chemischer Prozess, der da abläuft?
Uwe Zachwieja: Der Prozess heißt „molare Schmelzpunkterniedrigung“. Diese beruht auf einem Entropieeffekt. Die Entropie ist ein Maß für die Unordnung. Wenn man viele verschiedene Teilchen im System hat, bekommt man auch eine größere Unordnung. Und die verändert die Schmelztemperatur von Wasser. Somit haben Natrium, Chlorid und Wasser zusammen in einem System, eine niedrigere Schmelztemperatur als reines Wasser.

Alle Jahre wieder landen Berge von Streusalz auf deutschen Straßen.
Würde das bei jeder Temperatur funktionieren?
Bei Verwendung von NaCl funktioniert es bis -21 Grad Celsius. Wenn man teures Kalzium-di-chlorid (CaCl2) benutzt, geht es bis – 55 Grad. CaCl2 besteht aus noch mehr Teilchen und bringt so noch mehr Unordnung in das System. Deshalb hat es eine stärkere Wirkung.
Man hört oft von negativen Auswirkungen auf Umwelt und Tiere. Ist da etwas dran?
Die Auswirkungen sollten generell auf Pflanzen und Tiere eher gering sein, da vorwiegend asphaltierte Bereiche gestreut werden. Außerdem ist der sehr große Niederschlag im Winter ein gewichtiges Argument: Damit werden die entstehenden Salzlösungen stark verdünnt.
Für spazieren gehende Hunde ist das Streusalz allerdings unangenehm, da es wie kleine Glassplitter in den Pfoten wirkt. In offenen Wunden brennt es, da das Salz den Zellen das Wasser entzieht.
Wenn Schuhe scheinbar schwitzen
Das Problem mit den Streusalzstreifen auf dunklen Schuhen kennt der Chemiker übrigens auch: „Das Schuhmaterial saugt Wasser auf – mit ihm das darin gelöste Salz. Wenn das Wasser verdunstet ist, bleibt ein Salzrückstand, der einen weißen Rand bildet. Genau das gleiche passiert auf Autos. Wenn man nicht zu lange wartet, lässt sich dieser aber leicht wieder abwaschen.“