365 Geschichten über Fußball-Kultur

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung nennt ihn „Mister Ruhrgebietsfußball“. Dass er über Spieler, Trainer und Macher der Szene eine ganze Menge weiß, hat Ben Redelings mit seinem neuen Buch wieder einmal bewiesen. Nun ist er damit auf Lesereise.

Ben Redelings schaut in etwa 90 gespannte Gesichter und stellt belustigt fest: „So viel Andrang bin ich ja aus unserem Stadion zuletzt nicht gewohnt.“ Sein Stadion, das ist die Spielstätte des VfL Bochum und Ben Redelings ist natürlich Fan, außerdem aber auch Autor und Filmemacher.

Ben Redelings plaudert aus dem Nähkästchen und hat sichtlich Spaß dabei. Foto: Kerstin Börß.

Ben Redelings plaudert aus dem Nähkästchen und hat sichtlich Spaß dabei. (Foto: Kerstin Börß)

In eher ungewohntem Umfeld, zwischen den gesammelten Werken des Ingenieurwesens in der Bereichsbibliothek der Fachhochschule Dortmund, stellt der „Chronist des Fußball-Wahnsinns“, wie Manni Breuckmann ihn einst nannnte, sein neues Buch vor. „Halbzeitpause – Die Fußball-Klolektüre“ heißt es und besteht aus 365 kleinen Geschichten, in mühevoller Recherchearbeit zusammengetragen.

In T-Shirt und Jackett, mit etwas zu langen dunklen Haaren, sieht Redelings eher wie der Deutschlehrer von nebenan aus, als wie ein Bestsellerautor. Doch er kennt alle Großen der früheren und heutigen Fußballszene und weiß über die meisten so einiges zu erzählen. Da er das auch gerne und ausgiebig, aber immer mit Stil tut, ist die „Halbzeitpause“ bereits sein viertes Werk. Davor waren „Ein Tor würde dem Spiel gut tun“, „Der Ball ist eine Kugel“ und „Fußball ist nicht das Wichtigste im Leben – es ist das Einzige“ erfolgreich. Redelings schreibt außerdem für 11Freunde, Reviersport und Spiegel Online, zudem genießen seine Fußball-Kultur-Abende „Scudetto“ im Bochumer RIFF Kultstatus.

Eine Lesung soll es an diesem Abend sein, doch Redelings kommt in gut 90 Minuten Programm kaum zum Lesen. Viel zu viele Anekdoten fallen ihm ein, die er sofort loswerden will, von Peter Neururer, der einst, mit Blaulicht und Schreckschusspistole bewaffnet, in Luxemburg festgenommen wurde; von Reporter-Urgestein Rolf Töpperwien, der sich auf ZDF-Papier über die letzte Rechnung eines Bordells beschwerte; von einem kleinen Jungen, der in einem Kölner Supermarkt einem FC-Spieler mit ganzer Kraft vors Schienbein trat und rief: „Du sollst trainieren, nicht einkaufen!“.

Halbzeitpause - das neue Werk von Ben Redelings. Foto: Lisa Schrader.

"Halbzeitpause - die Fußball-Klolektüre" - das neue Werk von Ben Redelings. (Foto: Lisa Schrader)

Man merkt Redelings die Begeisterung für den Sport und all die schillernden und tragischen Figuren an. Von Wolfgang Kleff kommt er zu Erich Ribbeck, von Rainer Calmund zu Olaf Thon, von Otto Rehhagel zu Michael Schulz. Der Zuhörer muss sich schon anstrengen, all den verschiedenen Geschichten zu folgen. Oftmals bricht Redelings eine Anekdote mittendrin ab und fragt in die Runde: „Ach, wer erinnert sich noch an Walter Frosch?“ Die, die sich erinnern, murmeln zustimmend und schon ist er mitten in der nächsten Geschichte.

Aber auch für solche, die mit Namen wie Walter Frosch, Frank Mill und Thomas Kempe nichts mehr anfangen können, ist der Abend nicht minder spannend. Erzählt der Autor doch vom Fußball vor den Zeiten der Laktattests, Einheitsbälle und Torrichter. Er berichtet von einer Zeit, in der Bundesligaspieler noch den Abend vor der nächsten Partie mit mindestens zwei bis drei Bier in der Stammkneipe abschlossen und Schiedsrichter, die eine Halbzeit sturzbesoffen schon nach 32 Minuten abpfiffen, trotzdem noch weitere 103 Begegnungen leiten durften.

„Die Realität schreibt die schönsten Geschichten“, sagt Redelings und genau diese Geschichten prägen einen unterhaltsamen Abend. Da muss er auch gar nicht mehr viel dafür tun.

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