Die gewiefte Taktik der AfD: Zurückrudern

Rudern

Ob ein rassistischer Angriff gegen Boateng oder der Schießbefehl gegen Flüchtlinge: Mitglieder der Alternative für Deutschland (AfD) schaffen es mit ihren Aussagen immer wieder in die Schlagzeilen. Doch kaum muss die gesamte Partei dafür Kritik einstecken, macht sie einen Rückzieher.

Pflichtlektuere-Autorin Sophie Schädel analysiert: Auf diese Weise kann sich die AfD in Szene setzen und bei Wählern rechts außen beliebt machen. Unliebsame Äußerungen werden als Einzelmeinungen verkauft, um die Partei aus der Schusslinie zu bringen. Vier Beispiele.

1. Streit in der Nachbarschaft

Die AfD rudert zurück – wieder einmal. Partei-Vice Alexander Gauland soll über Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng gesagt haben:

Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben,

berichtete zuerst die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Kaum war das Zitat in den Medien, versuchte Gauland sich herauszuwinden. Er habe das so nicht gesagt, er habe das so nicht gemeint, er habe nur von „manchen Menschen“ gesprochen und nicht von Boateng, er habe das nur im vertraulichen Gespräch gesagt. Gleichzeitig distanziert sich Partei-Chefin Frauke Petry öffentlich von der Äußerung und stellt sie so als eine Einzelmeinung dar, für die die gesamte Partei nicht verantwortlich gemacht werden kann.

Auf den ersten Blick kann Gauland wie ein Mann wirken, der sich schrecklich verplappert hat und jetzt kleinlaut versucht, alles wieder geradezurücken, während sich seine Partei für ihn schämt und Schadensbegrenzung betreibt. Doch der Rückzieher ist eine Masche, die die AfD nicht zum ersten Mal anwedet.

2. Doppelter Rückzieher: „Wir rudern nicht zurück“

Ein anderes Beispiel für diese Taktik der Partei ist eine Demonstration in Brandenburg. Die dortige Junge Alternative hatte hatte im März 2016 zu einer Demonstration durch die Stadt Elsterwerda aufgerufen. Das Motto: „Asylchaos stoppen, Familien stärken, Demokratie verteidigen“. Als Kritik aufkam, relativierte der dortige AfD-Kreistagsabgeordnete Andreas Franke: Das Motto der Demo sei unglücklich rübergekommen.

In diesem Fall machte die AfD dann sogar noch einen Rückzieher vom Rückzieher: „Dass die AfD zum Motto der Veranstaltung zurückrudert, ist nicht zutreffend“, so die AfD Elbe-Elster auf ihrer Homepage. Man habe lediglich klargestellt, dass mit dem Begriff Asylchaos die Politik der Bundesregierung gemeint gewesen sei, und man sich nicht gegen Schutzbedürftige richte. Kein Zurückrudern also, sondern die Klarstellung eines Missverständnisses, so die AfD.

3. Mut zum Schießbefehl

Noch ein öffentlichkeitswirksamer Eklat der AfD: Die Diskussion um den Schießbefehl an deutschen Außengrenzen. AfD-Chefin Frauke Petry forderte Ende Januar 2016, Flüchtlinge notfalls mit dem Einsatz von Schusswaffen von der Einreise in die Bundesrepublik abzuhalten. Nachdem diese Aussage zum internationalen Aufreger wurde, war Petry doch nicht mehr so resolut: „Die AfD lehnt es strikt ab, dass auf Menschen geschossen wird, die friedlich Einlass in das Bundesgebiet begehren.“ Grenzsicherung müsse verhältnismaßig und im Rahmen der Gesetze sein, so die neue Linie Petrys.

Ein britischer Journalist des Magazins Conflict Zone brachte Frauke Petry danach bei einem Interview in Verlegenheit. Eine halbe Stunde lang hakte er immer wieder nach und konfrontierte sie mit ihren eigenen Zitaten.

Petrys Vize Beatrix von Storch war noch einen Schritt weiter gegangen und hatte den Schusswaffengebrauch auch explizit gegen Flichtlingskinder bejaht. „Wer das HALT an unserer Grenze nicht akzeptiert, der ist ein Angreifer. Und gegen Angriffe müssen wir uns verteidigen.“ Schon einen Tag später dann der Rückzug: „Ich bin grundsätzlich gegen Gewalt gegen Kinder, das umfasst auch den Einsatz von Schusswaffen gegen minderjährige Migranten durch die Polizei. Wir haben keine Forderungen aufgestellt, sondern die Rechtslage referiert.“

4. Der Islam und das Grundgesetzt

Frauke Petry bekam bei einem Parteitag im Juli 2015 von AfD-Mitgliedern viel Beifall für die Aussage, der Islam sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Kurze Zeit später relativierte sie, sie habe sich auf das politische Staatsverständnis des Islam bezogen. „Viele islamische Strömungen sind mehr als nur Religion. Sie verkörpern gleichermaßen ein Staatsverständnis mit gewissen Rechtsnormen, die eben im Kontrast zum deutschen Grundgesetz stehen.“

Fazit: So funktioniert die #AfDemenz

Im Netz machen mittlerweile viele ihrem Unmut über das Lavieren der AfD Luft. So twitterte Extra3 einen Leitfaden mit „5 Schritten zum AfD-Skandal“:

Beitragsbild: flickr.com/photos/seeminglee/

2 Comments

  • Sophie Schädel sagt:

    Hallo Maurice,
    Das hier ist der Link zu Petrys Aussage: http://www.morgenweb.de/nachrichten/politik/sie-konnen-es-nicht-lassen-1.2620328
    Sie hat nicht den Schießbefehl gegeben, sondern gesagt, dass Schusswaffengebrauch zur Grenzsicherung im Rahmen der deutschen Gesetze sei und zur Not auch eingesetzt werden sollte. Diese Aussage hat sie später noch wiederholt, das „Original“ findest du aber im Interview oben, das sie dem „Mannheimer Morgen“ im Januar 2016 geben hat.
    Grüße

  • Maurice sagt:

    Gibt es auch einen Link zu dem Bericht/Interview in dem Frau Petry den „Schiessbefehl“ gegeben hat?

    Grüsse

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