Rollstuhlbasketball: Blut, Schweiß und Tränen

Basketball wird als körperloser Sport verschrien. Das gilt sowohl für die Fußgänger- als auch die Rollstuhlvariante.  Warum diese Einschätzung falsch ist und wo die Schmerzen am größten sind, hat pflichtlektüre für euch herausgefunden. Und zwar beim Training der Rollstuhlbasketballer des RTB Uni-Bochum.

Foto: Manuel Solde

Carsten, diesjähriger Topscorer der Oberliga NRW, beim Wurf. Foto: Manuel Solde

Es ist ungewohnt, sich beim Basketball nicht so schnell und natürlich bewegen zu können. Vor allem die Richtungswechsel machen Probleme. Auch werfen und passen klappt nicht so reibungslos wie sonst. Am schwierigsten ist es jedoch, alle Kraft nur aus Armen und Oberkörper zu beziehen. Der Muskelkater am nächsten Tag ist vorprogrammiert. Das sind die ersten Eindrücke vom Rollstuhlbasketball an der Uni Bochum.

Der RTB, wie der Club heißt, wurde 1985 als studentische Rollstuhlsportgruppe im Rahmen des Hochschulsports der Uni Bochum gegründet. Mittlerweile hat der Club an die 50 Mitglieder. Das Rolli-Basketballteam spielt in der Oberliga NRW, und schloss die Saison 09/10 als Fünfter ab. Die Damenmannschaft des RTB wurde 2007  Deutscher Meister, konnte bei der  diesjährigen Meisterschaft allerdings nur den fünften Platz erringen.

Crash im Rollstuhl vorprogrammiert

Eigentlich war der Plan, beim Training zuzuschauen, ein paar Fotos zu schießen und Fragen zu stellen. Da es allerdings noch einen zusätzlichen Rollstuhl gibt und Basketballer coole Leute sind, kann ich direkt mittrainieren.  Am Anfang ist es noch ziemlich schwierig, alles zu koordinieren. Zu meinem Glück wird sich erstmal aufgewärmt. Nach ein paar Runden zum warmwerden, geht es mit Korblegern weiter. Auf den Korb zufahren, den Pass bekommen und werfen. Klingt ja eigentlich ganz einfach. Ich fahre also auf den Korb zu, fange den Pass, werfe…um dann festzustellen, dass der Rollstuhl weiter geradeaus fährt und sich meine Hände noch über meinem Kopf befinden. BANG! Ich habe soeben meinen ersten Korbleger gemacht und bin anschließend  äußerst unsanft von der Hallenwand gebremst worden. Immerhin habe ich getroffen. Aus Sicherheitsgründen setze ich beim folgenden Konditionstraining mal aus und lasse mir von Trainer Roger das Regelwerk erklären.

Die Regeln beim Rollstuhlbasketball sind nahezu identisch mit denen im Fußgängerbasketball. Die Körbe haben die gleiche Höhe, das Spielfeld ist genauso groß und man hat 24 Sekunden, um den eigenen Angriff abzuschließen.  Das Pendant zum Schrittfehler ist im Rollstuhlbasketball der Schubfehler.  Dieser liegt vor, wenn der ballführende Spieler mehr als zweimal an den Greifringen zieht, ohne den Ball zu dribbeln. Der auffälligste Unterschied ist die Klassifizierung der Spieler beim Rollstuhlbasketball. Jeder Spieler wird hierbei nach dem Grad seiner Behinderung bewertet und erhält eine entsprechende Punktzahl von 1,0 bis 4,5. Die höchste Behinderungsstufe wird mit 1,0 bewertet, während ein nichtbehinderter Spieler 4,5 Punkte erhält. Während eines Spiels darf die Gesamtpunktzahl einer Mannschaft maximal 14 Punkte betragen. Dieses System sorgt  für einen Ausgleich zwischen Spielern mit unterschiedlich starken Behinderungen. Zudem werden so Mannschaftsaufstellungen vermieden, die ausschließlich Nichtbehinderte oder Spieler mit weniger starken Behinderungen beinhalten.

Beim Rollstuhlbasketball wird grundsätzlich in gemischten Teams    gespielt. Foto: Manuel Solde

Beim Rollstuhlbasketball wird grundsätzlich in gemischten Teams gespielt. Foto: Manuel Solde

Gequetsche Finger sind die Regel statt die Ausnahme

Ich hätte Handschuhe anziehen sollen. Durch das ständige Ziehen an den Greifringen habe ich mittlerweile ordentliche Blasen an den Händen. Aber egal, keine Ausreden jetzt. Wenn ich schon technisch nicht mithalten kann, muss ich das durch Einsatz ausgleichen.  Ich bin hochmotiviert und gebe jetzt richtig Gas. Dumm  ist nur, dass mein Motivationsschub dafür sorgt, dass meine Finger zwischen Stuhl und Reifen geraten. Da helfen dann auch keine Handschuhe mehr. Gequetschte Finger gibt es beim Rollstuhlbasketball aber häufiger und Steffi erzählt mir, dass auch sie am Anfang mit Blasen an den Händen zu kämpfen hatte. Steffi hat  zehn Jahre lang in der 1. Basketballbundesliga der Damen gespielt und ist nach einer Knieverletzung zum Rollstuhlbasketball gewechselt.

Rollstuhlbasketball gilt allgemein als körperloser Sport. Doch genau wie beim Fußgängerbasketball sieht es in der Praxis anders aus. Zusammenstöße und blaue Flecken sind üblich. Auch den ein oder anderen Ellbogen muss man einstecken können. Trotzdem kommt es beim Rollstuhlbasketball eher selten zu gravierenden Verletzungen. Von geklemmten Fingern und Blasen an den Händen mal abgesehen, sind in erster Linie Schulterverletzungen ein Problem. Kein Wunder, stehen doch Arme und Schultern beim Rollstuhlbasketball unter ständiger Belastung.

Zum Abschluss des Trainings wird dann gespielt. Ich bin fasziniert davon, wie taktisch Rollstuhlbasketball ist. Ausblocken, also das Blockieren des Gegners, um den Mitspielern Platz zu schaffen, ist entscheidend.  Außerdem ist das Spiel verdammt schnell. Nach dem Angriff muss man so schnell es geht zurück in die eigene Hälfte, um ein Überzahlspiel des Gegeners zu vermeiden. Am Wichtigsten ist jedoch, dass es extrem viel Spaß macht. Es war eine wirklich coole Erfahrung und ich kann nur jedem raten, besonders den Basketballern unter euch,  es selbst einmal auszuprobieren.

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