Duell am Donnerstag: Picklig auf dem Laufsteg

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Pickel und Models? Das passt auf den ersten Blick so gar nicht zusammen. Ein Designer der Fashionweek in Mailand sieht das anders – er ließ seine Kollektion von Models mit deutlicher Akne im Gesicht vorführen. Unsere Autorinnen sind sich uneinig, ob Hautunreinheiten auf einen Laufsteg gehören.

Mut zum Imperfekten!

findet Leonie Merheim

Perfekte Figur, perfekte Haare, perfekte Haut – durch Social Media sind wir mittlerweile nahezu ununterbrochen mit idealen Menschen konfrontiert. Blogger, Models und Co. jetten ständig durch die Weltgeschichte und bekommen dabei nicht einmal den kleinsten Stress-Pickel.

Besonders für Models ist das Aussehen ja bekanntlich ihr Kapital – vor allem jetzt, wenn: Die großen Fashionweeks laufen! Und die Modewelt ist hart, immerhin betont Heidi Klum das in jeder einzelnen Staffel von Germany’s Next Topmodel.

Models mit Makeln

In den letzten Jahren begann die Fashionwelt, sich aber nach und nach realitätsnäher zu präsentieren. Mittlerweile gibt es zahlreiche super erfolgreiche übergewichtige Models, Models mit Zahnlücken oder Models mit Pigmentstörungen. Was aber bisher noch fehlte, war das alltäglichste: Hautunreinheiten.

Damit hat wohl jeder des Öfteren zu kämpfen und einen Star mal ungeschminkt, mit deutlichen Pickeln zu erwischen, ist für die Boulevardpresse sowas wie ein Sechser im Lotto. Deshalb zeigt der malaysische Designer Moto Gut jetzt Pickel und andere Hautunreinheiten auf der Fashionweek in Mailand.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Akne wurde bei der Modenschau mit Absicht nicht abgedeckt und teilweise durch Maskenbildner sogar verstärkt. Und genau das soll an einem Ort der Inszenierung, wie es eine Modenschau nun mal ist, gezeigt werden: Ja, auch das perfekte Mädchen oder der perfekte Junge aus der Zeitschrift hat Hautunreinheiten und Pickel, genau wie ich. Wo sonst extravagante und übertrieben Mode gezeigt wird, muss auch Imperfektion in voller Breite zur Schau gestellt werden dürfen.

Es geht darum, dem Publikum einen Eindruck zu vermitteln – und so setzt der Designer ein klares Statement in seiner Show. Natürlich löst der Gedanke des Zuschauers, dass Models Pickel haben, nicht den Perfektionsdruck unserer Gesellschaft, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Auch Blogger zeigen sich immer natürlicher 

Vor allem die Modebranche übt einen großen Einfluss aus. Models wirken oft unnahbar und können beim Zuschauer für Komplexe und ein verringertes Selbstwertgefühl sorgen. Und auch Blogger verstärken diesen Effekt. Morgens ein Bild aus Berlin, abends eins aus Brasilien – und das immer in der perfekten Pose. Langsam klären die Leute vor der Kamera auf, dass nicht alles immer nur durch einen Schnappschuss entsteht, sondern dass ein Bild für Instagram viele Stunden Arbeit bedeuten kann.

Der Trend Fotos mit unreiner Haut zu posten, kommt daher langsam auch in der Blogosphäre an. Das ist gut so, denn: Um ein gesundes Selbstbild zu haben, gehören Vergleiche mit anderen, besonders mit öffentlichen Personen, nun mal mit dazu. Die Modebranche zeigt also die Realität – und kleine Makel machen den Menschen doch erst nahbar und sympathisch.

Alles nur PR!

meint Kathrin Wesolowski

Übergewichtige, nackte, stark behaarte Models – die Modeindustrie lässt sich immer wieder etwas einfallen, um aufzufallen. So auch der malaysische Designer Moto Guo. Die Gesichter seiner Models auf der Mailänder Fashion Week waren mit roten, sprießenden Pickeln bedeckt. Ach so natürlich? Natürlich nicht. Die meisten Pickel waren nur aufgemalt oder mit Schminke extrem betont, das Ganze reine PR.

Die Masche:  Der Designer will zeigen, dass Models ganz normale Menschen sind, mit Makeln und Schönheitsfehlern. Und dafür lässt er Maskenbildner Pickel verstärkt darstellen?

Makel muss man nicht zur Schau stellen

Schon einige Modedesigner wollten die Modewelt revolutionieren: Jean Paul Gaultier lässt übergewichtige Models über den Laufsteg laufen, in Frankreich sollten magersüchtige Models verboten werden. Das ist tatsächlich eine Sache, die man revolutionieren sollte. Viel zu viele junge Menschen, vor allem Mädchen, glauben, dass Size Zero gleich Size Hero ist. Ob sie ihre Pickel akzeptieren, nur weil Models sie nicht überschminken, sondern – im Gegenteil – sich welche schminken lassen? Wohl kaum.

In der Geschichte gab es immer Schönheitsideale. Früher galten dickere Frauen als attraktiv, heute sind es schlanke. Natürlichkeit stand und steht heute noch im Vordergrund. Jede Frau ist natürlich schön. Muss man dann aber jeden Makel zur Schau stellen?

Nein. Natürlich sind Pickel und Unreinheiten etwas Natürliches, vor allem in der Pubertät und bei ungesunder Ernährung zu bemerken. Dennoch sind es doch keine Merkmale, die man zur Schau stellen muss. Sie sind einfach ein Teil deines Aussehens in einem bestimmten Lebensabschnitt, sie sind da und man kann nicht viel dagegen tun.

Alles für die Aufmerksamkeit

Die Intention des Designers ist, das Schönheitsideal der scheinbar perfekten Modewelt infrage zu stellen? Schön wär’s. Die Modewelt müsste von vorne bis hinten umgekrempelt werden, damit sich endlich etwas tut. Damit die naiven Mädchen, die sich ihre Vorbilder in Vogue und Co. suchen, bemerken, dass die Models nicht natürlich sind. Die Modeindustrie sollte auf diesen großen Fehler hinweisen, nicht bloß Aufmerksamkeit suchen und andere, unwichtigere Makel herausgreifen.

Moto Guo wollte ins Gespräch kommen und das hat er auch geschafft. Ein weiteres Mal wird er seinen Models bestimmt keine Pickel ins Gesicht malen – der Überraschungsfaktor ist weg. Eine neue Idee muss her. Models, die in der Nase popeln? Models, die stark schwitzend über den Laufsteg laufen? Models mit schuppigen Haaren? Was kommt als nächstes als getarnte Kritik an der Modeindustrie, als eigentliche PR-Masche?

das-duell-feederFoto: stockxchng/bizior, S. Hofschlaeger/pixelio.de, Montage: Brinkmann/Schweigmann 
Teaserfoto: Ralf Heid/flickr.com/CC BY-NC 2.0

1 Comment

  • Vanilla sagt:

    Sehr interessante Beiträge!
    Zu behaupten, dass Akne nur zu einem bestimmten Lebensabschnitt, oder aufgrund von schlechter Ernährung auftritt, (und man es dann – „nicht zur Schau stellen muss“ – was auch immer das heißen mag … Stellt man seine Makel „zur Schau“ wenn man sie im Alltag nicht versteckt?) mutet jedoch ein wenig ignorant an. Zwar wäre es vermutlich gesund die Modeindustrie komplett umzukrempeln, aber irgendwo muss man anfangen, nicht? Und warum nicht damit sich nicht für seine Makel zu schämen?

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